Sind die üblichen Ratgeber zum Thema Bewerbung wirklich zielführend?
Die einen wollen einen neuen Job, andere Ihren Traumjob. Spätestens
nach einigen Absagen stellen sich viele die Frage: „Wie bewerbe ich
mich richtig?“. Dazu gibt es viele Ratschläge und Ratgeber und sehr
viel Werbung im Internet. Was davon ist ernst zu nehmen? Bringen
mich pauschale Ratschläge wirklich weiter? Und vor allem: „Wie mache
ich es denn jetzt richtig? Ich will es wissen.
(IINews) - Die einen wollen einen neuen Job, andere Ihren Traumjob.
Auf geht´s: Stellensuche und Bewerbung schreiben. Spätestens nach
einigen Absagen stellen sich viele die Frage: „Wie bewerbe ich mich
richtig?“. Dazu gibt es viele Ratschläge und Ratgeber: Von der
Arbeitsagentur und entsprechenden Job Coaching Maßnahmen
zertifizierter Bildungsträger über Personalberater und Jobvermittler
bis hin zu den vielfältigen Literaturangeboten in Buchhandlungen und
den Infos im Internet.
Was davon ist ernst zu nehmen? Bringen mich pauschale Ratschläge
wirklich weiter? Und vor allem: „Wie mache ich es denn jetzt richtig?
Ich will es wissen. Schließlich möchte auch ich irgendwann weiter
kommen.
Dazu frage ich jemanden, der sich mit so etwas besonders gut
auskennt: Andreas Köhler von der job-, business-, personality- und
Karriereberatung ib -die image berater- in Solingen. Seit den 80ern,
also seit rund 30 Jahren beschäftigt sich Köhler mit dem Thema
Berufsleben und Bewerbung. In seiner früheren Laufbahn bei der
Bundesanstalt für Arbeit hat alles angefangen. Ab den 90er Jahren
kam dann noch die Werbe-, Wahrnehmungs- und
Kommunikationspsychologie und das aktive Job Coaching hinzu und
ab 2010 die Betriebs-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie.
Entsprechend breit ist das Spektrum von ib und Köhler.
Köhler ist nicht nur als Kritiker vieler Bewerbungsratgeber bekannt.
Er berät auch selbst sowohl jobsuchende und karrierestrebende
Arbeitnehmer, als auch Unternehmen bzw. Arbeitgeber. Köhler sieht
das Thema Bewerbung nicht nur aus personalwirtschaftlicher Sicht,
sondern auch aus psychologischer Sicht, ebenfalls aus der Sicht der
Werbung: Entsprechend klar ist Köhlers Sicht auf die Dinge und
deutlich nüchtern seine Meinung von klassischen privaten und
öffentlich-rechtlichen Bewerbungsratgebern. Ich frage nach.
Herr Köhler, wie bewirbt man sich richtig?
Andreas Köhler: „Man kann sich nicht „richtig“, sondern nur passend
oder eben unpassend bewerben. Werbung ist zielführend, oder eben
nicht. Hinterfragen Sie bitte die gängigen Klischees. Diese basieren
auf der Sicht von Personalentscheidern größerer Unternehmen und
auf altbackenen Klischees. Manche Sichtweisen zum Thema
Bewerbung erinnern mich manchmal an sozialistisch anmutende
Klischeevorstellungen. Man darf aber nicht vergessen: Tatsächlich
geht es um Werbung des Bewerbers.
Wie sieht denn zumindest eine passende und zielführende Bewerbung
aus, Herr Köhler?
Andreas Köhler: „Das hängt von der jeweiligen Stelle, den
Stellenanforderungen sowie den konkreten Wünschen und
Bedürfnissen des jeweiligen Arbeitgebers ab, natürlich auch von der
jeweiligen Branche, dem Wirtschaftszweig und der Größe des
Unternehmens. Die konkrete berufliche und fachliche Tätigkeit und
Position ist ebenso relevant, natürlich auch die individuelle
Wahrnehmung des Lesers.“
Wahrnehmung? Wird eine Bewerbung nicht einfach nur gelesen?
