'Börse Online'-Interview mit Harm Bandholz, US-Chefökonom UniCredit:
Wahlausgang in den USA spielt für Wirtschaft keine große Rolle
(ots) - Demokraten und Republikaner stimmen bei
Wirtschaftspolitik in vielen Punkten überein / Kurzfristig ist
wichtig, das "Fiscal Cliff" zu umschiffen, sonst droht USA Rezession
/ Fehlender Plan für Haushaltskonsolidierung ist das entscheidende
Problem / 2013 Einigung zwischen beiden Parteien erwartet / Politik
des lockeren Geldes der US-Notenbank wird unter zweiter
Präsidentschaft von Barack Obama fortgesetzt / Mehr Inflation
erwartet / Lockere Gelpolitik und moderate Inflationsraten
kurzfristig positiv für Aktienmärkte
Für die US-Wirtschaft spielt das Ergebnis der Präsidentschaftswahl
in den Vereinigten Staaten keine große Rolle. Dieser Meinung ist Harm
Bandholz, US-Chefökonom der UniCredit. "Die Unterschiede in der
Wirtschaftspolitik zwischen Demokraten und Republikanern sind bei
Weitem nicht so groß, wie man uns im Wahlkampf glauben machen
wollte", sagte Bandholz im Interview mit dem Anlegermagazin 'Börse
Online' (Ausgabe 47/2012, EVT 15. November). Viele seien zwar
erleichtert über die Wiederwahl von Barack Obama, doch bei
denjenigen, die der Wall Street näherstünden, herrsche schon ein
bisschen Katerstimmung vor. "Die hätten lieber Mitt Romney als
Präsidenten gesehen."
Kurzfristig gehe es jetzt darum, das sogenannte "Fiscal Cliff" zu
umschiffen, also das Auslaufen von Steuersenkungen, die noch die
Regierung Bush vorgenommen hatte, zu verhindern. "Da müssen
Demokraten und Republikaner relativ schnell eine Einigung finden,
sonst landen die USA Anfang 2013 in der Rezession", prophezeite
Bandholz. Das wirkliche Problem auf der Fiskalseite sei aber, dass
die USA neben Japan das einzige Industrieland seien, das weder damit
begonnen habe, den Staatshaushalt zu konsolidieren, noch einen Plan
habe, wo es mittelfristig überhaupt hingehen soll.
Die USA bräuchten einen Haushaltsplan, der die Eckdaten der
Fiskalpolitik für die kommenden zehn Jahre festlegt. Eigentlich lägen
Demokraten und Republikaner da gar nicht so weit auseinander. "Ich
würde sagen, ihre Vorstellungen decken sich zu mehr als 70 Prozent",
meinte Bandholz. Er sei zuversichtlich, dass es 2013 zu einer
Einigung kommen werde. "Andernfalls müsste man den Politikern in
Washington jegliches Verantwortungsbewusstsein absprechen."
Hätte Mitt Romney die Wahl gewonnen, hätte er nach Meinung von
Bandholz einen geldpolitischen Falken als Nachfolger für
US-Notenbankchef Ben Bernanke benannt, dessen Amtszeit im Januar 2014
ausläuft. "Das hätte dann Auswirkungen auf die Geldpolitik gehabt",
sagte Bandholz gegenüber 'Börse Online'. Unter Präsident Obama werde
sich dagegen der jetzige Kurs fortsetzen. "Denn auch wenn Bernanke
wohl für keine weitere Amtszeit zur Verfügung stehen wird, dürfte
Obama einen Nachfolger einsetzen, der die bisherige Politik des
lockeren Geldes fortsetzen wird."
Letzten Endes werde die US-Notenbank mehr Inflation in Kauf
nehmen, was für die Aktienmärkte tendenziell positiv sei. "Wir sind
zwar für Aktien nicht besonders bullish und erwarten eher eine
Seitwärtsbewegung der Indizes, aber eine lockere Geldpolitik plus
moderate Inflationsraten von vielleicht drei Prozent sind kurzfristig
positiv für die Märkte", versicherte Bandholz.
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Ludwig Heinz, Redaktion G+J Wirtschaftsmedien
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Datum: 14.11.2012 - 10:12 Uhr
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