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VDA-Präsidentin Hildegard Müller: "Ich kann noch keine Entwarnung für den Standort Deutschland geben, aber es geht wieder aufwärts, wir blicken optimistisch nach vorne" / (AUDIO)

ID: 1876313


(ots) - In seiner Jahrespressekonferenz stellt der Verband die "Agenda der Automobilindustrie 2021" vor / EXKLUSIV-INTERVIEW MIT HILDEGARD MÜLLER

Anmoderation:

Die Corona-Krise hat sich auf die Automobilmärkte weltweit massiv ausgewirkt. In nahezu allen Ländern der Welt gingen die Verkäufe teils drastisch zurück. Bei der digitalen Jahrespressekonferenz des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) betonte Präsidentin Hildegard Müller, dass die gesamte Automobilindustrie die Corona-Entwicklung weiter mit großer Sorge sieht. In der Pressekonferenz stellte die VDA-Präsidentin "Die Agenda der Automobilindustrie 2021" vor.

Im Interview äußert sich Hildegard Müller zur Position des Industrie-Standorts Deutschland, zu den Klimazielen, den Herausforderungen in Coronazeiten und gibt einen Ausblick auf das Jahr 2021.

1. Frau Müller, das Jahr 2021 wird für den Klimaschutz ein wichtiges Jahr: Es sind Bundestagswahlen und der Klimaschutz wird ein dominierendes Thema sein. Was plant die Automobilindustrie dazu?

Sie sprechen ein wichtiges Thema an. Wir haben in Deutschland in diesem Jahr viele Landtags- und Bundestagswahlen und ich bin sicher, dass das Thema Mobilität im breiten Sinne diese Wahlen dominieren wird. Ich will aber auch darauf hinweisen, dass wir auch in Europa wichtige Entscheidungen anstehen haben wegen European Green Deal, der jetzt ausgeformt werden muss. Deshalb ist es wichtig, dass Deutschland sich nicht zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Was ist uns wichtig? Zuallererst, und ich glaube, dass eint uns mit vielen Mittelständlern, mit der Industrie insgesamt, gute Standortbedingungen. Die Steuerlast, die hohen Energiekosten und viele andere Punkte mehr, die dort zu nennen sind, die wir verbessern müssen. Und natürlich ganz konkret für die Autoindustrie: Da wünschen wir uns eine, dem Klimaschutz verpflichtete - das will ich ausdrücklich betonen -, aber auch moderne Industriepolitik, die Deutschland, die Europa wettbewerbsfähig hält und nicht dafür sorgt, dass Arbeitsplätze abwandern. (0:49)





2. Wie sehen Sie die aktuelle Position des Industrie-Standorts Deutschland?

Ja, es sind zwei Effekte. Zum einen rutschen wir in den Bedingungen ab. Ich habe eben schon ein paar Gründe genannt. Ich könnte mit dem Bildungssystem fortsetzen, mit der fehlenden Digitalisierung. Viele sagen immer, die Branchen, die Wirtschaft in Deutschland ist nicht ausreichend digitalisiert. Ich glaube, die Verwaltung ist um Längen hinter uns her. All das sind Standortbedingungen, Breitbandstrukturen und vieles andere mehr. Das ist der eine Punkt. Die machen uns schrittweise im internationalen Wettbewerb zu schaffen. Und das zweite ist jetzt die zentrale Frage: Wie kommen wir aus dieser Corona-Situation heraus? Auch hier merken wir, andere Regionen in der Welt erholen sich schneller wirtschaftlich oder sind nicht so getroffen wie Deutschland, wie Europa. Das muss uns auch Sorgen machen, denn wir dürfen auch die Wettbewerbsfähigkeit jetzt nicht noch mehr verlieren. (0:43)

3. 25 Prozent der Industrieleistungen in Deutschland werden von der Autoindustrie erbracht. Welche Folgen haben die von der EU gesetzten hohen Grenzwerte für die Autoindustrie?

Ich finde, dass Europa sich nicht damit zufriedengeben darf, immer neue Grenzwerte zu verabschieden. Wir verpflichten uns zu den Pariser Klimaschutzzielen. Wir wollen CO2-neutrale, klimaschonende Mobilität in 2050 haben. Also man ist hier auf einem Weg. Ich würde mich wirklich freuen, wenn Europa versucht, moderne Industriepolitik damit zu verbinden. Das vermissen wir derzeit. Wir haben keine aktive europäische Wettbewerbs- und Industriepolitik. Das muss man wirklich sagen. Und es gibt auch überhaupt keine Folgenabschätzung, obwohl die mehrfach versprochen war, in der wir uns auch mit den industriepolitischen Folgen befassen, die, wenn man Klimaschutz falsch macht, letztendlich herauskommen. Wir stehen ja an einer entscheidenden Wegmarke. Die eine ist eine Predigt von Verzicht, von Wachstumsbeschränkungen und anderen. Und die andere - und die vertrete ich eindeutig - ist, dass wir mit Forschungen und Innovationen den Klimaschutz möglich machen und gleichzeitig unsere Wirtschaft am Leben erhalten. Das ist für mich der erfolgversprechende Weg, der auch Wachstum und Wohlstand wirklich weiter garantieren kann. Sie haben eben erwähnt, es ist eine wichtige Industrie in Deutschland. Wir haben über 800.000 Direktbeschäftigte, insgesamt sind es 2,5 Millionen Menschen. Das sind auch nicht nur die großen Hersteller, das sind mittelständische Strukturen, weit im Land verzweigt, die viele Regionen auch stabilisieren. Das muss man immer auch im Auge behalten. (1:13)

