Das MES der Zukunft
(PresseBox) - Prof. Dr.-Ing. Jürgen Kletti, Geschäftsführer MPDV Mikrolab GmbH, im Gespäch mit Georg Dlugosch, Chefredakteur des CNC-Arena eMagazines
Industrie 4.0 gewinnt enorm an Bedeutung, selbst die Bundesregierung unterstützt diesen Prozess. Zukunftsweisende Strategien mit dem Fokus auf dezentrale Fertigungsprozesse generieren auch neue Anforderungen an die Fertigungs-IT. Bestehende Systemkonzepte und Standards müssen erweitert werden ? insbesondere in Bezug auf Manufacturing Execution Systeme (MES). MES 4.0 beschreibt in diesem Kontext ein Konzept, wie das MES der Zukunft aussehen wird. Mit Prof. Dr.-Ing. Jürgen Kletti, Geschäftsführer der MPDV Mikrolab GmbH, sprach Georg Dlugosch, Chefredakteur des CNC-Arena eMagazines.
Was sind die Grundlagen von Industrie 4.0?
Kletti: Der Name des zukunftsorientierten Konzepts Industrie 4.0 leitet sich aus den vier großen Meilensteine der Industrialisierung her: der Dampfmaschine, dem Förderband, der speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) und schließlich den Cyber-Physical Systems (CPS). Unter CPS versteht man vernetzte Systeme, die autonom handeln. In Bezug auf die Produktion spricht man zum Beispiel von intelligenten Werkstücken, die durch Kommunikation mit den Maschinen und anderen Systemen selbstständig den optimalen Weg durch die Fertigung finden und damit ohne eine zentrale Steuerung zum fertigen Endprodukt werden. Der Mensch greift nur bei Bedarf regulierend in das System ein.
Bei derartigen Fertigungskonzepten entstehen unweigerlich große Datenmengen, die Auskunft über den aktuellen Zustand des Gesamtsystems und der einzelnen Werkstücke geben. Zur Speicherung und Verarbeitung dieser Daten sieht Industrie 4.0 zum Beispiel innovative IT-Lösungen aus der Cloud vor. Auch hier steht der Dezentralisierungsgedanke im Vordergrund.
Zurzeit beschäftigen sich viele Forschungseinrichtungen, aber auch Industrieunternehmen mit Industrie 4.0 und erproben unterschiedliche Ansätze zur Verwirklichung der visionären Ideen.
Welche Ansatzpunkte gibt es für MES?
Kletti: Bei aller Dezentralität hat die Erfahrung gezeigt, dass die Vorzüge einer zentralen Instanz zur Koordinierung und Synchronisation nicht von der Hand gewiesen werden können. Schon heute profitieren Manufacturing Execution Systeme (MES) von einer hohen Erfassungsdichte und einer Vielzahl von Sensoren in der Fertigung. Werden diese Daten in einer zentralen Produktionsdatenbank zusammengeführt, ergibt sich ein Gesamtbild der Fertigung, das die Grundlage für gesicherte Entscheidungen und die Optimierung der Fertigungsprozesse ist. Eine zentrale Grundlage für ein funktionsfähiges Fertigungssystem nach Industrie 4.0 ist die transparente Verfügbarkeit von Echtzeitdaten. Dies deckt sich mit den Kernfunktionen eines modernen MES-Systems. Der einzige Unterschied besteht darin, dass ein MES alle Daten zentral vorhält und nicht verteilt in der Cloud.
Durch das zentrale, integrative Datenmanagement kann ein MES schneller mit den vorhandenen Informationen arbeiten, da nicht erst mehrere Datenquellen angefragt werden müssen. Wenn nun das MES den autonomen CPS die Gesamtheit der Daten zur Verfügung stellt, dann wird auch deren Kommunikation effizienter, was wiederum positive Auswirkungen auf die Effizienz des Gesamtsystems hat.
Es gilt also festzuhalten, dass ein MES-System dezentrale Fertigungssysteme wirkungsvoll unterstützen kann. Es stellt sicher, dass der Mensch den Überblick über die autonomen Systeme und somit die übergeordnete Entscheidungsfähigkeit behält.
Wie sieht das Zukunftskonzept aus?
Kletti: Damit ein MES-System den Anforderungen von Industrie 4.0 gerecht wird, muss es eine Vielzahl an neuen Funktionen und Fähigkeiten mitbringen. MES 4.0 fasst diese Bedarfe zu einem schlüssigen Konzept zusammen. Gerne erläutere ich ausgewählte Themen aus MES 4.0 und zeige praktische Anwendungsfälle auf.
Wie wird die Verknüpfung der Daten bewerkstelligt?
