Experten: Relevanz von Print ungebrochen
(ots) - Print ist zukunfts- und allianzfähig. In dieser
Einschätzung stimmte eine Expertenrunde aus Verlagen, Redaktionen,
der Werbewirtschaft und des Pressevertriebs am 18. September 2013 in
Baden-Baden überein. Auch junge Leute sind für gedruckte Medien zu
gewinnen. Wenn es der traditionellen Zeitung gelinge, den Fokus weg
von der reinen Nachricht hin zur Einordnung der Informations- und
Wissensfülle zu richten und interaktive Beteiligung zu ermöglichen,
"dann ist Pessimismus nicht angesagt", gab sich Jil-Madelaine Blume,
Vorstand Jugendpresse Rheinland, gewiss. Allerdings, meinte die
Nachwuchsjournalistin in der von "Stern"-Herausgeber Thomas Osterkorn
moderierten Podiumsdiskussion, müssten die Medienmanager bei der
Fortentwicklung ihrer Produkte und Vertriebskanäle "die Abgrenzung
zwischen Print und Digital im Kopf ein für alle Mal löschen". Die
Diskussion war der Abschluss der Jahrestagung des Bundesverbandes
Presse-Grosso.
Florian Langenscheidt, Verleger und Buchautor, rief die Verlags-
und Vertriebsbranche auf, "die Stärken von Print zu sehen und für sie
zu kämpfen. "Dies ist extrem wichtig", betonte Langenscheidt, "weil
Deutschland wie schon historisch zur Zeit Gutenbergs eine
Vorreiterrolle bei der Gestaltung des Lesens in der Zukunft innehat."
Der Verleger mit langjährigen Erfahrungen auch im Bereich der neuen
Medien sagte, die Digitalisierung habe sowohl auf der medialen
Oberfläche wie in der kulturellen Prägung gravierende Veränderungen
ausgelöst. Diese Prozesse gingen mit einem Wandel der Kulturtechnik
Lesen einher, ohne diese jedoch hinsichtlich ihrer Relevanz und
Unverzichtbarkeit für die Entschlüsselung der Welt zu schmälern. Die
klassische Zuwendung der Leser zu Zeitung, Zeitschrift, Buch und die
komplementäre Nutzung von Inhalten vor allem medialer Natur im Netz
habe eine generelle Ausweitung des Lesens zur Folge. Das Lesevolumen
bei journalistischen Inhalten liege heute schon um ein Drittel über
dem von 2000. "Wenn wir alles Erforderliche tun", lautete
Langenscheidt Resümee, "wird das Lesen eine große Zukunft haben."
Boris Schramm, Managing Director Print, Radio und
Medienkooperationen, GroupM Competence Center, sprach den Printmedien
eine ungebrochene Relevanz als Werbeträger zu. Weltweit liege die
"Performance Print" zwar hinter TV, aber vor dem Internet. Nur der
Einzelverkauf und das Abonnement seien und blieben relevante
Währungen, unterstrich der Werbemanager. Die Zukunftssicherung von
Print liegt seiner Ansicht nach vorrangig in den Händen der Verleger.
Das Geschäftsmodell der großen Webkonzerne wie Google beruhe zwar
wesentlich auf Content. In den seltensten Fällen sei dieser aber
eigenproduziert. Schramm sagte, die Zeitungs- und Zeitschriftenhäuser
müssten sich allerdings durch Innovationen und Investitionen in
Prozesse und Forschung auf den "digitalen Paradigmenwechsel"
einstellen. Mit dem Web eröffneten sich völlig neue Werbemethoden mit
präziser Kundenansprache und eigenen Wirkungsdimensionen. Dies zwinge
die Verlage, ihre spezifischen Leistungen für die Werbewirtschaft
schlüssiger und nachvollziehbar nachzuweisen. Dies werde von den
digitalen Wettbewerbern bereits geleistet. Die Verlage hätten
strategisch einige Jahre verloren. Doch sei genügend Spielraum, um
dies wieder aufzuholen. "Technologie allein ist jedenfalls nicht die
Ursache des Strukturwandels", gab Schramm zu bedenken.
Frank Nolte, 1. Vorsitzender des Bundesverbandes Presse-Grosso,
sprach sich gegen Aktionismus und Fatalismus aus: "Wir haben Zeit,
den Umbruch zu gestalten." Für 'Print Bashing' gebe es keinen Grund.
Im Genre Unterhaltung wie bei Special Interest zum Beispiel gebe es
eine Vielzahl neuer und eingeführter Titel, die sich gerade als
Printprodukte im Markt und am Kiosk behaupteten. Printmedien böten
unverändert die besten Voraussetzungen, um Lesererwartungen
"passgenau" zu erfüllen. Dies werde auch von der Werbewirtschaft hoch
geschätzt. Für die Bildung von Marken und den Aufbau von Image bleibe
Werbung in Printmedien "unverzichtbar", sagte er. "Print ist da
Digital überlegen", resümierte Nolte.
Die Verlegerin Katarzyna Mol-Wolf ("emotion", "Hohe Luft",
"Tierwelt") hob hervor, auch in 20 Jahren werde es ein breites
Angebot an Printtiteln geben. Für die Vermittlung von Lebensgefühlen
eröffne das gedruckte Medium hervorragende Möglichkeiten.
Ausschlaggebend für den Erfolg beim Publikum sei ein eindeutiges
inhaltliches Profil. Die "DNA einer Zeitschrift" müsse dicht an der
Leserschaft erarbeitet werden, sagte Mol-Wolf. Dann sei diese auch
für die Werbung interessant. Sie lese länger und rezipiere auch
intensiver Werbebotschaften, betonte die Verlegerin.
"Focus"-Chefredakteur Jörg Quoos wandte sich gegen Tendenzen der
Schwarzmalerei in der Printbranche: "Es gibt keinen Anlass, den Kopf
in den Sand zu stecken. Wir müssen Gas geben, die journalistische
Qualität mit den vorhandenen Ressourcen sichern und an unser Tun
glauben." Print liege bei investigativen Vorgängen und im Ranking der
meistzitierten Medien weit vorn. Mit Blick auf die Rolle der
Nachrichtenmagazine im Wettbewerb mit digitalen Anbietern warb Quoos
für "Mut zur Tiefe". Im "digitalen Dschungel" werde die Aufgabe der
Einordnung und der Orientierung immer wichtiger. "Darin liegt eine
große Chance für uns", stellte der Chefredakteur klar.
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Datum: 19.09.2013 - 16:29 Uhr
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