Westdeutsche Zeitung: Herkulesaufgaben für den neuen Papst =
Von Lothar Leuschen
(ots) - Die katholische Kirche ist auch im Zeitalter
von Internet und Globalisierung eine Instanz. Ihre Glaubensgrundsätze
sind vielen unter den weltweit 1,2 Milliarden Katholiken Richtschnur
und Leitplanke im alltäglichen Leben. Welche Anziehungskraft der
Vatikan immer noch ausübt, hat gestern die Wahl des neuen Papstes
gezeigt. Demütig und würdig trat der Argentinier Jorge Bergoglio als
Papst Franziskus I. die Nachfolge des deutschen Papstes Benedikt XVI.
an. Und nicht nur die Katholiken auf allen Kontinenten werden ihm
wünschen, dass er eine glückliche Hand hat in den Entscheidungen, die
er in Zukunft treffen muss.
Denn heute schon beginnt der Alltag für das neue Oberhaupt der
Katholiken. Franziskus I. hat von seinem Vorgänger ein schweres Amt
übernommen. Denn Benedikt XVI. war acht Jahre lang das, was alle von
ihm erwartet hatten: ein Bewahrer, ein Hüter der Kirche, und ein
zuweilen ungeschickter Diplomat, der im Missbrauchsskandal und im
Umgang mit den Holocaustleugnern in der Pius-Bruderschaft Fehler
gemacht hat.
Die Fragen von gestern sind die Fragen von morgen. Skandale und
Skandälchen, vor allem aber der sinkende Einfluss der katholischen
Kirche in der westlichen Welt und im Schwellenland Brasilien bilden
die Herkulesaufgaben für Papst Franziskus. Die Kirche ist hin- und
hergerissen. Auf der einen Seite stehen die behutsamen Erneuerer, die
Geschiedenen und Frauen in der Glaubensgemeinschaft neue, bessere
Rollen zuweisen wollen. Auf der anderen Seite wollen die Bewahrer
vermeiden, dass die katholische Kirche im Zuge einer Modernisierung
beliebig wird.
Die Wahl der Kardinäle deutet allerdings nicht darauf hin, dass
die Kirche sich dynamisch und zielstrebig ihre Position in einer sich
rasant verändernden Welt suchen wird. Mit seinen fast 77 Jahren
scheint Papst Franziskus eher ein Kirchenfürst für den Übergang zu
sein.
Vielleicht ist der "Kardinal der Armen" aus Buenos Aires aber auch
selbst eine der Antworten auf die drängenden Fragen zur Zukunft der
katholischen Kirche. In einer Zeit, die geprägt ist von Egoismus und
Existenzängsten, sind Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft und Zuversicht
Tugenden, die Gesellschaften zusammenhalten können.
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Datum: 13.03.2013 - 21:02 Uhr
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