Serie: Das kleine Einmaleins der Finanzkrise
Teil 2: Die Finanzkrise und die Banken
(IINews) - Langenfeld. Im zweiten Teil der Serie zur Finanzkrise erklärt
André Kunze, geschäftsführender Gesellschafter von
Prometheus, welche Rolle die Banken bei der Finanzkrise
spielten und was man aus den Fehlern lernen sollte.
Too big to fail – Aus der Krise lernen
André Kunze sieht das schwerwiegendste Problem nach
Krisenausbruch in der Größe der gescheiterten Banken: „Sie
waren für das Finanzsystem einfach zu bedeutend, um sie in
Konkurs gehen zu lassen“, so Kunze. Nur vor diesem
Hintergrund seien laut Kunze auch die immensen staatlichen
Hilfsaktionen zu rechtfertigen. „Andernfalls hätte eine weitere
große Bankenpleite nach dem Kollaps von Lehman Brothers zu
einem Totalzusammenbruch des Finanzsystems geführt“,
vermutet der Experte. „Um derartige Abhängigkeiten in Zukunft
zu vermeiden, bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten.“
Zerschlagung der großen Banken: damals und heute
„Auf dem Zenit des Finanzcrashs 2008 lautete eine radikale
Devise: Zerschlagung der größten und somit systemrelevanten
und systemgefährdenden Banken. Im Klartext bedeutet dies
eine Aufteilung und rechtliche Trennung der Banken in
unterschiedliche Geschäftsbereiche“, erklärt Kunze das
sogenannte Trennbankensystem. „Denn durch die
Unabhängigkeit der Abteilungen Investmentbanking,
Vermögensverwaltung und Kreditgeschäft würden die
Verflechtungen aufgelöst und somit die Risiken auf von
einander unabhängige Institute verteilt“, ist Kunze sicher. „Dass
dieses Prinzip funktioniert, zeigte sich über viele Jahrzehnte in
den USA – vor den zu ambitionierten Deregulierungen der letzte
Jahre“ beschreibt Kunze. So waren hier von 1933 bis 1999
Investmentbanken vom kommerziellen Bankgeschäft rechtlich
getrennt. Kunze erläutert hierzu: „Banken, die das Vermögen
von Kunden verwalten oder auf eigene Rechnung mit
Wertpapieren handeln, war es untersagt, gleichzeitig auch das
Einlagen- und Kreditgeschäft zu betreiben.“
Dieses Gesetz ist wie viele andere der zunehmenden
Deregulierung Ende der 1990er Jahre zum Opfer gefallen. Im
Ergebnis konnten sich durch Zusammenschlüsse und
Übernahmen riesige Bankenkonzerne bilden: „Mit der
Abschaffung von Regularien hat die US-Regierung die
Bankenkonzentrationen erst ins Rollen gebracht – hier sehe ich
einen der Auslöser für das Desaster der vergangenen Monate“,
konstatiert Kunze.
Trenn- vs. Universalbanken
Obwohl Kunze die Rückbesinnung zum Trennbankensystem für
schwierig hält, liegen seiner Meinung nach die Vorteile klar auf
der Hand. „Bei einer reinen Kreditbank beispielsweise wird die
Kreditprüfung deutlich akribischer erfolgen als bei einer
Universalbank, die sämtliche Geschäftsbereiche abdeckt“, so
der Experte. Denn letztere kann die Ergebnisse des einen
Geschäftsbereichs aus geschäftspolitischen Gründen mit denen
eines anderen subventionieren. „Möchte sich eine
Universalbank im privaten Baufinanzierungsgeschäft besser
positionieren, so wird sie dies über eine Lockerung der
Kreditanforderungen sowie über eine Senkung der eigenen
Risikomarge und damit des Zinssatzes umsetzen. Finanzieren
könnte sie diese fragwürdige Wachstumsstrategie z.B. aus den
Erträgen des Investmentgeschäfts“, erklärt Kunze. Eine Option,
die bei einer reinen Kreditbank ausgeschlossen ist. Denn hier
könnte sich eine bewusste Senkung der Risikomarge zu Lasten
der Risikotragfähigkeit schnell als Bumerang erweisen und sich
letztlich gefährdend auf die Existenz der Bank auswirken. Einen
weiteren Vorteil des Trennbankensystems sieht Kunze in der
Vermeidung zu großer Banken: „Da Trennbanken aufgrund der
Begrenzung auf ihr Kerngeschäftsfeld in der Regel keine
Systemriesen werden können, würden sie selbst im Falle einer
Pleite, keine Gefahr für das Gesamtsystem darstellen.“
Provisionsgier und Verbriefungen als zweiter Pfeiler der Krise
Neben der Systemgefährdung durch überdimensionierte
Universalbanken verursachte die gesetzlich nicht regulierte
Verbriefung und der anschließende Verkauf von
Kreditforderungen den Zusammenbruch des Finanzmarkts.
„Fokussiert sich eine Bank auf den Verkauf von
Kreditforderungen, ist es selbstverständlich ihr Ziel, möglichst
viele Verkäufe und damit möglichst hohe Provisionen zu
generieren. Da die Banken mit den Krediten gleichzeitig auch
die Risiken verkaufen, führt dies zwangsläufig zu aufgeweichten
Kreditanforderungen an die Kreditnehmer“, fasst Kunze
zusammen. Um eine Wiederholung eines solchen
marktwirtschaftlichen Super-GAUs zu vermeiden, zieht Kunze
die Politik in die Verantwortung: „Es ist widersinnig, Banken
einerseits im originären Kreditgeschäft und damit im
Kreditvolumen zu begrenzen, während gleichzeitig über
Verbriefungen maßlos Kredite vergeben werden können. Um
derartige Auswüchse in Zukunft zu vermeiden, sind die Fehler
des Deregulierungswahns zu beseitigen. De-Degulierung ist
nun das Schlagwort“, schließt Kunze ab.
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Datum: 13.09.2010 - 11:00 Uhr
Sprache: Deutsch
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