Wenn der Bauch zur Kugel wird
Ein erhöhter Bauchumfang als Einstiegsgefahr zum Metabolischen
Syndrom, dem sogenannten “tödlichen Quartett“ und was
Patienten dagegen tun können.
(IINews) - Gefährliche Fettpolster
Verlassen Sie sich nicht nur auf Gewicht und Body-Mass-Index
(BMI). US-Forscher der Amerikanischen Krebsgesellschaft
konnten in einer Studie im November 2011 letztmalig
bestätigen, dass die Größe des Bauchumfanges ein
entscheidender Gesundheitsfaktor ist. Männer mit einem
Bauchumfang von 110-120 cm haben bereits ein doppelt so
hohes Sterberisiko wie Männer, deren Bauchumfang bei 90 cm
liegt. Bei Frauen führt ein Umfang von mehr als 110 cm schon
zu erheblichen Gesundheitsrisiken. In dieser Studie wurden
die Ergebnisse aus einer vorangegangenen Studie aus dem
August 2010 nochmals bestätigt.
Ein weiteres interessantes Ergebnis der wissenschaftlichen
Untersuchung: Das eigentliche Gewicht spielt eine
untergeordnete Rolle. Entscheidend ist die Verteilung des
Körperfetts. Fett an Oberschenkeln, Po und Armen ist weniger
bedenklich als “Speckröllchen“ am Bauch. Grundsätzlich gilt:
Je dicker der Bauch, desto mehr inneres Bauchfett hat sich
angesammelt. Menschen mit einem großen Bauchumfang
haben ein erhöhtes Risiko für Stoffwechsel- und Herz-
Kreislauf-Erkrankungen.
Ob Diabetes, Bluthochdruck (Hypertonie) oder
Fettstoffwechselstörungen, für jede Krankheit gibt es einen
Spezialisten. Wer allerdings von mehreren dieser Störungen
gleichzeitig betroffen ist, braucht neben dem eigenen
Verständnis seines Krankheitsbildes eine Behandlung mit
Weitblick.
Denn Bluthochdruck, erhöhte Blutfett- oder Blutzuckerwerte
und ebenso bauchbetontes Übergewicht erhöhen - jeder für
sich betrachtet - das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Je mehr Merkmale aus diesem “tödlichen Quartett“
kumulieren, desto höher ist die Gefahr, im Laufe des Lebens
einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Weil
Mediziner davon ausgehen, dass die Symptome sich auch
gegenseitig verstärken, haben sie das Konzept vom
“Metabolischen Syndrom“ entwickelt.
Weltweit existieren allerdings bislang verschiedene
Definitionen und Grenzwerte für dieses Risiko-Quartett. Das
amerikanische “National Cholesterol Education Program
(NCEP)“ spricht dann vom Metabolischen Syndrom, sobald drei
der typischen Merkmale gemeinsam, also kumulierend,
auftreten. Die neueste Beschreibung der “International
Diabetes Foundation (IDF)“ rückt dahingehend den
Taillenumfang eines Patienten in den Mittelpunkt. Nur wenn
bauchbetontes Übergewicht mit von der Partie sei, liege auch
das Metabolische Syndrom vor. Darüber hinaus geht die IDF
von deutlich niedrigeren Grenzwerten für den Bauchumfang
aus. Das hat zur Folge, dass laut IDF-Definition fast jeder
zweite Deutsche vom Metabolischen Syndrom betroffen ist.
Nach der Definition des NCEP sind es dagegen nur halb so
viele, also etwa 25%, da diese Grenzwerte wesentlich weiter
gesteckt sind.
Auch wenn Experten bis heute über die genauen Grenzwerte
diskutieren, sind die Zusammenhänge zwischen den
Symptomen als solches natürlich anerkannt. “Grenzwerte sind
immer nur ein Anhaltspunkt“, erklärt Dr. Gerd Hofmann, Arzt
für Innere Medizin in München. Denn das Erkrankungsrisiko
erhöht sich bei Überschreitung eines Grenzwertes nicht
sprunghaft. “Die Übergänge sind fließend“, so Hofmann.
Wer seinen Bauchumfang selber misst, kann sich deshalb an
groben Grenzwerten orientieren. Diese liegen bei Frauen um
die 90 cm und bei Männern um die 100 cm. Gemessene
Werte, die darüber liegen, steigern das Risiko für einen
Diabetes mellitus und Herzinfarkt erheblich. Entscheidend für
die qualitative Messung ist natürlich, dass man auch die Höhe
der Taille trifft. Diese befindet sich in der Mitte zwischen dem
untersten Rippenbogen und dem Beckenkamm. An dieser
Stelle wird das Maßband in gerader Linie um den Körper
herumgelegt.
So wird richtig gemessen
1.Legen Sie das Maßband zwischen dem untersten
Rippenbogen und dem Beckenkamm, also etwa auf Höhe des
Bauchnabels, an. Die Enden des Maßbandes müssen dabei
vorne zusammen kommen.