Köhler: „Der Personalentscheider liest nicht. Er ist kein
Literaturkritiker und es gibt sichere interessantere Literatur. Er
überfliegt quasi. Dazu sehr selektiv. Selbst beim Lesen werden
immer nur Ausschnitte wahrgenommen und völlig unterschiedlich
gedeutet. Man sieht das, was man sehen will, was einem selbst
persönlich wichtig erscheint. Menschen rastern. Dabei verfolgen sie
gängige Klischeevorstellungen und unterliegen unwissentlich vielen
Wahrnehmungsfehlern. Diese gilt es in einer Bewerbung zu
relativieren.“
Wovon hängt denn die Wahrnehmung und mögliche
Wahrnehmungsfehler des Lesers bzw. des Personalentscheiders ab,
Herr Köhler?
Andreas Köhler: „Von seiner Einstellung. Diese basiert auf seinen
Kenntnissen und Vorerfahrungen, seiner eigenen Lebens- und
Arbeitseinstellung, seiner eigenen Bewerbungsfähigkeit, seinen
Moral- und Wertvorstellungen und auf vielem mehr. Es ist natürlich
ein gravierender Unterschied, ob der „Leser“ einer Bewerbung der
Chef eines inhabergeführten Kleinbetriebes ist oder ein angestellter
Personalentscheider eines großen Unternehmens.“
Herr Köhler, warum besteht da ein Unterschied zwischen Chefs
inhabergeführter Kleinbetriebe und angestellten Personalentscheidern
großer Unternehmen?
Köhler: „Beide „ticken“ zumeist komplett anders. Sie haben andere
Einstellungen und Sichtweisen und unterschiedliche Motive und
Ängste. Diese Motive und Ängste, gilt es bei einer guten Bewerbung
zu berücksichtigen.“
Wieso Ängste, Herr Köhler?
Andreas Köhler: „Die Angst vor einer Fehlentscheidung. Die ist doch
berechtigt. Der eine hat hier mehr Ängste, der andere weniger. Der
eine ist bei Personalentscheidungen risikofreudig, der andere
weniger. Die Folgen einer Fehlentscheidung kosten den einen sehr
viel Geld, den anderen eben nicht. Ein angestellter
Personalentscheider hat bei einer Fehlentscheidung keinen
finanziellen Schaden. Aber er hat manchmal so etwas wie
Berufsehre. Personal-Fehlentscheidungen können ihn die Karriere
kosten.“
Herr Köhler, auch wenn sie nicht gerne den Begriff „sich richtig
bewerben“ mögen, können Sie mir denn Tipps für eine ansprechende
Bewerbung geben?
Köhler: „Ja, viele. Aber nur, wenn Sie mir sagen, wo die Reise
hingehen soll. Um Sie zielorientiert beraten zu können, müsste ich
konkrete Beispiele von Stellen, auf die sie sich bewerben wollen,
sehen. Auf der anderen Seite bräuchte ich dann auch ihren
individuellen Werdegang und Angaben über Ihre konkreten
Kenntnisse und Erfahrungen. Wir nennen das Profiling“. Eine
zielführende Bewerbung basiert also auf den Kompetenzen und
Erfahrungen des Bewerbers im Bezug auf die Anforderungen der
Stelle. In jedem Fall ist eine logisch und folgerichtig gegliederte und
ebenso schlüssig argumentierte Bewerbung wichtig. Auch optisch soll
das Ganze ansprechend sein. Aber Achtung: Geschmäcker sind
verschieden –und hinzu kommt die Wirkung des Gesetzes der
Anziehung.“
Was bedeutet das?
Andreas Köhler: „Auf Personalentscheidungen bezogen, bedeutet das
ganz einfach, dass gute Chefs auch gute Leute suchen. Negativ
gepolte Entscheider hingegen suchen Mitarbeiter, die wiederum so
sind wie sie selbst. Das machen sie natürlich nicht bewusst. Der
Wahrnehmungs- und Entscheidungsprozess läuft hier unbewusst ab.
