Fondsprofi Gerald Fritz im 'Börse Online'-Interview:
"Viele Analysten sind Hofberichterstatter
(ots) - Fritz kritisiert Fehlentwicklungen und
Inkompetenz in seiner Branche / Verstärkt leistungsorientierte
Vergütung für Fondsmanager gefordert / Vorwurf an Rating-Agenturen:
Schönfärberei schlechter Renditen durch "verschiedene Gimmicks" /
Kritik an Versicherungen: "Ich kenne keinen Anleger, der im
Aktienbereich unprofessioneller arbeitet" / "Es gibt viel zu wenige
Finanzprofis, die psychisch stabil sind"
Der Fondsmanager Gerald Fritz geht mit seiner Branche hart ins
Gericht. Im Interview mit dem Anlegermagazin 'Börse Online' (Ausgabe
02/2011, EVT 6. Januar) prangerte Fritz in verschiedenen Bereichen
Fehlentwicklungen an. So forderte er für seinen Berufsstand eine
verstärkt leistungsorientierte Vergütung. "Ein schlechter Manager,
der permanent leicht hinter der Benchmark liegt, verdient in der
Regel trotzdem sechsstellig", kritisierte der Fondsprofi. Er plädiere
dafür, das Fixum herabzusetzen und die Bezahlung nach Leistung zu
gestalten. "Denn es gibt kaum einen Beruf, bei dem die Leistung
besser zu messen ist." Voraussetzung für diesen Schritt seien
entsprechende Entscheidungsspielräume, die es heute allerdings bei
den meisten Fondsgesellschaften kaum noch gäbe. "Es kommt immer
wieder vor, dass manche Geschäftsführer sich einmischen, obwohl sie
aufgrund ihrer Aufgaben mit dem Börsengeschen oft gar nicht mehr
vertraut sind", bemängelte Fritz. Denn wer dauernd in Meetings oder
bei Kunden sei, verliere zwangsläufig den Anschluss. "Das Beste ist
daher, die Geschäftsführung greift nicht ein."
Im 'Börse Online'-Interview nahm Fritz insbesondere Analysten und
Rating-Agenturen ins Visier. "Oft haben Banken, die Analysten
beschäftigen, Kreditbeziehungen zu beurteilten Firmen - da entstehen
zwangsläufig Interessenkonflikte", urteilte der Fondsmanager. "Leider
sind viele Analysten Hofberichterstatter. Die nehmen das auf, was der
Vorstand erzählt, mixen noch ein paar Zahlen dazu, und fertig ist die
positive Studie." Rating-Agenturen wirft Fritz vor, Anleger gezielt
zu täuschen. "Rund zwei Drittel der Fonds sind durchschnittlich
schlechter als ihre Benchmark. Um das zu verschleiern, haben die
Rating-Agenturen verschiedene Gimmicks ersonnen." Als Beispiel nannte
der Fondsprofi die so genannte "risikoadjustierte
Performancemessung", bei der die Volatilität als Maßstab dient. "So
kann man eine schlechte Rendite schönfärben."
Kein gutes Haar ließ Fritz auch an institutionellen Investoren wie
Versicherungen. "Ich kenne keinen Anleger, der im Aktienbereich
unprofessioneller arbeitet", sagte der Fondsmanager. "Wenn Aktien
günstig zu haben sind, ist die Quote der Assekuranzen immer am
Tiefstand und umgekehrt. Ich benutze sie als Kontraindikator."
Fritz empfiehlt, in extremen Baisse-Phasen ausgebombte Aktien zu
kaufen. "Denn was am tiefsten gefallen ist, steigt üblicherweise
wieder am stärksten." Allerdings bekämen viele Manager Panik und
stießen Qualitätstitel auch noch zu irrational niedrigen Kursen ab.
"Es gibt viel zu wenige Finanzprofis, die psychisch stabil sind, wenn
es darauf ankommt. Sie verkaufen, obwohl sie eigentlich zukaufen
müssten, weil sie sich anstecken lassen. Das meiste Geld verdienen
Sie aber, wenn die Panik am größten ist."
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Datum: 05.01.2011 - 09:52 Uhr
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