Schweden holen sich Anregungen fürs energieoptimierte Bauen
Kempten als Vorbild für Kiruna, wo bis 2050 eine komplett neue Stadtaufgebaut werden muss
(IINews) - Kempten (jm).
Die Stadt Kempten zählt bundesweit zu den Vorreitern beim Thema
energieeffizientes Bauen und Sanieren. Bei einem Informationsbesuch im
Allgäu machte sich eine Delegation aus dem nordschwedischen Kiruna ein
Bild davon. Da Teile Kirunas infolge des Eisenerzabbaus langfristig
einsturzgefährdet sind, stehen die Verantwortlichen vor der
Herausforderung, in den nächsten Jahrzehnten eine komplette Stadt an
anderer Stelle aufzubauen und holen sich dafür auch Anregungen im
Ausland, vor allem was die energieoptimierte Bauweise betrifft.
Bei ihrer Visite im Allgäu zeigten sich die Mitglieder der
Stadtverwaltung und der staatlichen Minengesellschaft beeindruckt davon,
wie konsequent in Kempten der Beschluss des Stadtrats umgesetzt wird,
kommunale Neubauten nur noch in Passivhausbauweise auszuführen und
Bestandsgebäude mit Hilfe von Passivhauskomponenten nach und nach
energetische zu optimieren. "Die Gäste aus dem hohen Norden würden sich
wünschen, dass ihre Lokalpolitiker auch so beherzt wie deren Kollegen in
Kempten für eine nachhaltige Bauweise eintreten", lautete der Eindruck
von Dieter Herz vom Ingenieurbüro Herz & Lang. Der Passivhaus-Fachmann
aus Weitnau (Oberallgäu) hatte die Delegation nach einem Treffen mit
Kemptens Oberbürgermeister Dr. Ulrich Netzer unter anderem durch den
Passivhaus-Kinderhort in St. Mang, die sanierte Robert-Schuhmann sowie
das neue Passivhauskompetenzzentrum in der Burgstraße geführte.
Bis zum Jahr 2050 wird Kiruna, eine 20.000-Einwohnerstadt nördlich des
Polarkreises, komplett neu errichtet und zwar fünf Kilometer östlich des
jetzigen Standorts. "Eine gewaltige Aufgabe, aber auch eine einmalige
Chance", meint Simone Kreutzer. Die deutschstämmige Architektin und
Bauingenieurin, die seit zwölf Jahren in Skandinavien lebt, ist
Geschäftsführerin der schwedischen IG Passivhaus und hat die Exkursion
ins Allgäu und angrenzende Österreich organisiert. Momentan, berichtete
die Delegationsleiterin, stehe der Neubau der Gemeindehauses an, bei dem
noch nicht fest steht, welchen Energiestandard das Gebäude letztlich
erfüllen soll.
In der Tat, so Simone Kreutzer, fehle in Kiruna eine ähnlich treibende
Kraft wie Oberbürgermeister Netzer in Kempten, um die Passivhausidee
dort voranzubringen. Allerdings weiß die Expertin, dass es angesichts
der klimatischen Voraussetzungen in Kiruna auch schwieriger als in
Kempten sei, die strengen Passivhaus-Kriterien zu erfüllen. "In Kiruna
ist es im Winter über Monate hinweg dunkel. Die solaren Gewinne, die
wichtig für das Funktionieren des Passivhausprinzips sind, fehlen ganz
einfach. Und zudem kann es über Wochen hinweg 20 Grad Minus haben."
Gleichzeitig wies Dieter Herz darauf hin, dass das Passivhaus-Prinzip
gerade bei diesen Bedingungen die richtigen Lösungen zu bieten habe:
nämlich die Minimierung der Wärmeverluste durch eine hochwärmedämmend,
luftdichte und wärmebrückenfreie Hülle sowie eine hocheffiziente Technik.
Die schwedischen Baustandards seien an für sich hoch, betonte Simone
Kreutzer. Diesen Eindruck hat auch Dieter Herz. So würden seit 30 Jahren
schon Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung in schwedischen Häusern
eingebaut, während sich in Deutschland erst langsam die Vorteile dieser
Geräte herumsprechen würden. Allerdings, so der Allgäuer
Passivhaus-Pionier, hätten sich die Schweden in letzter Zeit mit "einem
gewissen Maß an Selbstzufriedenheit zurückgelehnt und so manche
Entwicklung verschlafen".
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Datum: 17.01.2013 - 17:40 Uhr
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