WAZ: Das Recht auf die Wahrheit. Leitartikel von Frank Preuß
(ots) - Die Bilder der Katastrophe, sie sind nicht
verblasst. Jetzt, wo sich die Tragödie um die Loveparade zum ersten
Mal jährt und mit einer Gedenkfeier an die Opfer erinnert wird, zeigt
sich, wie tief sich die Bilder in unsere Erinnerung gegraben haben.
Schreckliche Bilder von jungen Menschen, die sich nur amüsieren
wollten und plötzlich um ihr Leben kämpfen müssen. Ein Kampf, den 21
von ihnen verlieren. Wenn uns, die wir nicht selbst dabei waren,
diese Bilder schockieren, was muss es aus denen gemacht haben, die
mittendrin steckten und litten und aus denen, deren Kinder, Brüder
oder Schwestern nicht mehr nach Hause kamen?
Es wäre vermessen zu beurteilen, was Hinterbliebene, aber auch
Überlebende des Dramas als Trost für ihren Schmerz empfinden könnten,
wenn es denn überhaupt einen Trost geben kann. Aber sie alle haben
die ganze Wahrheit verdient, sie haben ein Recht darauf, dass jemand
aufsteht und die Verantwortung für eine planerische und operative
Schlamperei übernimmt, die man in Deutschland so nicht für möglich
gehalten hätte. Ein ganzes Jahr ist vergangen, und sie warten und
warten.
Die Frage nach der juristischen Schuld werden irgendwann die
Gerichte klären, die Staatsanwälte ermitteln, der Weg ist lang, das
Ergebnis offen. Aber wo sind die, die sich zu ihrer moralischen
Verantwortung bekennen und danach handeln?
Wer die monatelangen Fluchtversuche von Duisburgs
Oberbürgermeister Adolf Sauerland verfolgt hat, der schlussendlich
eine windelweiche Erklärung ablas, als es für seine Adressaten schon
nicht mehr wichtig war, der kann nur zu einem Schluss kommen: Der
Umgang mit der Katastrophe, auch er war eine Katastrophe.
Vor allem das hat der Stadt Duisburg einen schweren Schaden
zugefügt, von dem sie sich nur mühsam erholt und vielleicht auch
nicht mehr erholen kann, solange Sauerland die Amtsgeschäfte im
Rathaus führt. Duisburg, eine Stadt, die es nie leicht gehabt hat und
die etwas Besseres verdient als diesen Zustand der Lähmung. Denn es
muss weitergehen.
Fazit: Auch ein Jahr nach der Loveparade warten die Angehörigen
der Opfer auf Antworten zur Schuldfrage. Die Stadt Duisburg braucht
einen Neuanfang im Rathaus, damit sie sich langsam erholen kann.
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Datum: 22.07.2011 - 19:20 Uhr
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