10 Jahre "Rinderwahnsinn" in Deutschland: BSE-Politik der EU hat Markt für Schlachtabfälle unkontrol
(ots) - Die EU-Maßnahmen gegen die Rinderseuche BSE haben
statt strengerer Regeln für die Fleischindustrie eine Liberalisierung
des Marktes mit Schlachtabfällen bewirkt und viele der jüngsten
Gammelfleischfälle erst ermöglicht. Zu diesem Ergebnis kommt eine
Analyse der europäischen BSE-Politik, die die Verbraucherorganisation
foodwatch zehn Jahre nach Bekanntwerden des ersten BSE-Falls eines in
Deutschland geborenen Rindes veröffentlicht hat. "Die
BSE-Bekämpfungsmaßnahmen waren erfolgreich, die Krankheit ist auf dem
Rückzug - sie haben paradoxerweise aber dazu geführt, dass der Handel
mit Fleischabfällen liberalisiert und der staatlichen Kontrolle
entzogen wurde", erklärte Matthias Wolfschmidt, stellvertretender
foodwatch-Geschäftsführer. "Die europäische Fleischwirtschaft wurde
im Gefolge der BSE-Bekämpfungsmaßnahmen betrugsanfälliger, wie die
Gammelfleischskandale der letzten Jahre beweisen."
Das Eindämmen der Rinderepidemie wurde durch ein Verbot der
Verfütterung von Tiermehl an Nutztiere, durch die Definition und
Entfernung von Risikomaterialien sowie durch großflächige
BSE-Schnelltestuntersuchungen erreicht. Doch strukturelle Fehler der
europäischen Agrar- und Ernährungspolitik sowie der deutschen
Lebensmittelüberwachung wurden bis heute nicht korrigiert.
Stattdessen wurden seit dem politischen Höhepunkt der BSE-Krise
2001 mehr als 70 europäische Rechtsakte rund um die
BSE-Bekämpfungsmaßnahmen sowie weitere 65 Rechtsakte zum Umgang mit
tierischen Abfällen erlassen:
- Dabei konnte die Lobby der Fleischwirtschaft einen weitgehend
freien Handel für etwa vier Fünftel ihrer Abfälle durchsetzen.
Vor BSE mussten diese größtenteils auf Kosten der Industrie
entsorgt werden. Heute sind in der EU jährlich rund 16 Millionen
Tonnen Schlachtabfälle (Material der so genannten
Risiko-Kategorie 3) weitgehend der staatlichen Kontrolle
entzogen.
- Eine der zentralen Vorgaben der europäischen BSE-Politik zum
Schutz der Verbraucher wurde nie umgesetzt: die verpflichtende
Kenntlichmachung von Tiermehl durch einen Farb- oder
Geruchsstoff. Zunächst gab es angeblich keinen geeigneten Stoff.
Seit 2008 ist die Markierung von Tiermehl der Risikokategorie 3
(das zum Beispiel als Düngemittel verwendet, aber nicht als
Futtermittel eingesetzt werden darf) mit Glycerintriheptanoat
(GTH) vorgeschrieben - eine Substanz, die farblos, geschmacklos
und geruchlos ist und nur im Labor nachgewiesen werden kann. Dem
Betrug sind damit Tür und Tor geöffnet.
"Schlachtabfälle, die von der menschlichen Nahrungskette
ferngehalten werden sollen, wurden jahrelang gar nicht eingefärbt.
Neuerdings werden verarbeitete Abfälle mit einer Substanz markiert,
die man weder riecht noch schmeckt noch sieht. Aus lauter
Industriefreundlichkeit mutet die EU ihren Bürgern zu, dass ihnen
ohne Probleme Schlachtabfälle untergejubelt werden können", sagte
Matthias Wolfschmidt von foodwatch. "Gleichzeitig werden alle
BSE-Bekämpfungsmaßnahmen Schritt für Schritt zurückgefahren. Das
Fazit: Die europäische Politik hat nichts aus BSE gelernt."
Die ausführliche Analyse der europäischen BSE-Politik finden Sie
als Thesenpapier "10 Jahre BSE in Deutschland - 10 Thesen" unter
http://foodwatch.de/publikationen
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Datum: 19.11.2010 - 11:37 Uhr
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