Fremder Fisch auf unserem Tisch - Deutschland immer abhängiger von Fischimporten
(ots) - Pressemitteilung
Ab dem morgigen Freitag (20. April 2012) übersteigt der deutsche
Fischkonsum unsere legalen Fangmöglichkeiten in europäischen
Gewässern - Abhängigkeit der EU von Fischimporten nimmt weiter zu -
Bündnis OCEAN2012 fordert Ende der Überfischung - Rückgang
europäischer Fischbestände führt zu Ausbeutung der Gewässer im
Ausland
Auch in diesem Jahr wird in Deutschland viel mehr Fisch gegessen
als heimische Fischer in den europäischen Gewässern fangen können.
Weil die Nachfrage das Angebot immer stärker übersteigt, wächst die
deutsche Abhängigkeit von Fischimporten. Bereits am morgigen Freitag
ist der so genannte "Fish Dependence Day" erreicht, der Tag, von dem
an bis zum Ende des Jahres jeder hierzulande konsumierte Fisch
rechnerisch aus dem Ausland stammt. Darauf machen die
Mitgliedsverbände der Kampagne OCEAN2012 aufmerksam.
"Die Fischereigewässer der EU könnten zu den reichsten der Welt
gehören - doch überwiegend werden sie verantwortungslos
bewirtschaftet", sagt Nina Wolff, die Meeresschutz-Expertin der
Deutschen Umwelthilfe und Koordinatorin von OCEAN2012 in Deutschland.
"Wie wir dieser zerstörerischen Tendenz entgegenwirken können, liegt
auf der Hand: Die europäischen Fischbestände müssen endlich wieder so
weit aufgebaut werden, dass sie nachhaltig befischt werden können."
Ab dem 20. April 2012 ist Deutschland statistisch gesehen für den
Rest des Jahres vollständig auf den Import von Fisch und
Meeresfrüchten angewiesen. Der Befund ergibt sich aus einem
gemeinsamen Bericht der englischen New Economics Foundation (nef) und
OCEAN2012. Die Studie ermittelt für die Europäische Union und jeden
einzelnen Mitgliedstaat das Maß der Selbstversorgung. Der auf
Kalendertage umgerechnete Eintritt der Abhängigkeit von Einfuhren
wird als "Fish Dependence Day" des jeweiligen Staates bezeichnet.
"Der Bericht zeigt: In der Debatte um unseren wirtschaftlichen
Gesundungskurs wird die Bedeutung unserer natürlichen Ressourcen
vernachlässigt", erklärt Rupert Crilly von der New Economics
Foundation und OCEAN2012, der den Bericht mitverfasst hat. "Die
Bundesrepublik ist damit beschäftigt, die wirtschaftliche Schräglage
in Europa gerade zu rücken. Es ist Zeit, sich auch um die Bilanz der
natürlichen Ressourcen zu kümmern. Für das Wohl Deutschlands und
Europas ist es unerlässlich, dass die Reform der Gemeinsamen
Fischereipolitik die notwendige Sanierung der europäischen
Fischbestände bewirkt."
Die EU insgesamt ist während der Hälfte des Jahres auf Fisch von
außerhalb angewiesen. Seit dem Jahr 2000 rückt das errechnete Datum
der EU-weiten Abhängigkeit von Fischimporten kontinuierlich im
Kalender nach vorne. Heute wird der Fish Dependence Day fast einen
Monat früher erreicht als noch zur Jahrtausendwende - was unsere
zunehmende Abhängigkeit von Fischen aus auswärtigen Gewässern
unterstreicht.
"Um unseren wachsenden Appetit auf Fisch zu stillen, exportieren
wir die Überfischung in andere Teile der Welt", kritisiert Francisco
Mari, Fischereiexperte des Evangelischen Entwicklungsdienstes. "Die
Hälfte der europäischen Fischimporte stammt aus Gewässern von
Entwicklungsländern, wo die Menschen auf Fisch als wichtige
Eiweißquelle und als Grundlage für ihren Lebensunterhalt angewiesen
sind."