Zu den guten Bewerbern: Sie zeigen ihre Persönlichkeit durch ihre
erste Arbeitsprobe: Eine Top Bewerbung und die ist dann auch
optisch ansprechend, wobei das Foto eine ganz besondere Rolle
spielt. Einige Personalentscheider lehnen aber derart positive
Kandidaten ab. Sie bevorzugen unbewusst Menschen, die z. B.
Schwäche ausstrahlen, was wiederum stark vom individuellen
Führungsstil und von der Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern
abhängt.“
Herr Köhler, Sie sagen, dass Sie nicht viel von pauschalen Tipps
halten. Warum geben denn andere trotzdem derart pauschale Tipps?
Andreas Köhler: "Das, was sie meinen und was Sie im Internet oder
in gängiger Bewerbungsliteratur überall nachlesen können, basiert
auf Tipps aus der Sicht von Personalentscheidern, zumeist von
großen Betrieben. Das ist viel zu plakativ und passt doch gar nicht
immer. Zudem geht es dabei doch darum, dass ein
Personalentscheider sich einen schnellen Überblick verschaffen
möchte und Schwachstellen sofort erkennen will. Es geht aber doch
gar nicht darum, eine für einen Personalentscheider bequeme
Bewerbung zu erstellen, sondern darum, Image-Werbung für sich
selbst zu machen.“
Und diese Image-Eigenwerbung sollte dann immer individuell
gestaltet sein?
Köhler: "Ja, passende und erfolgreiche Image- und Werbekonzepte
sind stets individuell und jobadäquat. Pauschalratschläge sind
dagegen oft nicht passend und manchmal sehr kontraproduktiv. Ich
nehme meine Profession einfach zu ernst, als dass Sie mir jetzt einen
der üblichen plakativen Sprüche entlocken könnten, damit ich mich
hier wichtigtue. Das sollen lieber andere machen."
Was finden Sie denn wichtig, Herr Köhler?
Andreas Köhler: „Wichtig ist, dass die Bewerbung nicht „von der
Stange“ ist und die Mission des Bewerbers deutlich wird. Bei den
meisten ist das nicht so. Sie verschicken einen Standard-Lebenslauf
ins Blaue und schauen mal, wer wann anbeißt. Das ist kein
intelligentes Selbstmarketing und hat mit positivem Image, guter
Werbung und effektivem Selbstmarketing nichts gemein. Die meisten
meiner Klienten und Mandanten bekommen einen Schock, wenn ich
die Wirkung ihrer Bewerbung im Detail mit Ihnen erörtere und das
Ergebnis detailliert schriftlich darlege z.B. in einer sogenannten
Bewerber-Schwachstellenanalyse.“
Schwachstellenanalyse?
Köhler: „Ja, wenn ich Erfolg haben will und wichtige Ziele schnell und
optimal erreichen will, muss ich wissen, was ich von meinem Denken
und Handeln und auch von meiner Wahrnehmung her falsch mache
oder falsch machen könnte. Vielleicht bewerbe ich mich ja auf
Stellen, die aus meiner Sicht passen, die aber aus professioneller
Sicht von vorne herein nicht vom Ansatz her passen. Das ist viel
effektiver, als einfach nur wissen zu wollen, wie man sich optimal
bewirbt. Warum? Weil die eigene Einsicht dann da ist. Zusätzlich
sprechen wir hier von der Wichtigkeit der Selbstbild-Fremdbild
Kongruenz. In einer Schwachstellenanalyse wird so etwas deutlich
und man kann sein Verhalten nachfolgend korrigieren bzw. richtig
erfolgreich sein. Eine solche Analyse ist das Beste, was Sie machen
können, aber bitte bevor Sie anfangen, Bewerbungen zu schreiben.
