Kein großer Durchbruch bei Medikamenten / Fortschritte in der Arzneitherapie betreffen meist nur kleine Patientengruppen
(ots) - Der Fortschritt ist eine Schnecke in der
Pharmaforschung. Bahnbrechende Neuerungen hat es in letzter Zeit
nicht gegeben. Selbst die theoretisch hochinteressanten monoklonalen
Antikörper bilden keine Ausnahme. Zwar hätten sie die Situation von
Rheumapatienten "etwas verbessert", sagt Professor Bruno
Müller-Oerlinghausen, ehemaliger Leiter der Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft, in der "Apotheken Umschau". "Manche
interessanten, extrem selektiv wirkenden Stoffe kommen aber schon
wegen ungeklärter Gesundheitsrisiken nur für einen sehr kleinen Teil
von Patienten infrage." Ähnliches gelte für Krebsmedikamente aus
dieser Stoffgruppe. "Viele dieser Substanzen verlängern das Leben nur
um wenige Wochen. Gleichzeitig haben sie starke Nebenwirkungen und
sind extrem teuer", so der Arzneiexperte.
Auch für Diabetiker, Hochdruckpatienten und Demenzkranke sei in
den letzten Jahren kaum etwas hinzugekommen. "Das Gleiche gilt
übrigens auch für mein Fachgebiet, die psychiatrischen Erkrankungen",
sagt Müller-Oerlinghausen. In neuen Impfungen sehe er "besonders
wichtige Fortschritte der vergangenen Jahre". Als Beispiel nennt er
den Schutz vor Gebärmutterhalskrebs durch Impfung gegen humane
Papillomviren und die Rotaviren-Impfung gegen lebensbedrohliche
Durchfallerkrankungen bei Kindern.
Den Grund für die stockenden Innovationen sieht
Müller-Oerlinghausen darin, dass die meisten Krankheiten viel
komplexer seien als vermutet. "Ich glaube, insbesondere die
Humangenetiker haben das früher unterschätzt." Fortschritte
entstünden vor allem dann, wenn Krankheiten besser verstanden werden.
"Ich sehe das größte Potential nicht in Wirkstoffen", sagt der
Experte, "sondern in einer besseren Sicherheit von
Arzneimitteltherapien und in der (Wieder)Entwicklung von ärztlicher
Vernunft." Es komme darauf an, die vorhandenen Medikamente adäquat
einzusetzen.
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Datum: 05.07.2012 - 08:00 Uhr
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