In den Kühltheken der Supermärkte ist die Überfischung für
Verbraucherinnen und Verbraucher nicht sichtbar, auch weil die
Importe aus Drittstaaten dazu beitragen, die Schrumpfung heimischer
Bestände zu verschleiern. "Jeder Einzelne kann sich mit der Wahl von
Fisch aus heimischen und nachhaltigen Beständen aktiv am Erhalt der
Meeresökosysteme beteiligen", sagt Dr. Ursula Hudson, die amtierende
Vorsitzende von Slow Food Deutschland. "Zugleich dürfen wir nur so
viel verbrauchen, wie wir den Beständen nachhaltig entnehmen können."
Im Rahmen der Reform der europäischen Fischereipolitik fordert
OCEAN2012 die Überfischung und destruktive Fischfangmethoden zu
beenden. Der Zusammenschluss von Organisationen setzt sich darüber
hinaus für eine angemessene und gerechte Nutzung der Fischbestände
ein.
Hinweise für Redaktionen:
Den vollständigen Bericht der News Economics Foundation (nef) in
englischer Sprache sowie ein ausführliches Hintergrundpapier zum Fish
Dependence Day finden Sie im Internet unter
www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2828
Um auf die Problematik der zunehmenden Überfischung aufmerksam zu
machen, veranstaltet die Deutsche Umwelthilfe am 20. April 2012 um
18.00 Uhr unter dem Motto "Der letzte Fisch" ein Fischessen in der
Markthalle Neun in Berlin Kreuzberg. Weitere Informationen finden Sie
unter www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2826.
Fotos der Veranstaltung erhalten Sie auf Anfrage unter Tel. 0151
55017009.
Über die Kampagne OCEAN2012
OCEAN2012 wurde von der Pew Environment Group gegründet und wird
von ihr koordiniert. Die Pew Environment Group ist die
Naturschutzabteilung des Pew Charitable Trusts, einer
Nichtregierungsorganisation, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die
Überfischung der Ozeane zu beenden. Zum Lenkungsausschuss von
OCEAN2012 gehören: Coalition for Fair Fisheries Arrangements,
Ecologistas en Acción, The Fisheries Secretariat, nef (new economics
foundation), die Pew Environment Group und Seas At Risk.
In Deutschland sind folgende Organisationen Mitglied von
OCEAN2012: DEEPWAVE e. V., Deutsche Umwelthilfe e. V., EuroNatur,
Evangelischer Entwicklungsdienst e.V., Fair Oceans, Forum Ökologische
und Soziale Marktwirtschaft e. V., Gesellschaft zur Rettung der
Delphine e. V., Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere e. V.,
M.E.E.R. e. V., NABU (Naturschutzbund Deutschland e. V.), Pro
Wildlife e. V., Reef Check e. V. und Slowfood Deutschland e. V.
Über nef
Die New Economics Foundation (nef) ist eine unabhängige Stiftung
und Denkfabrik, die sich für eine nachhaltige Wirtschaft einsetzt.
Sie fördert Lebensqualität durch innovative Lösungsansätze und
fordert dadurch gängige Meinungen zu wirtschaftlichen, ökologischen
und gesellschaftlichen Fragen heraus. In Zusammenarbeit mit ihren
Partnern unterstützt nef den Schutz von Mensch und Natur.
Pressekontakt:
Dr. Nina Wolff, Koordinatorin von OCEAN2012 in Deutschland
Projektleiterin Meeresnaturschutz, Deutsche Umwelthilfe e. V.
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: +49 (0) 30 2400867-84, Mobil:
0170 8127346, E-Mail: wolff(at)duh.de
Rupert Crilly, Ökonom, nef
3 Jonathan Street, London SE11 5NH
Tel.: +44 (0) 2078206389, E-Mail: rupert.crilly(at)neweconomics.org
Francisco Mari, Referent für Agrarhandel und Fischerei,
Evangelischer Entwicklungsdienst e.V.,
Ulrich-von-Hassell-Straße 76, 53123 Bonn
Tel.: +49 (0) 228 8101 - 2503, Mobil 0179 462 17 83, E-Mail:
francisco.mari(at)eed.de
Anke Klitzing, Presseverantwortliche Slow Food Deutschland e.V.
Luisenstr. 45, 10117 Berlin,
Tel.: +49 (0) 30 609 886 761, E-Mail: a.klitzing(at)slowfood.de
Daniel Eckold, Pressesprecher Deutsche Umwelthilfe e. V.
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 2400867-22, Mobil: 0151 550 17 009, E-Mail:
eckold(at)duh.de
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Datum: 19.04.2012 - 09:52 Uhr
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