Orte für verrückte Ideen gefragt
Das Gründerland Deutschland gerät international ins Abseits,
weil es Jungunternehmern zu wenig hilft
(IINews) - von Claudia Erben, Geschäftsführerin des Forum Kiedrich
Eine typische Frage lautet oft: Was führt zum Erfolg junger Unternehmer? Und die erste Antwort heißt: Agilität und Flexibilität. Diese brauche es, um Chancen zu ergreifen und um neu entstehende Märkte konzentriert und schnell zu bearbeiten.
Angesichts der nahezu ausgetrockneten Finanzierungsquellen könnte man hinzufügen, dass Jungunternehmer auch ein Faible zum Tauschen statt Kaufen haben müssen. Doch das ginge zu weit. Es gibt ja immer noch einige Leute, die Unternehmensgründungen mitfinanzieren. Allerdings sind diese häufig nicht dort, wo Gründer ihre Zelte aufschlagen.
Gründer sind per se überzeugt von ihrer Geschäftsidee. Sie hören, lesen, sehen und wissen deshalb, dass es immer noch Märkte gibt, die offen sind. Sie wissen auch, dass es in vielen Bereichen Wachstum gibt und Chancen, die zu ergreifen es Mut, Überzeugungskraft und Durchhaltewillen braucht. So lässt sich fragen, ob der Umgang mit der Krise nur eine Frage der persönlichen Haltung ist – vor allem für die, die die Verwirklichung neuer Visionen nicht aus den eigenen Einnahmen finanzieren können und sich ernsthaft fragen, wo in Deutschland das Drehkreuz für Kreativität, Innovation und Risikobereitschaft liegt. Untersuchungen zeigen, dass es zum Start wachstumsstarker Jungunternehmen einer Konzentration von Gründern, talentierten Entwicklern und Investoren bedarf.
In Mitteleuropa schneidet Wien besonders gut ab, als wirtschaftlicher „Nabel“ eines ganzen Landes auch im Vergleich mit Berlin deutlich besser. Ist das, was in Wien möglich ist, mir nichts dir nichts auch in Hamburg oder München drin? In Städten, die in Deutschland durchaus zu den Gründerzentren zählen, jedoch international eher einen abgeschlagenen Tabellenplatz einnehmen ?
Wir werden von zweierlei herausgefordert. Zum einen geht es um das Eingemachte bei den Gründungsvorhaben. Zumindest auf dem für Investoren so relevanten Gebiet innovativer Verfahren und Technologien ist heute für viele Dienste ein frühzeitiger internationaler Ansatz entscheidend. Die globale Konkurrenz verschärft sich. Europa und Asien entwickeln en masse Innovationen für den Mobilfunkmarkt, Japan prescht in Zukunftssektoren wie Display- und Nanotechnologie vor, und China und Indien gewinnen im Markt der Computer-Hard- und Software an Boden.
Wer sich auf solchem Gebiet nur bis zum sprichwörtlichen Tellerrand wagt, versagt hinsichtlich wesentlicher Wachstumskriterien. Zum anderen geht es um eine Abkehr von der Idee, dass es schon irgendwie läuft, wenn man nur in mit öffentlichem Aufwand erstellte Gebäude für Jungunternehmer zieht. Technologieparks sind das Feigenblatt für solche Städte, die nicht das Zeug dazu haben, attraktiv genug für selbstbewusste Gründer zu sein. Man sollte sich also ein wenig mehr mit dem Wiener Schmäh auseinander setzen oder noch besser mit der Silicon Valleyness seiner Umgebung.
Wien heißt: überwiegend gutes Wetter, eine starke Universität, jede Art von sportlichen Möglichkeiten, Caféhauskultur und gute Restaurants. Was übrigens auch auf das amerikanische Silicon Valley zutrifft. Da alles spricht sowohl reiche Leute wie auch hochintelligente Tüftler an. Beide zusammen sind die limitierenden Reagenzien, die Firmengründungen produzieren, weil nur sie da sein müssen, um Gründungsvorhaben zu starten.
Wenn man also die kritische Masse einer gewissen Sorte von Außenseitern und von Investoren überzeugen kann, irgendwo gemeinsam zu leben, dann kann man einen solchen Angelpunkt reproduzieren. Mobilität unterstellt, muss das gar nicht so schwer sein. Beide Gruppen gehen dahin, wo das Leben gut ist.
Technologiezentren setzen eine erstklassige Universität oder zumindest erstklassige Rechenzentren in der Nähe voraus. Ansonsten gehören Tüftler im weitesten Sinne zur kreativen Klasse, die wenig übrig hat für eher gesichtslose Vororte, für überregionale Einkaufszentren und für Modernität um der Modernität willen. Sie lieben eher Cafés, Buchläden mit Angeboten aus zweiter Hand, Sonne und Draußen-Sport. Mit solchen Faktoren haben in den USA Berkeley und Boulder zum Silicon Valley aufgeschlossen.
