BERLINER MORGENPOST: Ausfälle nicht überraschend / Kommentar von Thomas Fülling zur Deutschen Bahn
(ots) - Kurzform: Wer umweltpolitisch erreichen will, dass
mehr Menschen mit dem Zug, der Tram oder dem Bus statt mit dem
eigenen Auto unterwegs sind, muss für spürbar mehr Zuverlässigkeit im
öffentlichen Nahverkehr sowie im regionalen Bahnverkehr sorgen.
Gelingt das nicht, ist die Verkehrswende zum Scheitern verurteilt.
Der vollständige Kommentar: Ausgerechnet am bislang heißesten
Wochenende des Jahres sind in der Region Dutzende Zugfahrten
ausgefallen. Und im wald- und seenreichen Berliner Bezirk Treptow-
Köpenick fuhren auf zwei Tram-Linien kaum noch Bahnen. Für die
Fahrgäste hieß das, unter glühender Sonne deutlich länger als geplant
auf die Fahrt ins Grüne oder wieder zurück zu warten. Auch für die
kommenden Wochenenden muss mit derartigen Erlebnisse gerechnet
werden. Doch die Ausfälle kamen alles andere als überraschend. Schon
seit Jahren beklagen Fahrgastverbände, dass die Bahn, aber auch die
BVG zu wenig für ihren Fahrer-Nachwuchs tun. Das Problem dabei: Der
Job eines Lokführers, früher Traum jedes kleinen Jungen, ist längst
nicht mehr so attraktiv wie einst. Es gibt heute viel bequemere
Alternativen. Der harte Schichtdienst und häufig wechselnde
Einsatzzeiten sorgen in der Berufsgruppe zudem für
überdurchschnittlich hohe Krankenstände und viel Fluktuation. Auch
haben die Gewerkschaften für die Lokführer umfangreiche, aber starre
Regelwerke erstritten, die einen kurzfristigen Ersatz fast unmöglich
machen. Doch ohne Fahrer an Bord fällt die Zugfahrt schlicht aus.
Politik und Unternehmen sind nun gleichermaßen gefragt. Sie müssen
deutlich mehr tun, um die Schichtarbeit wieder attraktiver, aber auch
gesundheitsverträglicher zu machen. Zudem ist mehr Innovationsmut
notwendig. Fahrerloses Fahren, das beweist gerade ein Pilotversuch
von Siemens und den Potsdamer Verkehrsbetrieben ist auf der Schiene
technisch machbar, scheitert im Alltag aber noch an vielen
rechtlichen Hürden. Wer umweltpolitisch erreichen will, dass mehr
Menschen mit dem Zug, der Tram oder dem Bus statt mit dem eigenen
Auto unterwegs sind, muss für spürbar mehr Zuverlässigkeit im
öffentlichen Nahverkehr sowie im regionalen Bahnverkehr sorgen.
Gelingt das nicht, ist die Verkehrswende zum Scheitern verurteilt.
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Datum: 02.07.2019 - 21:51 Uhr
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