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Schwäbische Zeitung: Unglückliche Verhältnisse - Leitartikel

ID: 557575

(ots) - Die Deutschen sind unter die Kreuzfahrer
gegangen: Mehr als 1,6 Millionen Menschen buchten im vergangenen Jahr
eine Urlaubsfahrt auf einem Schiff. Die Branche freut's, zwei
Milliarden Euro setzten die deutschen Kreuzfahrt-Anbieter 2011 um.
Doch jetzt steht die Branche Kopf: In England geben internationale
Vertreter eifrig Pressekonferenzen zur Sicherheit auf Schiffen, und
bei der CMT in Stuttgart lassen die Anbieter ihre Infostände
vorsichtshalber unbesetzt. Wer nicht da ist, muss auch keine Fragen
beantworten.

Unterdessen blicken wir entsetzt nach Italien: Vor der Küste
Giglios versuchen Rettungstaucher das Unmögliche: Sie hoffen, dass
auch sechs Tage nach dem Unglück irgendwo in dem zerstörten
Luxusliner Menschen überlebten. Mit jeder Stunde, die verstreicht,
wird die Lage aussichtsloser. Immer noch sind zwölf Deutsche
vermisst, auch von der Urlauberin dem Kreis Biberach fehlt jede Spur.

Sicher aber ist: Mindestens elf Menschen mussten bei dem Unglück
sterben. Sicher ist auch: Der Kapitän hat versagt. Wie schwer seine
Schuld wiegt, entscheiden am Ende Gerichte. Die moralische
Verantwortung trägt er schon jetzt. Allerdings hat noch keine
Verurteilung des Schuldigen eines vermocht: den Verlust von
Menschenleben zu ersetzen.

Hierzulande leiden viele mit den Hinterbliebenen und den bangen,
hoffenden Angehörigen. Viele fragen sich auch, ob sie selbst eine
Kreuzfahrt buchen würden oder eher nicht. Dabei sollten wir uns
vielmehr beschämt fragen, warum uns ausgerechnet dieses Unglück so
nahe geht, die dramatischen Schiffsunglücke, die sich alle paar
Wochen vor Lampedusa oder der Küste Arabiens ereignen, aber nicht?
Dort ertrinken viel mehr Menschen. Menschen, die unter elenden
Bedingungen Wochen auf See aushielten, ohne Bordpersonal, ohne
Sicherheit, ohne Wasser, in der vagen Hoffnung, in Europa eine




lebenswerte Zukunft zu finden. Viele dieser Fahrten enden in
Tragödien, die weit schlimmer sind als das, was vor der Küste
Italiens geschieht.

Stimmen also unsere Verhältnisse noch? Sind wir so abgestumpft?
Wie kommt es, dass wir, "interessante" von "unwichtigen" Tragödien
unterscheiden? Die Antwort ist - ohne die großen Ethiker zu bemühen -
entsetzlich einfach: Unser Leben gleicht eher einer Kreuzfahrt als
einer Flucht. Das begrenzt das Vorstellungsvermögen und schränkt die
Fähigkeit, Mitleid zu empfinden, ein. Dies ist beschämend, wenn auch
nachvollziehbar. Gut ist es deswegen nicht.

So bleibt unterm Strich der schnöde Appell, sich in Anstand und
Zurückhaltung zu üben: Jeder Tote ist beklagenswert. Daran sollten
wir uns beim nächsten Flüchtlingsunglück erinnern.



Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 07561-80 100
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Datum: 19.01.2012 - 21:25 Uhr
Sprache: Deutsch
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Kunst & Kultur


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