MZ-Kommentar zu Verboten
(ots) - Deutlich spürbar ist eine wachsende Unterwürfigkeit, Sehnsucht
nach unwidersprochener Führung, nach Klarheit in einer Welt voller Unklarheiten.
Schon im Sommer verkündete der Philosoph Richard David Precht: "Die Menschen
lieben Verbote." Eine aktuelle Umfrage gibt ihm Recht. 57 Prozent der
Bundesbürger fordern ein generelles Verbot der Silvesterknallerei, auch in
Zonen, wo weder Feuerwehr noch Polizei eine besondere Gefahren fürchten. Aber
soll man den Menschen wirklich alles Unvernünftige per Verbot austreiben? Man
muss es klar aussprechen: Wer das bejaht, der lässt 1949 im Grundgesetz
festgeschriebene Freiheitsrechte fallen wie eine kleine Münze. Nach Artikel zwei
des Grundgesetzes hat jeder das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit,
"soweit er nicht die Rechte anderer verletzt". Dürfte der Staat auch ohne Blick
auf Dritte gegen den Einzelnen durchgreifen, um mehr Vernunft zu erzwingen, wäre
es vorbei mit der Freiheit. Dann könnte der Staat, etwa mit Blick auf die Kosten
des Gesundheitswesens, je nach politischen Mehrheiten, dem Bürger auch das
Rauchen im eigenen Zimmer oder den Genuss schwerer Sahnetorten untersagen. Dreh-
und Angelpunkt für Eingriffe in die Freiheit bleiben "die Rechte anderer". Schon
vor Jahrzehnten gab es im Club of Rome Zweifel, ob sich freiheitliche Demokratie
und Klimaschutz auf Dauer gleichzeitig realisieren lassen. Bis heute seufzen
einige Wissenschaftler leise, dass anstehende Umsteuerungen mit einem System in
China "natürlich leichter" zu schaffen wären. Solches Gerede ist schädlich.
Deutschland muss jetzt den Rücken gerade machen und die etwas anspruchsvolleren
Lösungen ins Auge fassen: jene, bei denen auch und gerade in Zeiten großer
ökologischer und technologischer Herausforderungen Modernität und Liberalität
verbunden bleiben.
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Datum: 29.12.2019 - 18:53 Uhr
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