Der Kuss der Quantenphysik
(ots) - Otto Stern (1888-1969) aus Breslau war ein Physiker von Weltrang, der von 1923 bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 an der Hamburgischen Universität forschte. Er machte das Hamburger Institut für physikalische Chemie zu einem weltweit bekannten Spitzeninstitut in der Atom-, Molekül- und Kernphysik. Die Erkenntnisse Sterns und seiner Mitstreiter zu Molekularstrahlen und zum Spin des Protons ermöglichten fundamentale, heute selbstverständliche Errungenschaften wie Laser, Atomuhren oder auch die Kernspintomografie. Ohne Otto Stern wäre das Deutsche Elektronensynchroton DESY nicht denkbar.
Die neue Biographie der Wissenschaftshistorikerin Karin Reich und des Physikers Horst Schmidt-Böcking in der Reihe"Wissenschaftler in Hamburg"der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung stellt die bahnbrechenden Entdeckungen des Experimentalphysikers vor. Wesentliche Grundlage bilden die Editionen der Werke und Briefe Otto Sterns. Die Publikation erzählt von Otto Sterns Forscherleben, schildert aber auch den Aufbruch und die Leistungen der experimentellen Physik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, entscheidend mitgetragen von deutschen Forschern. So ist die Darstellung eine fundierte Lebens- und Wissenschaftsgeschichte in einem.
Das Buch zeigt Otto Sterns"fröhliche Neugier", aber auch seine unorthodoxe Herangehensweise, wohl erwachsen aus der Zusammenarbeit mit Albert Einstein, zunächst in Prag und dann 1912/13 als dessen Assistent in Zürich. 1922 führten Stern und sein Kollege Walther Gerlach in Frankfurt am Main eines der folgenreichsten Experimente des 20. Jahrhunderts durch. Sie erkundeten mithilfe speziell hergestellter Apparate das Innere eines Silberatoms. Wassie erblickten, war dessen Magnetfeld: Das Elektron hat über sein Bahnmoment hinaus demnach auch einen mechanischen Eigendrehimpuls. Das"Stern-Gerlach-Experiment"bewies erstmals die Richtungsquantelung im Magnetfeld. Für diese Entdeckung erhielt Otto Stern 1943 den Nobelpreis für Physik.
Schmidt-Böcking und Reich erläutern das"Stern-Gerlach-Experiment", diesen"Kuss der Quantenphysik", denn die beiden Molekularstrahlen des Magnetfeldes des Silberdampfesöffneten sich mittig zueinander, wie bei einem Kuss. Die beiden Biographen schildern die Folgen des Experiments für die Quantenmechanik und die weltweite Anerkennung für Otto Stern. Ab 1923 wirkte er an der Hamburgischen Universität. Auch dort erwies er sich als unorthodoxer Forscher, für den kollegiale Kooperationen entscheidend waren. Hier gelang ihm der Nachweis, dass Teilchenstrahlen eine Wellennatur haben. Der Jude Stern, dessen erfolgreiches Hamburger Team 1933 zerschlagen wurde, emigrierte in die USA, wo er bis zur Emeritierung 1945 an der Universität Pittsburgh forschte. Seinen Lebensabend verbrachte er im kalifornischen Berkeley. Nach Hamburg ist er nie wieder gekommen.
"Otto Stern war unbestritten einer der größten Pioniere der experimentellen Quantenphysik", so Horst Schmidt Böcking."Wir porträtieren einen ebenso bescheidenen wie wagemutigen Forscher. Versuch und Irrtum, das war seine Methode. Dafür scheute er keinen Aufwand und so ging er auch beim Stern-Gerlach-Experiment vor. Stern entdeckte, dass Protonen und Neutronen keine punktförmigen Teilchen sind, sondern eine innereStruktur haben. Durch ihn wissen wir Entscheidendes über die Struktur der Elementarteilchen. Dass der Nobelpreisträger Stern 81-Mal für den Nobelpreis vorgeschlagen worden ist, unterstreicht seine weitreichende Bedeutung."
Ekkehard Nümann, Präsident der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung:"Otto Stern avancierte in Hamburg zum Begründer eines modernen Zentrums für Atom- und Elementarteilchenphysik. Sein Wirken markiert Sternstunden der Physik an der Hamburgischen Universität. Die Biographie würdigt einen Wissenschaftler, der hier Unvergleichliches geleistet hat."
Karin Reich, Horst Schmidt-Böcking, Otto Stern (1888-1969) und seine Jahrhundertexperimente, die die Welt der Physik revolutionierten (Wissenschaftler in Hamburg, hg. von Ekkehard Nümann für die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung, Bd. 9), Wallstein Verlag 2024, 392 S., 119 z.T. farb. Abb., geb., Schutzumschlag, ISBN 978-3-8353-5770-9, 30 Euro.
Die Reihe"Wissenschaftler in Hamburg"
Überzeugend konzipiert und kenntnisreich geschrieben - die Biographien der Reihe"Wissenschaftler in Hamburg"schildern Werk und Leben bedeutender Persönlichkeiten, die an der Universität Hamburg und weit darüber hinaus gewirkt haben.
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Datum: 06.02.2025 - 10:00 Uhr
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