Neue OZ: Kommentar zu Archäologie / Wracks / Koggen
(ots) - Volle Breitseite
Noch im April kreuzte sie als Musterschiff der Hanse durch eine
Terra-X-Sendung im Fernsehen - dabei gab es lange schon Indizien,
dass etwas nicht stimmt mit der Poeler Kogge und ihrem Nachbau. Und
zwar etwas Entscheidendes: Sie ist gar kein Schiff des nordischen
Städtebundes.
Ein für das 14. Jahrhundert ungewöhnliches, mehr als doppelt so
großes Ladevolumen? Ein sensationeller Fortschritt im Schiffbau des
Ostseeraums, redeten sich Experten den Widerspruch schön. Ein
Zinnlöffel, der nachweislich deutlich später gefertigt wurde? Nicht
original aus dem Wrack, sondern im Laufe der Zeit dorthin gespült,
lautete die Erklärung.
Nun ist man in der Archäologie vor Überraschungen nicht immer
gefeit. Es gibt Fehler, neue Techniken und Uneinigkeiten in der
Interpretation von Funden. Genau deshalb aber ist es in der
Altertumsforschung Brauch, mit definitiven Aussagen vorsichtig zu
sein.
In Wismar nahm man es damit nicht so genau - wie auch in anderen
Fällen, in denen abenteuerlich hergeleitete "Steinzeit-Dildos",
"Lusthöhlen" oder auch berühmte historische Schauplätze als Tatsachen
präsentiert werden - wohl auch mit dem Hintergedanken, durch die
geweckte Aufmerksamkeit den Zugang zu Forschungsgeldern zu
erleichtern. Kommunen und Körperschaften spielen oft und gerne mit,
sind spektakuläre Funde doch erprobtermaßen beste Image- und
Tourismuswerbung. Für Wismar und seine Kogge gab es diesmal eine
volle Breitseite nahe der Wasserlinie.
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Datum: 09.08.2011 - 22:00 Uhr
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