4. Was erwarten Sie angesichts der Herausforderungen, die Sie gerade geschildert haben vom Jahr 2021?

Ja, wir hoffen natürlich wie alle Menschen, auch alle Unternehmer, dass sie aus der Corona-Pandemie doch jetzt baldmöglichst herauskommen. Ich setze da ganz persönlich für mich auch sehr die Hoffnung auf das Thema Impfstrategie und anderes und dass wir jetzt so verlässlich wie möglich, sobald wie möglich auch Wirtschaftsbereiche wieder hochfahren können. Das schafft Perspektiven für Menschen, das gibt Arbeitsplätze und das bringt auch den Optimismus zurück, den wir so dringend brauchen in der Wirtschaft. Ich glaube, dass man richtig gehandelt hat mit vielen Schritten in der deutschen Politik, dass es auch richtig war, vorsichtig zu agieren. Aber wir dürfen jetzt auch nicht in eine immerwährende Abwärtsspirale kommen. Und deswegen halte ich auch solche Diskussionen wie Zero Covid, dass man jetzt die ganze Wirtschaft lahmlegen sollte, wirklich für falsch. Wir haben Zahlen, dass in unseren Produktionsstätten oftmals bessere Werte sind als im Umland drum herum. Das heißt, es lohnt sich, da wirklich hinzuschauen und sich die Mühe zu machen, wo geht es aufwärts, was wären gute Infektionsschutzkonzepte. Und ich wünsche unserer Gesellschaft die Kraft, differenziert zu bleiben, die Debatte auch so differenziert zu führen, so hart die Zeiten auch sind und so viel sie von uns allen auch abverlangen. (1:03)

5. Was bedeutet das in Zahlen ausgedrückt?

Unser Marktausblick sagt uns, dass das zweite Halbjahr eine Besserung bringt. Wir rechnen aktuell für 2021 mit einem Wachstum des deutschen Marktes um rund acht Prozent im Pkw-Bereich. Das klingt im ersten Moment viel, wir sind damit aber auch immer noch, wenn man das niedrige Vorjahresniveau sieht, weit unter den Vorjahren. Auch im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge erwarten wir ein Wachstum von 15 Prozent. Die hatten allerdings im letzten Jahr 30 Prozent Rückgang. Das heißt, ich kann noch keine Entwarnung geben für den Standort, aber es geht wieder aufwärts. Wir blicken optimistisch nach vorne. (0:29)

6. Ein Lichtblick ist China, dort wird der Pkw-Markt bereits wieder das Vor-Corona-Niveau übersteigen.

Ja, das ist richtig. China ist auch im letzten Jahr nicht so massiv getroffen worden von der Krise, nur minus sechs Prozent. Und auch in diesem Jahr gehen wir von einer Erholung der Märkte aus, sodass die auch wieder in ein positives Wachstum kommen. Es hat natürlich auch mit großen Nachholeffekten in China zu tun. Das hat aber auch damit zu tun, dass natürlich die chinesische Regierung eine sehr engagierte Industriepolitik macht und die Interessen dort und die Wirtschaft dort sehr stabilisiert. Deshalb habe ich gesagt, wir müssen aus Europa auch diese relative Wettbewerbsfähigkeit im Auge behalten. Für uns ist es gut, dass wir diese internationalen Effekte haben. Das hilft auch der deutschen Autoindustrie. Aber insgesamt müssen wir schauen, dass Europa, dass Deutschland sich im Wettbewerb behaupten kann. (0:40)

Abmoderation:

VDA-Präsidentin Hildegard Müller im Exklusiv-Interview. Der Verband der Automobilindustrie hat in seiner Jahrespressekonferenz heute die "Agenda der Automobilindustrie 2021" vorgestellt. Der VDA geht davon aus, dass der weltweite Fahrzeugabsatz - nach dem Einbruch um 15 Prozent im vergangenen Jahr - 2021 um 9 Prozent auf 73,9 Millionen Neuwagen zulegen dürfte.

Pressekontakt:

Ansprechpartner:
VDA, Dr. Lutz Meyer, 030 897842121
all4radio, Hermann Orgeldinger, 0711 3277759 0

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/32847/4822019
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Bereitgestellt von Benutzer: ots
Datum: 26.01.2021 - 12:30 Uhr
Sprache: Deutsch
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