Landgericht Köln sieht Erzbistum für Missbrauchstaten von Ehrenamtler in Amtshaftung
(ots) - In den juristischen Auseinandersetzungen um Schadensersatzansprüche von Missbrauchsopfern gegen die Kirche hat das Landgericht (LG) Köln eine Position eingenommen, die - wenn sie Rechtskraft bekommt - ein Beben auslösen dürfte. Wie der"Kölner Stadt-Anzeiger"(Mittwoch-Ausgabe) berichtet, sieht das Gericht das Erzbistum Köln in der Haftung für Missbrauchsvergehen eines erwachsenen Messdiener-Leiters an einem Kind. Dazu erließ die fünfte Zivilkammer unter Vorsitz von Richter Dominik Theisen einen sogenannten Hinweisbeschluss an die Parteien, eine heute 38 Jahre alte Frau und das Erzbistum.
Die Frau verlangt insgesamt 850.000 Euro Schadenersatz. Die Tatvorwürfe sind einschlägig. Der Täter wurde 1998 wegen Missbrauchs an insgesamt acht Mädchen zu einer zweijährigen Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. Der Fall ist auch in dem von Kardinal Rainer Woelki in Auftrag gegebenen Gutachten des Kölner Strafrechtlers Björn Gercke zum Missbrauch im Erzbistum Köln enthalten.
In dem"Hinweisbeschluss"des Gerichts vom 27. Januar, der dem"Kölner Stadt-Anzeiger"vorliegt, heißt es, der Messdienerleiter, der beim Beginn seiner Vergehen an der damals sechs Jahre alten Klägerin 18 Jahre alt war, habe ein"öffentliches Amt"ausgeübt. Er sei als Verwaltungshelfer im Dienst des Erzbistums als Körperschaft des öffentlichen Rechts anzusehen. Aus höchstrichterlicher Rechtsprechung schließt die Kammer,"dass die Leitung einer Messdienergruppe als Ausübung eines öffentlichen Amtes einzuordnen ist. Es handelt sich um eine Aufgabe, die dem seelsorgerischen Bereich zuzuordnen ist."
Das Erzbistum müsse für das Handeln des ehrenamtlich tätigen Mannes einstehen, auch wenn dieser kein hauptamtlich Angestellter der Kirche war. Er sei als Messdienerleiter an die Weisungen des zuständigen Pfarrers oder anderer Amtsträger gebunden gewesen. Das Gericht spricht vom"verlängerten"Arm des Pfarrers. Als vergleichbaren Fall im staatlichen Bereich zieht die Kammer eine Pausenaufsicht an Schulen heran. Einschränkend erklärt das Gericht, die Haftung gelte nicht für Taten, die im Elternhaus des Opfers begangen wurden.
Das Erzbistum hat jetzt drei Wochen Zeit für eine Stellungnahme. Seine Anwälte haben beantragt, die Klage abzuweisen. Eine Amtshaftung liege nicht vor. Die Verhandlung ist für den 25. März angesetzt.
Am selben Tag setzt die Kammer auch die Verhandlungüber eine weitere Schadenersatzklage. Hier geht es um die Pflegetochter eines als Serientäter verurteilten früheren Pfarrers. Die Frau klagt wegen jahrelanger schwerster Missbrauchstaten bis hin zur vollendeten Vergewaltigung auf ebenfalls 850.000 Euro. Auch hier bestreitet das Erzbistum eine Amtshaftung und siedelt den Missbrauch in der Privatsphäre beziehungsweise in der Freizeit des inzwischen aus dem priesterlichen Dienst entlassenen Täters an. Der frühere Erzbischof Joseph Höffner hatte dem Geistlichen Ende der 1970er ausnahmsweise gestattet, das spätere Opfer undeinen Jungen aus einem Bonner Kinderheim als Pflegekinder zu sich zu nehmen. Die beiden Kinder lebten schon während der Ausbildung des späteren Priesters in dessen Zeit als Diakon mit unter dem Dach des Pfarrhauses. In beiden Fällen hat das Erzbistum - im Gegensatz zu anderen Bistümern -darauf verzichtet, die Verjährung der Taten geltend zu machen.
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