Herr Köhler, wollen Sie mir denn sagen, welche Fehler ich im
Bewerbungsprozess unbedingt vermeiden muss?
Andreas Köhler: „Gerne. Es gibt aber viele Fehlerquellen, oft zu viele.
Der gravierendste Fehler, der mich in der Personalauswahl selbst am
meisten nervt: Spamming. Vermeiden Sie das unbedingt. Es nervt.
Was ist „Spamming“, Herr Köhler?
Köhler: „Erkläre ich gern. Die meisten Bewerbungen wirken auf
ernsthafte Personalentscheider wie Spam. Damit sind unkonkrete
und oft unpersönliche Bewerbungen gemeint, die entweder keinen
oder keinen passenden Bezug zur jeweiligen Stelle haben und
vielleicht weder zum Job, noch zur Firma passen. Man muss wissen:
Die meisten Stellenangebote werden entweder nicht richtig gelesen,
nicht richtig verstanden oder sie sind vom Arbeitgeber
missverständlich oder unkonkret formuliert. Hier liegt das größte
Manko.
Zurück zu den Spam-Bewerbungen: Wenn Sie als
Personalentscheider beim Bewerber anrufen, weiß der oft nicht, wer
man ist, um welche Stelle und Firma es geht und was man macht.
Darüber hinaus ist es arbeitsintensiv und sehr unangenehm für
Personalentscheider zusätzlich regelrecht mit Daten zugemüllt zu
werden. Dabei geht es um einzelne Bewerbungsdateien, die in
keinem Kontext oder in irgendeinem Bezug zur Stelle stehen und
zeigen, dass man auch von der EDV nicht viel Ahnung hat und
organisatorisch nicht gerade gut aufgestellt ist, z.B. wenn einzelne
Word-Textdokumente mit skurilen Datei-Benennungen eingehen. Ein
bis zwei ansprechende Dateien mit zur Stelle passenden
Kompetenzen und Beweggründen und konkreter Datei-Benennung
reichen völlig, natürlich mit entsprechendem E-Mail Begleittext. Wie
aufwändig der Inhalt der jeweiligen Datei ist, ist natürlich eine
andere Sache.“
Andreas Köhler schmunzelt und blinzelt dazu mit dem Auge. Warum?
Die Bewerbungen, die er für seine Klienten und Mandanten
konzipiert, sind manchmal ganze Prospekte bzw. Broschüren. Andere
wiederum bestehen nur aus einer einzigen Seite, auf der alles
Wesentliche steht und die dazu optisch und inhaltlich sehr
eindrucksvoll und aussagekräftig gestaltet ist. Und das alles ohne
bunten Kitsch oder die üblichen steifen schwarz-weiß 08/15 Floskeln.
Köhlers Bewerbungen machen neugierig, wecken Interesse, erregen
Aufmerksamkeit. Und letztendlich führen Sie im Zusammenspiel mit
einem gut vorbereiteten Vorstellungsgespräch und weiteren
Handlungsempfehlungen von Köhler scheinbar ganz schnell zum Job
Erfolg. Mein eigenes Bewerbungskonzept, das bislang nur aus
Lebenslauf, Zeugnissen und einem Anschreiben bestand und auf den
allgemein üblichen Infos bzw. Regeln besteht, werde ich auf jeden
Fall einmal stark hinterfragen. Das, was ich bei ib gesehen habe, ist
auf jeden Fall völlig neu für mich und scheint eine gute Wirkung zu
zeigen. Ich werde das demnächst einfach einmal selbst testen.
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Unternehmensinformation / Kurzprofil:
Franziska Seinsch (Freie Autorin)
im Interview mit dem Bewerbungsexperten Andreas Köhler
franziska.seinsch(at)gmx.de
Datum: 07.08.2013 - 13:03 Uhr
Sprache: Deutsch
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Kategorie:
Bewerbung
Meldungsart: Fachartikel
Versandart: Veröffentlichung
Freigabedatum: 07.08.2013
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