High-Tech Textilien für Sicherheitskräfte
Mehr Funktion und Komfort
(PresseBox) - Berufsbekleidung hat viele Aufgaben, unter anderem sorgt sie für ein einheitliches Erscheinungsbild und damit für einen hohen Wiedererkennungswert. So sind Polizisten durch die bekannten Farben und Formen der Uniform jederzeit erkennbar. Neben einem tadellosen äußeren Erscheinungsbild muss Arbeitsbekleidung dem Träger aber auch einen hohen Tragekomfort bieten und sollte industriell pflegbar sein. Funktionalisierte Textilien können aber noch viel mehr!
Textilien als UV-Schutz
Ein Beispiel ist Bekleidung mit integriertem Sonnenschutz. In die Textilfasern eingebundenes Titandioxid, wie es auch in Sonnenschutzcremes verwendet wird, bietet diese dem Träger einen besonders hohen UV-Schutz. Da Kleidung einen Großteil des Körpers bedeckt ist sie für den Schutz vor gefährlicher UV-Strahlung prädestiniert.
Für die Ermittlung des UV-Schutzfaktor UPF (Ultra Violet Protection Factor), der in der Aussage dem Sonnenschutzfaktor bei Cremes entspricht, gibt es unterschiedliche Messmethoden. Die Messungen nach UV Standard 801 sind besonders praxisnah, da sie u. a. Veränderungen des UV-Schutzes der Textilien beim Tragen und Reinigen berücksichtigt. Bei Bekleidungstextilien wird der UPF deshalb nicht nur im Neuzustand, sondern auch am gedehnten, nassen Zustand sowie nach mechanischer Abnutzung durch Tragen und die Textilpflege ermittelt. Zudem wird von der höchsten UV Bestrahlung (Sonnenspektrum in Melbourne, Australien zum Höhepunkt des australischen Sommers) und somit von einem worst-case-Szenario, ausgegangen.
Textilien mit Schmutz- und Geruchs-Schutz
Aus der Natur ist der sogenannte Lotuseffekt schon länger bekannt. Verunreinigungen auf den Blättern der Lotuspflanze können ganz einfach mit Wasser abgespült werden. Das zugrundeliegende Wirkprinzip wird bereits seit einiger Zeit auch für Textilien genutzt. Bisher wurden dazu die Oberflächen der Materialien nachträglich mit hydrophoben (wasserabweisenden) Mikro- und Nanostrukturen veredelt. Forscher haben den Lotus- Effekt nun weiterentwickelt: Die Nanopartikel werden direkt bei der Herstellung in die Faser eingebunden, dadurch hält die Schmutz abweisende Wirkung auch intensiver Beanspruchung stand.
Eine weitere Möglichkeit der Nutzung von Nanopartikeln ist die Ausstattung von Materialien mit Silber. Die antimikrobielle Wirkung von Silber ist schon seit Jahrhunderten bekannt und wird unter anderem auch für die Trinkwasseraufbereitung genutzt. Es kann in die Fasern eingebunden oder auf diese aufgedampft werden. Die elektrisch geladenen Teilchen (Ionen) des Silbers wirken dabei gegen eine Vielzahl von Mikroorganismen und können so die Übertragung von Krankheitserregern durch Textilien oder auch die Vermehrung (Schweiß-)Geruch produzierender Keime verhindern. Moderne Untersuchungsmethoden erlauben es heute sogar, die Wirkung von Textilien gegenüber Geruchsbildnern und die Bindung von Geruchsmolekülen an die Fasern quantitativ zu erfassen.
Textilien machen (un)sichtbar
Durch Funktionalisierung können Textilien noch viele weitere erstaunliche Eigenschaften erreichen. Ein aktuelles Beispiel aus der Textilforschung sind textile Materialien, die Infrarot-Strahlung (IR) effektiv abschirmen und künftig in den Uniformen von Streitkräften Verwendung finden sollen. Bisher sorgen in der Regel IR-absorbierende Küpenfarbstoffe des Tarndrucks dafür, dass die Träger für die CCD-Sensoren (Charge-coupled Device - ein lichtempfindliches elektronisches Bauelement) von Nachtsichtgeräten weitgehend "unsichtbar" sind. Allerdings stößt die Absorptionsfähigkeit der Farbstoff-Partikel schnell an ihre Grenzen. Durch die Dotierung (Einbindung) oder Beschichtung von Chemiefasern mit Indiumzinnoxid-Nanopartikeln (ITO) kann die Wärmestrahlung deutlich effektiver absorbiert und damit eine bessere Abschirmungswirkung erreicht werden als bei konventionellen Camouflage-Drucken.
Bei ITO handelt es sich um transparente Halbleiter, die z. B. auch in Touchscreens von Smartphones zum Einsatz kommen. Die Herausforderung für die Forscher besteht darin, die ITO-Partikel so mit den Textilien zu verbinden, dass deren sonstige Eigenschaften wie der physiologische Komfort nicht negativ beeinflusst werden. Zudem muss die Beständigkeit der textilen Ausrüstung gegenüber Waschen, Scheuern und Bewitterung sichergestellt werden.
