Realismus beim Entgelt - Flexibilität bei der Arbeitszeit
(ots) - Die Forderung des Landesbezirks Hessen-Thüringen
der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) nach 6,0
Prozent mehr Entgelt halten die Arbeitgeber für nicht realisierbar.
Sie verweisen auf ein schwaches zweites Halbjahr 2011 und erhebliche
Risiken im Jahr 2012. Wie die Gewerkschaft wollen die Arbeitgeber
auch über das Thema Demografie sprechen. Dabei geht es ihnen unter
anderem um eine Verlängerung und Flexibilisierung der tariflichen
Arbeitszeit, weil das Arbeitszeitvolumen in Zukunft auf immer weniger
Köpfe verteilt werden muss. Die Tarifrunde der chemischen Industrie
beginnt 2012 am 17. April in Bad Homburg.
Der Forderung der IG BCE nach 6,0 Prozent mehr Entgelt erteilt der
hessische Verhandlungsführer, Christoph Obladen, eine Absage. "Mit
4,1 Prozent mehr Entgelt hatten die Beschäftigten 2011 ein deutliches
Reallohnplus und das, obwohl seit Mitte 2011 die Wachstumsraten in
den Keller gingen." Hierbei bezieht sich Obladen auf Zahlen des
Statistischen Landesamtes Wiesbaden. Legte die Produktion der
hessischen Chemieindustrie in den ersten zwei Quartalen 2011 noch um
5,7 Prozent zu, sank sie im zweiten Halbjahr um 1,8 Prozent.
Geschuldet ist die konjunkturelle Abschwächung vor allem der
andauernden Unsicherheit im europäischen Raum. Die hessische Chemie
erwirtschaftet rund zwei Drittel ihrer Umsätze durch den Export,
davon 72 Prozent im europäischen Ausland. Insgesamt belief sich das
Produktionswachstum damit lediglich auf 2,0 Prozent, anstatt der
erwarteten 4 Prozent.
Führende Wirtschaftsinstitute bestätigen den negativen Trend. "Die
Wachstumsprognosen für 2012 liegen zwischen Stagnation und einem
Prozent", erklärt Axel Schack, Hauptgeschäftsführer der HessenChemie.
Der Tarifabschluss müsse von allen Unternehmen getragen werden
können, auch von den kleinen und mittleren. Diese bilden 81,2 Prozent
der Chemieunternehmen in Hessen ab. Im Hinblick auf die
bevorstehenden Verhandlungen betont Schack: "Die realistische
Tarifpolitik der letzten Jahre hat sich in der chemischen Industrie
für alle Beteiligten ausgezahlt. Diese müssen wir weiterentwickeln,
um Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung auch in Zukunft zu
sichern."
Im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit der Branche ist für Schack
auch die Weiterentwicklung des Tarifvertrags Lebensarbeitszeit und
Demografie wichtig, die auch von der Gewerkschaft gefordert wird.
"Wir brauchen einen Mentalitätswandel hin zu einer Differenzierung
und Flexibilisierung der Arbeitszeit. Wir wollen, dass die
Beschäftigten flexibler auf ihre unterschiedlichen Lebensphasen und
die Unternehmen auf die schwankende Kapazitätsauslastung reagieren
können", erklärt Schack. Neben einer Verlängerung der tariflichen
Arbeitszeit, geht es den Arbeitgebern aber auch darum, altersbezogene
Tarifregelungen zu überprüfen. "Diese stammen aus einer Zeit, als man
mehr Arbeitskräfte als Arbeit hatte", betont Schack. Gutes Beispiel
hierfür sei die Altersfreizeit ab dem 55. Lebensjahr. Laut
Chemie-Tarifvertrag verkürzt sich die wöchentliche Arbeitszeit für
Beschäftigte im Schichtdienst ab dem 55. Lebensjahr um 3,5 Stunden,
für alle anderen Beschäftigten ab 57 um 2,5 Stunden.
In Hessen sind 229 Unternehmen der Chemisch-pharmazeutischen
Industrie mit 92.000 Beschäftigten durch eine Mitgliedschaft im
Arbeitgeberverband im Tarifvertrag gebunden.
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Datum: 22.03.2012 - 15:28 Uhr
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