Von wegen Transparenz: DUH und foodwatch
kritisieren neues Verbraucherinformationsgesetz
(ots) - Behörden sollen unliebsame Anfragen ohne
Begründungen zurückweisen können - DUH und foodwatch: Vorschlag der
Bundesregierung bleibt hinter den Anforderungen eines effektiven
Konsumentenschutzes zurück - Verbraucherschützer fordern
Überarbeitung des Gesetzvorschlags
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) und die
Verbraucherorganisation foodwatch e. V. haben den Änderungsentwurf
des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) der Bundesregierung als
unzureichend kritisiert. Dieser war heute Thema einer öffentlichen
Anhörung im Verbraucherausschuss des Bundestages. Ziel des Gesetzes
zur Verbesserung der Verbraucherinformation ist es, die
Konsumentenrechte zu stärken und zu verbessern. Das ursprüngliche
Gesetz ist seit 1. Mai 2008 in Kraft. Verbraucherschützer werfen
Bundesministerin Ilse Aigner (CSU) vor, das Gesetz verfehle aufgrund
diverser Konstruktionsfehler sein eigentliches Ziel. Auch die jetzt
geplante Überarbeitung des Gesetzes droht an wesentlichen Stellen,
einen effektiven Verbraucherschutz zu konterkarieren.
"Dass der neue Entwurf jetzt teils auch erfreuliche Verbesserungen
enthält, ist zweifelsohne wichtig und begrüßenswert", sagt
Rechtsanwältin der DUH, Cornelia Ziehm. "Endlich wird etwa die
transparente Gestaltung des Marktes für den Verbraucher als
eigentlicher Zweck des Gesetzes klar benannt. Insgesamt hält der
Gesetzentwurf aber nicht das, was Frau Aigner Anfang des Jahres
versprochen hat. Vor allem nützt alle Mühe wenig, wenn man
gleichzeitig Maßnahmen ergreift, die den Sinn des Gesetzes
untergraben."
Der klageberechtigte Verbraucherschutzverein DUH kritisiert
insbesondere einen Paragraphen in dem Gesetzentwurf, der es den
verantwortlichen Behörden ermöglicht, Anträge von Verbrauchern und
Organisationen ohne größere Begründung abzulehnen. Nach Auffassung
der DUH würden damit Sinn und Zweck des
Verbraucherinformationsgesetzes in Frage gestellt. Der Entwurf sieht
vor, dass ein Antrag abgelehnt werden kann, falls die Behörde durch
dessen Bearbeitung die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben
beeinträchtigt sieht. "Dieser unbestimmte Rechtsbegriff öffnet der
Exekutive Tür und Tor, jede Anfrage im Keim zu ersticken, wenn sie
vielleicht nicht sofort oder einfach zu beantworten ist. Und sie
verkennt vollständig, dass den Behörden mit dem
Verbraucherinformationsgesetz gerade die Aufgabe der
Informationsbereitstellung als gleichwertige neue Aufgabe neben
anderen Behördenaufgaben übertragen wird", so Ziehm.
Aus Sicht der Verbraucherschützer geht diese Änderung zu Lasten
der Transparenz und damit zu Lasten der Verbraucherinnen und
Verbraucher. Sie würden auf diese Weise weiter als Bittsteller, nicht
aber als Inhaber von Informationsrechten angesehen und behandelt. Das
Amtsgeheimnis würde manifestiert.
Die Angst vor einem erhöhten bürokratischen Aufwand seitens des
Gesetzgebers will foodwatch nicht gelten lassen. "Bürokratie und
Kosten könnte die Bundesregierung einfach dadurch verringern, dass
sie die aktive Information über Gesundheitsgefahren, Täuschungsfälle
und Hygieneverstöße ohne Ermessensspielräume endlich zur Pflicht für
die Behörden machen würde - denn wenn die aktive Information zum
Normalfall wird, müssen die Verbraucher nicht erst Anträge auf
Informationen stellen", so Anne Markwardt, Verbraucherrechts-Expertin
von foodwatch. "Frau Aigner muss die Gesetzesnovelle nutzen, um die
Rechtsgrundlage für die Einführung eines Smiley-Systems oder einer
Hygiene-Ampel zur Veröffentlichung der Ergebnisse von
Lebensmittelkontrollen direkt in den Betrieben zu schaffen." In Bezug
auf die mit der VIG-Novelle geplante Änderung von § 40 des
Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches spricht Markwardt von
einem "Gammelfleisch-Paragraphen": "Auch bei Gammelfleisch-Funden
müssen Verbraucher weiter nicht unverzüglich informiert werden. Ob
und wann Behörden informieren, liegt in ihrem eigenen Ermessen. Wenn
es sich 'nur' um Täuschung oder Verstöße gegen Hygienevorschriften
handelt, sollen die Verbraucher erst dann gewarnt werden, wenn ein
Bußgeld von mindestens 350 Euro verhängt wurde - bis das aber
rechtskräftig ist, sind die Produkte längst verzehrt. Wer täuscht,
wird also besser geschützt als die Verbraucher."
Beide Organisationen kritisierten zudem die Aufhebung der
gegenwärtig zumindest auf Bundesebene bestehenden Gebührengrenze.
Lediglich Anfragen, die einen Verwaltungsaufwand von 250 Euro
(beziehungsweise von 1.000 Euro bei Rechtsverstößen) verursachen,
sollen in Zukunft kostenfrei sein. DUH und foodwatch sind sich einig,
dass eine derartige Gebührenfestsetzung in abschreckender Höhe das
Verbraucherinformationsgesetz in seiner jetzigen Form untergräbt. In
eigenen Stellungnahmen machen beide Vereine deutlich, dass der
Gesetzentwurf grundlegend hinter den Anforderungen eines effektiven
Verbraucherschutzes zurückbleibt und fordern eine erneute
Überarbeitung des Gesetzes.
Die Stellungnahmen von DUH und foodwatch finden sie im Internet
unter http://www.duh.de/verbraucherschutz_publikationen.html und
www.foodwatch.de/vig
Pressekontakt:
Dr. Cornelia Ziehm, Rechtsanwältin und Leiterin Klimaschutz und
Energiewende, Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH), Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0160 941 82 496,
E-Mail: ziehm(at)duh.de
Daniel Eckold, Pressesprecher, Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH),
Hackescher Markt 4,10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-22,
Mobil: 0151 55017009, E-Mail: eckold(at)duh.de
Martin Rücker, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, foodwatch
e.V., Brunnenstr. 181, 10119 Berlin, Tel.: 030 24047623,
presse(at)foodwatch.de
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Datum: 09.11.2011 - 11:34 Uhr
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