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Rundfunk- und Telemedien-Prüffälle der KJM im ersten Quartal 2011

ID: 387364

(ots) - Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat im
ersten Quartal 2011 insgesamt 32 Verstöße gegen die Bestimmungen des
Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) festgestellt. Zwölf davon
kommen aus dem Rundfunk-, 20 aus dem Telemedienbereich. Bei der
Aufsicht über den Rundfunk arbeitet die KJM Hand in Hand mit den
Landesmedienanstalten: Sie beobachten, prüfen und bewerten potenziell
problematische Rundfunkangebote und leiten dann der KJM die
entsprechenden Prüffälle zur Entscheidung zu. Im Internetbereich
unterstützen jugendschutz.net und die Landesmedienanstalten die KJM
bei ihren Aufgaben: So treten jugendschutz.net oder auch die
Landesmedienanstalten bei der Annahme von Verstößen vorab an die
Anbieter heran und fordern, entsprechende Inhalte freiwillig
herauszunehmen. Auf diese Weise können viele Internet-Fälle ohne
aufwändiges Verfahren geklärt werden. Erst bei Nichtabhilfe oder in
besonders schweren Fällen schreitet die KJM ein. Sowohl im Rundfunk-
als auch im Telemedienbereich kann die KJM nur gegen Anbieter mit
Sitz in Deutschland vorgehen. Indizierungen fallen in das
Aufgabengebiet der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien
(BPjM). Die KJM ist in dem Zusammenhang einerseits für die Abgabe von
Stellungnahmen zu Indizierungsanträgen im Bereich der Telemedien
zuständig und kann andererseits selbst Indizierungsanträge stellen.

Rundfunk

In einem Fall stellte die KJM einen Verstoß gegen die
Menschenwürde fest: Es handelt sich dabei um eine Folge der Doku-Soap
"Die Super Nanny", die um 20.15 Uhr auf RTL lief. Die Folge
thematisiert das psychisch und physisch gewalttätige Verhalten einer
Mutter gegenüber ihren zwei- und fünfjährigen Mädchen: Vor laufender
Kamera wird gezeigt, wie die Mutter ihre fünfjährige Tochter
anschreit, ihr mit Schlägen droht, sie ignoriert und sie schließlich




schlägt - ohne dass das Kamerateam eingreift. Diese problematischen
Szenen werden insgesamt dreimal gezeigt, unter anderem auch in einem
Teaser zur Sendung, dessen Zweck es ist, möglichst viele Zuschauer zu
generieren. Das Kind wird in seinem sozialen Achtungsanspruch
verletzt und zum Objekt der Zurschaustellung degradiert. Aus diesen
Gründen stellt das Angebot in den Augen der KJM einen
Menschenwürde-Verstoß dar und ist unzulässig.

Eine Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 18-Jährige
(Sendezeitgrenze 23 bis 6 Uhr) stellte die KJM in folgenden vier
Fällen fest:

Die vermeintliche "Reportage" mit dem Titel "Die Frau, die Leiden
schafft: Das Handwerk der Domina" strahlte AZ Media um 22.50 Uhr im
Programm von RTL aus. Die Sendung, die eine selbstständige Domina und
ein Domina-Studio porträtiert, enthält viele explizite
Sado-Maso-Szenen in Nahaufnahme. Es wird ein
selbstzweckhaft-voyeuristischer Einblick in die tabuisierte Branche
gegeben. Die KJM bewertete die Sendung als
entwicklungsbeeinträchtigend für unter 18-Jährige, da die in Szene
gesetzten Bilder der Ausübung der bizarren Sexual-praktik SM Kinder
und Jugendliche unter 18 Jahren überfordern können. Zusätzlich wird
das problematische Bild vermittelt, der Beruf der Domina sei eine
übliche und weit verbreitete Tätigkeit, bei der man als junge Frau
einfach und schnell Geld verdienen kann.

Der Teleshoppingsender Jamba TV zeigte einmalig zwischen 6.10 Uhr
und 7.30 Uhr Werbesports für Erotik-Mehrwertdienste. Sie können
Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren nachhaltig in ihrer
Entwicklung beeinträchtigen. Die Ausstrahlung wäre daher, so die
KJM-Spruchpraxis, ausschließlich in der Sendezeit zwischen 23 und 6
Uhr zulässig gewesen. Nach Auffassung der KJM ist die durch die
Ausstrahlung in der von Kindern genutzten morgendlichen Sendezeit zu
befürchtende Beeinträchtigung für Heranwachsende erheblich.

Den Spielfilm "Alarmstufe: Rot" strahlte Kabel eins ab 22.40 Uhr
in der ungekürzten Fassung mit einer Freigabe der Freiwilligen
Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) ab 18 Jahren aus. Das stellt
einen Verstoß gegen die Zeitgrenzen des JMStV dar.