Aufbauend auf die Forschungsergebnisse der Wissenschaftler der Hohenstein Institute in Bönnigheim und des ITCF Denkendorf sollen die IR-absorbierenden Textilien in künftigen Projekten weiter hinsichtlich ihres Wärme- und Schweißmanagements optimiert werden. Ziel ist es dabei, bereits die Entstehung verräterischer naher und mittlerer IR-Strahlung in Form von abstrahlender Körperwärme zu verhindern und damit die Detektion weiter zu erschweren. Durch eine optimale Unterstützung der physiologischen Vorgänge im menschlichen Körper wird zudem die uneingeschränkte Leistungsfähigkeit der Träger auch unter extremen klimatischen Bedingungen oder bei körperlicher Anstrengung sichergestellt.
Besonders im Straßenverkehr sollen Textilien aber nicht bei der Tarnung helfen, sondern vielmehr die Wahrnehmbarkeit durch Dritte verbessern. Fluoreszierende Materialien sind dabei für die Sichtbarkeit bei Tag besonders wichtig. In der Dämmerung und nachts sorgen vor allem reflektierende Materialien für gute Sichtbarkeit. Retro-reflektierende Materialien werfen dabei das auftretende Licht unabhängig von ihrer Ausrichtung großteils in die Richtung der Strahlungsquelle (Autoscheinwerfer usw.) zurück.
Im Gegensatz dazu erfolgt die Reflexion des Lichtes bei Materialien, die lediglich als "reflektierend" ausgewiesen sind, gleichmäßig in alle Richtungen, damit aber auch schwächer in Richtung der Strahlungsquelle. Bezogen auf die Sichtbarkeit durch andere Verkehrsteilnehmer kann das von Nachteil sein. Bei hochwertiger Warnkleidung wie sie für die Persönliche Schutzausrüstung (PSA) von Polizei und Feuerwehr vorgeschrieben ist, werden deshalb retro-reflektierende und fluoreszierende Materialien miteinander kombiniert. Wichtig ist, dass die Anforderungen der DIN EN 471 bezüglich der Warnwirkung von den Textilien nicht nur im Neuzustand, sondern im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit auch nach möglichst vielen Wiederaufbereitungszyklen in der gewerblichen Wäscherei erfüllt werden.
Textilien beeinflussen die Leistungsfähigkeit
Bereits seit Jahrzehnten beschäftigt sich die Wissenschaft mit dem Zusammenhang zwischen Bekleidung und der körperlicher Leistungsfähigkeit des Menschen. Mit Hilfe standardisierter Laboruntersuchungen kann der physiologische Komfort von textilen Materialien, Kleidungsstücken bis hin zu Kleidungssystemen heute objektiv bewertet werden. In der Folge können die textilen Produkte so optimiert werden, dass sie die Körperfunktionen des Trägers optimal unterstützen und gravierende Folgen mangelnden Komforts vermieden werden. Wichtig ist dabei, dass sowohl das Wärme- und Feuchtemanagement wie auch das Empfinden auf der Haut (Hautsensorik) dem klimatischen Einsatzbereich und der Intensität der körperlichen Belastung der Träger angepasst werden. Aus der Sportwissenschaft stammt die Erkenntnis, dass sich die Leistungsfähigkeit durch Kleidung mit hohem physiologischen Komfort effektiv steigern lässt. Schlechter Komfort korreliert dagegen direkt mit einer Abnahme der Konzentration und Kondition, körperlichen Ausfallerscheinungen bis hin zu anhaltenden Gesundheitsschäden. Aber auch schon das kratzige Empfinden von steifen Materialien auf der Haut kann ablenkend wirken und die Akzeptanz der Kleidung beim Träger beeinträchtigen.
Inwieweit Kleidung tatsächlich die mentale Leistungsfähigkeit des Trägers beeinflusst untersuchten Wissenschaftler der Hohenstein Institute in einem aktuellen Forschungsprojekt. In einer speziell entwickelten "Stressbox" mussten Probanden mit hoher Konzentration eine anspruchsvolle Aufgabe erfüllen. Dabei trugen sie Bekleidung von unterschiedlicher Qualität. Im Anschluss an die Stressphase wurde die mentale Leistungsfähigkeit der Probanden mit einem neuen Software-Testsystem geprüft, welches internationale Standards der Arbeitspsychologie beinhaltet. Getestet wurde sowohl die ungeteilte Konzentration als auch die Fähigkeit der Testpersonen zum Multitasking.
Die Ergebnisse der Studie belegen, dass bei konstanten Umgebungsbedingungen die mit hochwertigen Materialien bekleideten Probanden insgesamt besser abschnitten, als Testpersonen in Bekleidung geringerer Qualität. Neben einem schnellen Reaktionsvermögen steht dabei vor allem eine möglichst niedrige Fehlerrate im Vordergrund. Diese Fehlerrate können die Forscher nun je nach Arbeitssituation und Kleidung messen. Das neue Testsystem wird zukünftig dabei helfen, arbeitsplatzspezifische Bekleidung auf die mentale Leistungsfähigkeit und das Arbeitsergebnis hin besser auszuwählen oder anzupassen, so dass auch Hersteller von Kleidung für das Gesundheitswesen, das Militär oder den Zivilschutz (Polizei, Feuerwehr) von dem neuen Verfahren profitieren dürften.
Durch den Einsatz von unterschiedlichen textilen Materialien wird beim sogenannten Comfort-Mapping die räumliche Verteilung der Temperatur- und Feuchteabgabe an verschiedenen Körperregionen berücksichtigt. Winddichtes textiles Material im Brust- und Rückenbereich hält so z.B. kühlenden Wind ab, während ein besonders atmungsaktives und Feuchte leitendes textiles Material im Achselbereich für ein trockeneres Klima sorgt.
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Datum: 18.07.2012 - 11:06 Uhr
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