ZDF-Magazin "Frontal 21": Studie zu Doping in Westdeutschland - Forscher fordern Aufklärung über Aktenvernichtung /
Doping-Experte Werner Franke warnt vor Spätschäden bei BRD-Athleten
(ots) - Der Doping-Experte und Professor für
Molekularbiologe in Heidelberg, Werner Franke, warnt im ZDF-Magazin
"Frontal 21" am Dienstag, 6. August 2013, 21.00 Uhr, vor Spätschäden
bei mit Wachstumshormonen gedopten BRD-Athleten: "Wachstumshormone
wurden damals aus Leichen gewonnen, vertrieben und verabreicht",
erklärt Franke. "Es stellte sich heraus, dass die Präparate die
Creutzfeldt-Jakob Krankheit hervorrufen konnten, also eine stark
psychotische Krankheit, die letztlich sogar tödlich enden kann." Das
habe in Frankreich dazu geführt, dass solche Fälle registriert und
entschädigt wurden. Auch deutsche Betroffene müssten jetzt untersucht
werden und eine Entschädigung erhalten, fordert Franke im "Frontal
21"-Interview.
In einer gestern veröffentlichten Studie dokumentieren
Sportwissenschaftler der Humboldt-Universität Berlin systematisches
Doping in der Bundesrepublik, mit Steuergeldern finanziert. So wurde
beispielsweise der Erwerb von menschlichen Wachstumshormonen von den
staatlichen Institutionen bewilligt. Die Studie wurde vom
Auftraggeber, dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft, und dem
Bundesinnenministerium lange unter Verschluss gehalten, angeblich aus
Datenschutzgründen. Giselher Spitzer, Sporthistoriker und Leiter des
Projektteams, erhebt im "Frontal 21"-Interview schwere Vorwürfe:
Wichtige Akten zu Doping im Westen seien noch vor der Auftragsvergabe
vernichtet worden. Die Bestände seien hoch brisant. "Das ist eine
Katastrophe, das muss geklärt werden, auch auf der Ebene des
Parlaments. Es muss Rechenschaft abgelegt werden, wer hat wann, warum
diese Akten vernichtet", fordert Spitzer im ZDF.
In der Studie machen die Forscher die westdeutschen
Sportmedizin-Professoren Herbert Reindell und Joseph Keul als
treibende Kräfte für Doping im Westen aus. Unterstützt wurden sie
offenbar vom damaligen NOK-Präsidenten Willi Daume. Das bestätigt
Manfred von Richthofen, NOK-Mitglied und Anfang der 90er Jahre Leiter
der Ad-hoc-Kommission zur Beratung in Dopingfragen, gegenüber
"Frontal 21". "Wir sind sehr schnell dahinter gekommen, dass es eine
eigenartige Zentrale in der Verwendung von unerlaubten Mitteln in
Freiburg gibt. Aus diesem Grunde haben wir Herrn Prof. Keul angehört,
zweimal, und er hat uns gedroht, er würde rechtlich gegen uns
vorgehen, wenn wir weiter so unangenehme Fragen stellen würden, wie
wir sie gestellt haben." Er habe NOK-Chef Willi Daume dann gebeten,
Joseph Keul als leitenden Olympia-Arzt abzuberufen, Daume habe das
Gespräch einfach abgebrochen und nichts unternommen. Von Richthofen
räumt ein, dagegen machtlos gewesen zu sein. "Wir sind in der Sache
nicht weitergekommen, weil wir ja keine Staatsanwaltschaft darstellen
konnten", so von Richthofen gegenüber "Frontal 21". Die rechtliche
Basis für den Kampf gegen Doping sei zu dünn gewesen. Er fordert
deshalb eine Verschärfung der Anti-Doping-Gesetzgebung. Das
Bundesinnenministerium weist auf Nachfrage von "Frontal 21"
Vertuschungsvorwürfe zurück. Es habe in den vergangenen Jahren
bereits umfangreiche Veröffentlichungen von Ergebnissen aus dem
Projekt gegeben. Das Bundesinstitut für Sportwissenschaft ergänzt, es
habe alle relevanten Akten dem Bundesarchiv zur Übernahme angeboten.
"Das BISp hat zu jeder Zeit die Vorschriften des Bundesarchivgesetzes
beachtet. Die letzte Aussonderung von Akten des BISp fand 2004/2005
statt", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme.
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Datum: 06.08.2013 - 17:37 Uhr
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