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Sanierung von Wohngebäuden - keine Wahlleistung

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ARAG Experte Tobias Klingelhöferüber Rechte und Pflichten bei Zwangssanierung


(IINews) - Ein Wohlfühlzuhause zu finden und für sich selbst zu gestalten ist für viele Menschen in Deutschland ein zentrales Anliegen. Die steigendenMietpreiseund die Herausforderungen beim Hausbau erfordern heute mehr denn je kreative Lösungen und gute Planung. Wer bereits ein eigenes Haus besitzt oder in einer schönen Mietwohnung lebt, kann sich glücklich schätzen. Dennoch können auch hier Sanierungsmaßnahmen das Wässerchen trüben. Welche Konsequenzen das für Mieter und Vermieter haben kann, erläutert ARAG Experte Tobias Klingelhöfer.



Sanierung, Renovierung, Modernisierung - wie sind diese Begriffeüberhaupt einzuordnen?

Tobias Klingelhöfer: Vereinfacht gesagt, handelt es sich bei einer Renovierung um Verschönerungsmaßnahmen. Diese finden eher im kleineren Rahmen statt und es geht um Äußerlichkeiten, ein Anstrich zum Beispiel oder neue Sanitärobjekte fallen darunter. Bei einer Sanierung sprechen wir von einer anderen Größenordnung. Es fällt ein Bauprojekt an, mit dem Ziel das Objekt auch technisch auf einen aktuellen Level zu heben. Das können Reparaturarbeiten bei gravierenden Mängeln sein, vor allem aber auch Energieeffizienz-Maßnahmen. Innerhalb einer Sanierung findet eigentlich immer eine Modernisierung statt, zum Beispiel eine vernünftige Stromversorgung, Fassadendämmung, Schallschutzoptimierung, Verbesserung der Nutzung erneuerbarer Energien oder auch das Schaffen von Barrierefreiheit.



Liegt eine Sanierung immer im Interesse eines Vermieters?

Tobias Klingelhöfer: Die Sanierung von Gebäuden ziehen natürlich grundsätzlich eine Wertsteigerung nach sich. Die Miete der Wohnung darf aufgrund einer solchen Verbesserung steigen und außerdem profitiert der Vermieter auch davon, dass seine Immobilie für die Zukunft gerüstet ist und sich ihreLebensdauer damit verlängert. Abgesehen davon hat er aber auch nicht immer eine Wahl, denn es gibt Sanierungspflichten, die gesetzlich vorgeschrieben sind. Hier greift vor allem dasGebäudeenergiegesetz(GEG), das seit November 2020 ganz bestimmte Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden sowie den Einsatz von erneuerbaren Energien stellt. Wärmedämmung sowie Heizungstechnik stehen hier im Vordergrund, es gibt genaue Austausch- beziehungsweise Nachrüstungspflichten vom Bund, die beachtet werden müssen, da sie Vorgaben der Europäischen Union folgen.Insbesondere bei einem Eigentümerwechsel - egal, ob Kauf, Schenkung oder Erbe - gibt es kein Pardon, wenn es sich nicht gerade um denkmalgeschützte Gebäude handelt: Abhängig vom Baujahr des Hauses müssen innerhalb der ersten zwei Jahre nach Eigentumsübergang bestimmte Heizkessel ausgetauscht sowie die obere Geschossdecke, das Dach sowie Heizungs- und Warmwasserrohre gedämmt werden. Ähnliche Maßnahmen fallen auch an, wenn bestimmte Umbauten vorgenommen werden: Werden mehr als zehn Prozent eines Hauses erneuert, zieht dies weitere Zwangssanierungen nach sich. Das Wort kommtübrigens nicht von ungefähr; bei Missachtung drohen empfindliche Strafen.







Was bedeutet das für einen Mieter?

Tobias Klingelhöfer: Vor allem bedeutet das erst einmal, dass er sich nicht gegen derartige Sanierungen wehren kann. Weder aus Gründen der Lärm- oder Schmutzbelästigung noch wegen einer zu erwartenden Mieterhöhung kann er Einspruch einlegen. Sanierungen, die gesetzlich vorgeschrieben sind, hat er also hinzunehmen und müssen nicht von ihm genehmigt werden. Anders sieht es bei Umbauarbeiten aus, die entweder nur dem Vermieter oder einem anderen Mieter dienen. Je nach Umfang der Belästigung und dem fehlenden Allgemeinnutzen kann er unter Umständen seine Zustimmung verweigern. Da derartige Maßnahmen in der Regel aber wie oben beschrieben mit energetischen Sanierungen einhergehen, stehen seine Chancen schlecht.



Aber Ausnahmen bestätigen die Regel: Besondere Härtefälle, zum Beispiel schwere Krankheiten, hohes Alter, eventuell eine Schwangerschaft oder auch Prüfungsphasen, können solchen Baumaßnahmen entgegenstehen. Auch muss ein Mieter nicht dulden, dass beispielsweise Fenster oder Heizungsanlagen im Wintererneuert werden, und ihm muss eine Vorbereitungszeit eingeräumt werden: Mindestens drei Monate vor Beginn der Arbeiten muss der Vermieter schriftlich darüber informieren, einschließlich des geplanten Umfangs und der Dauer sowie der geplanten Mieterhöhung.



Für den Mieter zieht eine Zwangssanierung also Unannehmlichkeiten nach sich?

Tobias Klingelhöfer: Prinzipiell kann man das wohl bejahen. Denn die Mieterhöhung kann empfindlich ausfallen: Acht Prozent der Kosten und bis zu drei Euro je Quadratmeter kann der Vermieter umlegen. Bei einer laut Statista durchschnittlichen Wohnungsgröße von ungefähr fünfzig Quadratmetern redenwir immerhin von 150 Euro Mehrbelastung pro Monat. Und nicht nur das: Der Mieter muss während einer solchen Maßnahme für einen Zeitraum von drei Monaten über Lärm, Schmutz und Erschütterungen hinaus sogar ertragen, dass zwischendurch im erträglichen Rahmen immer wieder Strom, Wasser und Heizung abgestellt werden. Und zwar ohne, dass er Mietminderungen geltend machen kann.



Auch einen vorübergehenden Umzug in eine andere Wohnung oder sogar in ein Hotelzimmer muss er je nach Sanierungsumfang hinnehmen. Für diese Kosten muss er aber nicht selbst aufkommen. Im schlimmsten Fall ist sogar eine Kündigung wegen umfangreicher Sanierungsmaßnahmen möglich. Die Voraussetzung: Der Vermieter müsste durch das bestehende Mietverhältnis an der Zwangssanierung gehindert sein. Da in Deutschland ein umfassender Mieterschutz besteht, gilt dies als absolut letztes Mittel und ist nicht durchsetzbar, wenn der Mieter von sich aus mitwirkt, den Umbau duldet und bereit ist, die Wohnung vorübergehend zu überlassen. Stellt er sich unrechtmäßig quer, verweigert zum Beispiel Handwerkern den Zugang oder stellt die Mietzahlungen ein, ist der Vermieter allerdings im Recht und darf das Mietverhältnis kündigen und die Wohnung sogar auch räumen lassen.



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