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Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt hält Forderung von Montgomery, AstraZeneca nicht beim medizinischen Personal einzusetzen, für "völlig unangemessen" (FOTO)

ID: 1881996


(ots) - Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, reagiert auf AstraZeneca-Kritik des Weltärztepräsidenten Montgomery, äußert sich zum Einsatz des Impfstoffes bei medizinischem Personal, zur Wirksamkeit und dem Umgang mit der Sorge um Nebenwirkungen oder Impfreaktionen.

Lena Mosel, WELT Nachrichtensender:

Herr Reinhardt, Ihr Kollege, der Weltärztepräsident Montgomery, sagt, der AstraZeneca-Impfstoff solle nicht beim medizinischen Personal eingesetzt werden, sind Sie seiner Meinung?

Dr. Klaus Reinhardt, Bundesärztekammer-Präsident:

Nein, ich bin da anderer Meinung, weil ich finde, die Alternative ist ja dann, dass man den Impfstoff Biontech oder den von Moderna da wegnimmt, wo aktuell verimpft wird, nämlich bei den älteren Menschen, von denen wir wissen, dass sie besonders gefährdet sind, schwere Verlaufsformen zu haben oder auch unter Umständen sogar an dem Corona-Verlauf zu versterben. Und das finde ich unangemessen und insofern finde ich oder die Alternative wäre eben dann, nicht zu impfen. Das finde ich zum jetzigen Zeitpunkt, wo wir nach wie vor Impfstoffknappheit haben und gar nicht die Wahl haben, uns zu entscheiden völlig unangemessen. Und nach den mir vorliegenden Erkenntnissen würde ich auch sagen, ist die Wirkung des AstraZeneca-Impfstoffs im Hinblick auf das Vermeiden von tödlichen Verläufen, von schweren Verlaufsformen und auch von dem Vermeiden von Krankenhausaufenthalten ähnlich hoch wirksam wie die von Biontech oder Moderna.

Lena Mosel:

Trotzdem ist ja da ja so ein bisschen Sorge auch in der Bevölkerung, die nicht tagtäglich mit solchen Zahlen und Einstufungen in Berührung kommt, ja schon da. 70% Wirksamkeit in etwa klingt natürlich erstmal schlechter als in 90 oder 95% von Biontech und Moderna. Ordnen Sie das vielleicht nochmal kurz für uns ein, was bedeutet das wirklich diese 70% Wirksamkeit?

Dr. Klaus Reinhardt:

Ja, das bedeutet in diesem Falle, dass bei 70% der geimpften Menschen die Infektion vermieden werden kann. 30% der Geimpften infizieren sich unter Umständen dann doch. Das ist im Übrigen eine ähnliche Quote wie bei den Influenza-Impfstoffen, die wir seit vielen Jahren, Jahrzehnten jedes Jahr jährlich verimpfen, da ist die Rate etwa gleich hoch.





Die Übrigen, die eine Infektion erleiden, erleiden aber einen leichten Verlauf und sind praktisch zu 100% nicht krankenhauspflichtig geworden und insofern haben wir etwas erreicht: nämlich 70% der Menschen immunisiert, in einer Zeit, in der wir dringend darauf angewiesen sind, dass wir große Zahlen der Bevölkerung möglichst schnell immunisieren. Und wir haben auch vermieden, dass die Menschen schwer krank werden, beziehungsweise im Krankenhaus behandelt werden müssen.

Lena Mosel:

Also sollte man nicht so viel Angst vor diesen verbliebenen 30% haben. Eine weitere Angst ist ja nicht nur die um die Wirkung, sondern um die Nebenwirkungen, es gab ja Meldungen von teils heftigen Nebenwirkungen, Schüttelfrost, Erbrechen: Wie ernst nehmen Sie diese Nebenwirkungen?

Dr. Klaus Reinhardt:

Also, alles was da unangemessen oder untypisch erscheint, muss auf jeden Fall beobachtet und ernst genommen werden. Das, was ich bisher an Berichten dazu gelesen habe, handelte sich aber nicht um Nebenwirkungen, sondern es handelt sich im Wesentlichen um Impfreaktionen, die man immer bei Impfstoffen erlebt und die im Übrigen ein Zeichen dafür sind, dass das Immunsystem reagiert hat. Und die sind offensichtlich beim AstraZeneca-Impfstoff häufiger zu beobachten, aber sind passager - das heißt vorübergehend - und klingen dann auch ab. Und ob sich darunter dann auch Nebenwirkungen tatsächlich verbergen, die ernsthafter Natur sind, das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen. Aber die bisher vorliegenden Erkenntnisse sprechen nicht dafür.

Lena Mosel:

Aber von diesen Infektionen ausgehend kann man einfach so weiter impfen oder sollte man zumindest mal darauf gucken, ob es vielleicht doch andere Gruppen gibt, für die dann der AstraZeneca-Impfstoff doch nicht so geeignet ist?

Dr. Klaus Reinhardt:

Man sollte da immer draufgucken, sollte natürlich alle Wirkungen und Impfreaktionen, die man vielleicht so beobachtet, auch dokumentieren und auch messen und im Auge behalten. Das ist überhaupt keine Frage. Insofern ist das angemessen und richtig. Aber ich glaube, es ist nicht angemessen, zum jetzigen Zeitpunkt das Impfen mit dem AstraZeneca-Impfstoff auszusetzen - findet im Übrigen auch nicht im europäischen oder außereuropäischen Ausland statt. Also weder in den Vereinigten Staaten noch in England, Frankreich oder anderen Ländern, in denen AstraZeneca-Impfstoff verwendet wird, geht man so vor.

Frei zu Verwendung bei Quellenangabe WELT Nachrichtensender.

Pressekontakt:

Solveig Zilly
Kommunikation WELT und N24 Doku
solveig.zilly(at)welt.de
www.presse.welt.de

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Datum: 17.02.2021 - 16:39 Uhr
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