Um es klar zu sagen: Zunächst geht es um die Gründer, die Tüftler, die etwas im Sinn haben. Es geht um jene, die sich am Küchentisch gegenseitig anstacheln. Speziell diesen muss das Umfeld gefallen. Sie suchen sich jugendlich anfühlende Städte, die verrückte Ideen tolerieren, weil intelligente Leute eben verrückte Ideen haben.
Investoren dürfen sich jedoch vom Umfeld nicht abschrecken lassen, erst dann entsteht ein organisches Wachstum, weil Gründer die Nähe von Investoren interessiert, die wiederum durch Akquisitionen Gründer an sich binden. Hinzu kommt, dass erfolgreiche Technologie-Gründungen weitere Gründungen nach sich ziehen. Langzeitstudien zeigen, dass Gründer, die schon zu Schulzeiten extrem am eigenen Unternehmerdasein interessiert waren, oft sogar drei und mehr Unternehmen im Laufe ihres Lebens gründen.
Auch gründen Leute, die für junge Unternehmen arbeiten, signifikant häufig eigene Firmen. Und Leute, die durch Firmengründungen reich wurden, finanzieren wiederum weitere. Das ist ein Biotop, in dem sich Expertisen gegenseitig befruchten. In den USA geht ein Drittel des Wagniskapitals in Silicon-Valley-Firmen. Dahinter steckt nicht mehr Mut der dortigen Investoren, sondern die Erfahrung, am richtigen Ort zu sein, also dort, wo auch einmal ein großer Coup gelandet werden kann.
Gibt es in Deutschland solche Standorte? Ja, durchaus. Das Rheintal zwischen Freiburg und Heidelberg gehört dazu. Der Rheingau mit Wiesbaden könnte gleich ziehen. München mit seinen hohen Preisen scheint abzufallen. Doch dort sind Investoren. Ziehen sie von da weg? Eher nein. Leipzig darf nicht vergessen werden, dort wird sogar noch mit der Heimatverbundenheit getrumpft. Doch ansonsten kehrt sich die oft als Tugend beschworene deutsche Vielfalt in ihr Gegenteil um. Bezogen auf die Konkurrenz in Wien oder im Westen der USA müssen deutsche Regionen den Platz für die Besten neu definieren.
Themen in diesem Fachartikel:
Unternehmensinformation / Kurzprofil:
Forum Kiedrich ist eine seit 1997 auf dem Gebiet innovativer Technologien tätige Gründerinitiative, die junge Unternehmen mit Know-how-Transfer, Mentoren und Business Angels unterstützt. Ihre Gesellschafter, Jürgen Fuchs, Klaus C. Plönzke und Dr. Herbert Walter, bekennen sich so zum Standort Deutschland. Seit 2001 als GmbH eingetragen, finanziert sich Forum Kiedrich maßgeblich aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), der P&I Personal und Informatik AG als Hauptpartner sowie der CSC Deutschland Solutions GmbH, dem High-Tech Gründerfonds, der Landeshauptstadt Wiesbaden, der Plönzke Holding AG und der Agentur Storymaker. Zweimal jährlich führt Forum Kiedrich einen bundesweit ausgerichteten Gründermarkt durch, auf dem innovative Start-ups ihr Geschäft vorstellen.
Claudia Erben
Forum KIEDRICH GmbH
Wilhelmstraße 14
65185 Wiesbaden
Tel. +49 / (0)611 / 5058844
Fax +49 / (0)611 / 5058846
c.erben(at)forum-kiedrich.de
www.forum-kiedrich.de
Katrin Renner
Storymaker Agentur für Public Relations GmbH
Derendinger Straße 50
72072 Tübingen
Tel. +49 / (0)7071 / 93872-28
Fax +49 / (0)7071 / 93872-29
k.renner(at)storymaker.de
www.storymaker.de
Datum: 20.04.2010 - 13:25 Uhr
Sprache: Deutsch
News-ID 191112
Anzahl Zeichen: 0
Kontakt-Informationen:
Ansprechpartner: Elisabeth Dölker
Stadt:
Wiesbaden
Telefon: 0611-5058844
Kategorie:
Unternehmensführung
Anmerkungen:
Dieser Fachartikel wurde bisher 497 mal aufgerufen.
Der Fachartikel mit dem Titel:
"Orte für verrückte Ideen gefragt"
steht unter der journalistisch-redaktionellen Verantwortung von
Forum Kiedrich GmbH (Nachricht senden)
Beachten Sie bitte die weiteren Informationen zum Haftungsauschluß (gemäß TMG - TeleMedianGesetz) und dem Datenschutz (gemäß der DSGVO).