2.Das Maßband sollte möglichst gerade und dicht um den
Bauch herum anliegen, ohne jedoch einzuschneiden.
3.Atmen Sie entspannt weiter und messen Sie dann, wenn
Sie schon ein wenig Luft ausgeatmet haben.
4.Lesen Sie die Maßzahl ab und tragen Sie den Wert in
eine individuelle Kalendertabelle ein.
So gemessen, ist der Bauchumfang ein gutes Werkzeug, um
die Fettverteilung im Körper zu beschreiben. Diese hat -
anders als lange angenommen - einen weitaus größeren
Einfluss auf die Herz-Kreislauf-Erkrankungen als das
Übergewicht an sich. Denn sitzen die Fettpolster vor allem an
der Hüfte, den Oberschenkeln und dem Gesäß, so beschreibt
der Volksmund das als typisch weibliche “Birnenform“. Deutlich
gefährdeter ist allerdings der sogenannte “Apfeltyp“, der
sowohl bei Männern als auch bei Frauen zu beobachten ist.
Während bei dem diagnostizierten Krankheitsbild der
Fettleibigkeit (Adipositas) eine deutliche Fettansammlung am
gesamten Körper vorhanden ist, so ist beim “Apfeltyp-
Syndrom“ eine deutliche Fettansammlung im Bauch-Hüft-
Bereich festzustellen. Hier sitzen die Fettzellen vor allem an
inneren Organen und wirken sich ungünstig auf den
Stoffwechsel aus. Deutlich gefährlicher aus medizinischer Sicht
ist der “Apfeltyp“ deshalb, da das innere Bauchfett sehr viel
mehr Botenstoffe und Hormone produziert als gewöhnliches
Fettgewebe. Diese können beispielsweise
Entzündungsprozesse fördern und den Blutzucker- und
Fettstoffwechsel stören. Zudem ist die Versorgung der
einzelnen Körperzellen mit notwendigen Vitalstoffen und die
Entsorgung derer von Schlackestoffen deutlich eingeschränkt.
Auf diese Weise beeinflusst das bauchbetonte Übergewicht
also auch die übrigen Komponenten des Metabolischen
Syndroms. Und je mehr Symptome sich zeigen, desto
dringlicher wird es, etwas dagegen zu unternehmen.
Die gute Nachricht
Durch eine Änderung der persönlichen Lebensgewohnheiten
lassen sich alle Fliegen mit einer Klappe schlagen. Denn
regelmäßige Bewegung und eine fettbewusste Ernährung in
Verbindung mit viel Obst und Gemüse beeinflusst jedes
einzelne Anzeichen des Syndroms. “Das wichtigste Ziel der
Behandlung ist, Übergewicht abzubauen“, erklärt auch die
Bonner Ernährungswissenschaftlerin Dr. Claudia Laupert-Deick.
Schon alleine dadurch können sich Blutzuckerspiegel,
Blutdruck und in den meisten Fällen auch die Fettwerte, also
Blutfettwerte, Gesamtcholesterin und Triglyceridwerte
normalisieren.
“Eine Ernährungstherapie in Kombination mit mehr Bewegung
ist für alle Krankheitsbilder die erste Wahl“, betont Laupert-
Deick. “Erst wenn die Möglichkeiten des “Lifestyle-Changing“
keinen Erfolg bringen, sollte eine medikamentöse Therapie
beginnen. In der Praxis sieht das allerdings anders aus“,
kritisiert die Ernährungsberaterin. Häufig werden sofort
Medikamente verschrieben.
Ein Behandlungsteam ist gefragt
Für den einzelnen Patienten steht das eigentliche Verstehen
über den eigenen Zustand im Vordergrund.
Patientenaufklärung ist ein erster Weg zur erfolgreichen
Therapie. Zudem ist es notwendig, einen Therapieplan
aufzustellen, an dem nicht nur der eigentliche
Allgemeinmediziner beteiligt ist, sondern auch Fachärzte wie
Diabetologen und Kardiologen. Auch Ernährungsberater und
Bewegungstherapeuten stellen ein wichtiges Bindeglied dar.
Physiotherapeuten, Heilpraktiker, Diätikberater und
Psychotherapeuten sind oftmals für eine erfolgreiche Therapie
ebenfalls notwendig.
Ein Allheilmittel, mit dem sich alle Symptome des “tödlichen
Quartetts“ behandeln lassen, gibt es bislang allerdings nicht.
Im Gegenteil: Bestimmte Bluthochdruckmittel können als
Nebenwirkung beispielsweise zu einer Gewichtszunahme
führen. Gleiches gilt für so manche Psychopharmaka. Nicht
zuletzt ist es deshalb wichtig, dass Arzt und Patient stets alle
Komponenten des Metabolischen Syndroms im Blick behalten.
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Dr. T. Kuehn
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Datum: 08.01.2013 - 15:19 Uhr
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Kategorie:
Krankheit & Beschwerden
Meldungsart: Fachartikel
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Freigabedatum: 08.01.2013
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