Kletti: Vornan steht die horizontale Integration, d.h. die Verknüpfung von Daten über alle Ressourcen hinweg, die am Fertigungsprozess beteiligt sind. Die VDI-Richtlinie 5600 spricht hierbei von drei großen Bereichen: Fertigung, Qualität und Personal. Horizontale Integration bedeutet, dass die erfassten Daten nicht in jeweiligen Insellösungen für die genannten Bereiche, sondern übergreifend in einem integrierten System gespeichert sind. Auf dieser Basis können beispielsweise Auswertungen erzeugt werden, aus denen ersichtlich ist, welcher Artikel auf welcher Maschine mit welchem Werkzeug bei Verwendung welcher Rohstoffchargen von welchen Mitarbeitern gefertigt wurde und mit welcher Qualität dies erfolgt ist. In einigen sicherheitsrelevanten Produktbranchen (z.B. Automobil- und Flugzeugbau) müssen all diese Zusammenhänge für jedes Endprodukt dokumentiert werden, um im Falle eines Fehlers diesen eingrenzen zu können und ? falls nötig ? einen Rückruf ebenfalls betroffener Produkte einzuleiten.
Je detaillierter die vorliegenden Daten sind, umso enger kann ein potenzieller Fehler bereits im Vorfeld eingegrenzt werden. Ein Unternehmen kann dann sehr viel effizienter werden, wenn ausreichend aussagekräftige Daten vorliegen, die mittels integrativen Datenmanagements miteinander korreliert werden können.
Auch bei der Ressourcenplanung ist ein integratives Datenmanagement von großem Nutzen. Sobald ein Auftrag in der Fertigung eingeplant wird, können mittels MES das benötigte Personal, die benötigten Werkzeuge und auch die passenden Prüfaufträge aus dem Qualitätsmanagement ?beigestellt? werden. Somit wird sichergestellt, dass alle Ressourcen rechtzeitig verfügbar sind und die Stillstandszeiten der Maschinen sowie in der Folge auch die Durchlaufzeit der Produkte signifikant reduziert werden. Hieraus wiederum ergibt sich mehr Flexibilität im Hinblick auf Variantenvielfalt und bessere Lieferfähigkeit aus Kundensicht.
Müssen die Daten in Echtzeit und offline verarbeitet werden können?
Kletti: Ja, die Echtzeitfähigkeit eines MES-Systems wird bereits in der VDI 5600 festgelegt, wobei auch dort die Anforderungen an das Antwort-/Zeitverhalten steigen werden. Durch die sofortige Verarbeitung von erfassten Daten können zeitnah Informationen als Basis für möglicherweise zeitkritische Entscheidungen zur Verfügung gestellt werden. Im Zuge der Dezentralisierung von Fertigungssystemen wird neben der Erfassung und Verarbeitung in Echtzeit aber auch die Offline-Fähigkeit der MES-Bestandteile immer wichtiger.
Sollte die Verbindung einer Maschine oder eines Sensors zu einer zentralen Datenbank einmal gestört sein, müssen intelligente Komponenten diese Zeit überbrücken können. Eine Maschine beziehungsweise ein BDE-Terminal muss über einen Datenpuffer verfügen, um auch ohne Kontakt zum MES weiter produzieren zu können. Fehlt die Offline-Fähigkeit, gehen beispielsweise Prozesswerte und erfasste Mengen verloren und Maschinen müssen möglicherweise zwischenzeitlich die Arbeit unterbrechen, da keine Informationen über das zu bearbeitende Werkstück vorliegen. Beides ist im Hinblick auf durchgängige Rückverfolgbarkeit bzw. optimale Produktivität nicht akzeptabel ? insbesondere in einer autonomen Fertigung nach Industrie 4.0.
Wie werden unterschiedliche Maschinen vernetzt?
Kletti: In der modernen Industrie-4.0-Fertigung geht man davon aus, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Maschinen zur Verfügung steht. Umso wichtiger ist der Einsatz einer standardisierten Kommunikation wie UMCM (Universal Machine Connectivity for MES) zwischen den Maschinen und dem MES-System.
Mit UMCM können die Maschinen auf einfache Art und Weise angebunden und notwendige Daten wie Zeitstempel, Zählerstände, der Maschinenstatus, Mengen und Prozesswerte übernommen werden. Als Transportschicht dienen bewährte Standards wie XML oder OPC beziehungsweise OPC-UA, über die auch Daten wie Einstellparameter oder NC-Programme in die Maschinensteuerungen übertragen werden können.
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Datum: 19.04.2013 - 08:04 Uhr
Sprache: Deutsch
News-ID 856391
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Kategorie:
Maschinenbau
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