Auch der Spielfilm "Final Voyage - Kreuzfahrtsschiff auf
Todeskurs", ebenfalls mit einer FSK-Freigabe ab 18 Jahren
gekennzeichnet, lief um 20.15 Uhr auf Tele 5 - in einer um zwei
Szenen gekürzten Fassung. Die KJM befand, dass diese marginale
Kürzung den Film mit vielen kaltblütigen und zynisch kommentierten
Tötungsszenen nicht ausreichend entschärft. Sie stellte einen Verstoß
wegen Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 18-Jährige fest.

Eine Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 16-Jährige
(Sendezeitgrenze 22 bis 6 Uhr) stellte die KJM in folgenden vier
Fällen fest:

Bei zwei Episoden der Sendung "Wildboyz", die MTV jeweils um 21.30
Uhr sendete. "Wild-boyz" ist ein jugendaffines Format, das in
wesentlichen Ansätzen der "Jackass"-Idee ähnelt und teils die
gleichen Protagonisten hat. Genau wie "Jackass" lebt "Wildboyz" von
derbem Humor und gezielten Geschmacklosigkeiten. Auch mutwillige
Selbstverletzungen und leicht zu adaptierende Mutproben gehören zu
jeder Folge. Episode 201 war von der Freiwilligen Selbstkontrolle
Fernsehen (FSF) mit Schnittauflagen für das Hauptabendprogramm
freigegeben worden, der Sender hatte diese aber nicht umgesetzt. Die
KJM entschied, dass das Angebot geeignet ist, ältere Kinder und
jüngere Jugendliche im Sinne einer sozialethischen Desorientierung zu
beeinträchtigen. Das Zeigen nicht ungefährlicher Mutproben trägt nach
Auffassung der KJM zu einer risikobehafteten Beeinflussung der
physischen und psychischen Integrität Heranwachsender bei. In Bezug
auf Episode 307 hielt sich MTV ebenfalls nicht an die Bewertung der
FSF, die diese erst ab 22 Uhr freigegeben hatte. Die KJM schätzte die
Sendung ähnlich ein und bewertete sie als Verstoß wegen
Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 16-Jährige.

Eine Ausgabe der "Spiegel TV Reportage" mit dem Titel "Das Böse
nebenan - Wenn Menschen zu Bestien werden" zeigte Vox ab 20.15 Uhr.
Die Reportage geht anhand prominenter Gewaltdelikte der Frage nach,
was Menschen zu brutalen Verbrechern werden lässt. Zu sehen sind
teils drastische Gewaltdarstellungen in Bild und Ton. Hier wird die
personale Gewalt einzelner Menschen, die ihre Opfer quälen und töten,
zum Thema gemacht. Dabei handelt es sich zum größten Teil um
authentisches Material mit unmittelbarem Realitätsbezug. Auf diese
Weise konfrontiert das insgesamt zwar sachliche Angebot die Zuschauer
immer wieder, insbesondere im ersten Teil der Reportage und damit zu
einer eher frühen Uhrzeit, mit unerwartet drastischen Bildern. Nach
Auffassung der KJM ist das Angebot geeignet, die Entwicklung von
Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren zu einer
eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu
beeinträchtigen.

Auf dem Pay-TV-Kanal MGM lief der Film "Brannigan - Ein Mann aus
Stahl" ohne Vorsperre um 18.25 Uhr. Er hat eine FSK-Freigabe ab 16
Jahren und hätte deshalb erst ab 22 Uhr gezeigt werden dürfen.

Eine Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 12-Jährige
(Sendezeitgrenze 20 bis 6 Uhr) stellte die KJM in folgenden drei
Fällen fest:

In der Vergangenheit waren bereits mehrere Folgen der Sendung
"Talk Talk Talk" Gegenstand rechtsaufsichtlicher Verfahren, die auch
zu Beanstandungen führten. Nun bewertete die KJM erneut eine Ausgabe
der ProSieben-Talkshow, die im Tagesprogramm ausgestrahlt wurde, als
Verstoß gegen die Bestimmungen des JMStV: Es werden Ausschnitte aus
früheren Sendungen gezeigt und durch die Moderatoren kommentiert.
Dabei fiel vor allem eine Sequenz auf, die die Homosexualität zweier
Frauen thematisiert. Die auftretenden Talkgäste werden zum Zweck der
Unterhaltung vorgeführt. Die Kommentierung der Moderatoren verstärkt
die desorientierende Wirkung: Sie weisen auf Sprachfehler und
mangelnde Intelligenz, die vermeintliche sexuelle Orientierung der
Teilnehmer sowie auf deren Aussehen hin. Das Angebot ist geeignet,
Kinder sozialethisch zu desorientieren und damit zu beeinträchtigen.
Die Sendung hätte nicht vor 20 Uhr platziert werden dürfen, um dem
Wohl jüngerer Kinder Rechnung zu tragen.

