Berliner Morgenpost/Jenseits aller roten Linien/Kommentar von Matthias Iken
(ots) - Journalismus darf viel. Er darf Grenzen ausloten, er darf wehtun, er darf verärgern. Er ist der Marktplatz der offenen Demokratie, auf dem sich die Bürger ihre Meinung bilden. Journalismus muss aber auch viel - vor allem viel Verantwortung übernehmen. Nicht alles, was Aufmerksamkeit oder Klicks verspricht, ist guter Journalismus. Der Gastbeitrag von Elon Musk, der in der"Welt am Sonntag"und auf welt.de erschien, ist meistgelesen und wird in derÖffentlichkeit eifrig diskutiert. Gut ist er nicht.
Natürlich gibt es berechtigte Argumente gegen die deutsche Energiepolitik, die deutsche Wirtschaftspolitik oder die deutsche Migrationspolitik. Die Stichhaltigkeit dieser Argumente liegt im Auge des Betrachters. Dass Musks Ausführungen quer zum Mainstream liegen, mag die Empörung verstärken.
Und doch ist sie berechtigt: In acht Wochen wählen die Deutschen einen neuen Bundestag. Da sollten prominente Einflussnahmen unterbleiben - jeder Wahlaufruf, und genau das ist dieser Text, wirkt übergriffig. Das gilt für jede Mittelstandsvereinigung, die im Gastbeitrag für Merz wirbt, wie für das Künstler:innenkollektiv, dasfür Habeck trommelt. Tesla-Gründer Musk versteigt sich gar zu der These, nur die AfD könne Deutschland retten. Mit Verlaub, das ist absurd.
Noch fataler ist, woher diese Einflussnahme kommt: Sie stammt aus dem Umfeld des designierten US-Präsidenten Donald Trump. Internationale Zurückhaltung und Respekt vor dem Wähler verbieten solche Texte. Wenn aus Putins Reich Wahlaufrufe für die AfD eingingen, wäre niemand überrascht. Aber wenn sie aus den USA kommen und eilfertig von deutschen Medien veröffentlicht werden, wird es ernst.Verdammt ernst.
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Datum: 29.12.2024 - 19:42 Uhr
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