Eine Ausgabe der Sendung "Galileo", die von ProSieben um 19 Uhr
ausgestrahlt wurde und das Selbermachen von Möbeln zum Thema hatte,
hätte ebenfalls erst im Abendprogramm laufen dürfen. Darin wird unter
anderem gezeigt, wie ein geklauter Einkaufswagen zum Möbelstück
umgebaut wird. Dass Erwachsene den Wagen entwenden, die in der Regel
Vorbildfunktion besitzen oder deren Handeln von Kindern seltener
angezweifelt wird, erschwert die Sachlage zusätzlich. Die Sendung
konterkariert somit geltende Werte und Normen, indem sie vermeintlich
Anlass und Anstoß zu einer Straftat liefert. Daher bewertete die KJM
das Angebot als entwicklungsbeeinträchtigend für unter 12-Jährige.

Der Film "Harold und Kumar", von der FSK freigegeben ab 12 Jahren,
wurde von ProSieben im Tagesprogramm ausgestrahlt. Für die KJM lag
hier - aufgrund unzähliger Zoten und Sexismen, die für eine
Ausstrahlung im Tagesprogramm ungeeignet sind - eine
Entwicklungs-beeinträchtigung für unter 12-Jährige vor.

Telemedien

Die Jugendschutzrelevanz von Internet-Inhalten ist in der Regel
ungleich höher als die von Fernseh-Sendungen. Weil Angebote im Netz
außerdem nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern meist über
einen längeren Zeitraum online sind, berichtet die KJM über die
Verstöße in Telemedien anonymisiert:

Ein Angebot stellt einen Menschenwürde-Verstoß dar. Es handelt
sich dabei um einen auch online verfügbaren Rundfunk-Fall, den die
KJM bereits als Menschenwürde-Verstoß bewertet hat.

Ein Angebot ist nach dem JMStV unzulässig: Es verherrlicht den
Nationalsozialismus und macht volksverhetzende Inhalte zugänglich.

Neun Verstöße beziehen sich auf Angebote, die einfache Pornografie
beinhalten. In Telemedien darf einfache Pornografie nur ausnahmsweise
innerhalb geschlossener Benutzergruppen zugänglich gemacht werden.
Ist das nicht der Fall, liegt ein Verstoß gegen den JMStV vor.

Ein Angebot beinhaltet unzulässige Werbung. Es nutzt die
Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit von Kindern und Jugendlichen
durch direkte Kaufappelle aus.

Acht Angebote stellen aufgrund entwicklungsbeeinträchtigender
Inhalte einen Verstoß gegen die Bestimmungen des JMStV dar: Die
Mehrheit davon zeigte zum Zeitpunkt der Beobachtung erotische Bilder
und explizite Schilderungen sexueller Vorgänge - auch bizarrer
Sexualpraktiken - unterhalb der Pornografieschwelle.

In 11 Fällen wurde das Verfahren eingestellt, da die
jugendschutzrelevanten Inhalte nach der Intervention durch die KJM
entfernt worden und auch die weiteren Voraussetzungen für eine
Einstellung (kein absolut unzulässiges Angebot, kein
Wiederholungstäter) gegeben waren.

Die KJM beschloss - je nach Art und Schwere der Verstöße -
Beanstandungen, Untersagungen und/oder Bußgelder. Die entsprechenden
Verwaltungs- und Ordnungswidrigkeitenverfahren führen die jeweils
zuständigen Landesmedienanstalten durch. Strafrechtlich relevante
Inhalte gibt die KJM an die zuständigen Staatsanwaltschaften ab.

In 38 Fällen beantragte die KJM im ersten Quartal 2011 die
Indizierung eines Telemedienangebots bei der BPjM. Die Anträge
bezogen sich zum Großteil auf Internetangebote mit pornografischen
Darstellungen. In weiteren 37 Fällen gab die KJM eine Stellungnahme
zu Indizierungsanträgen anderer antragsberechtigter Stellen bei der
BPjM ab, die von der BPjM bei ihrer Entscheidung maßgeblich zu
berücksichtigen sind.

Damit befasste sich die KJM seit ihrer Gründung im April 2003 mit
rund 4.120 Fällen - mit fast 850 im Rundfunk und 3270 in Telemedien.



Pressekontakt:
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Leiterin der
KJM-Stabsstelle, Verena Weigand, Tel. 089/63808-262 oder E-Mail
stabsstelle(at)kjm-online.de.

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Datum: 14.04.2011 - 08:14 Uhr
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