Gesetzliche Vermutungsregelung zu§ 313 BGB und Umsetzung der zugesagten Hilfen vom Goldstandard weit entfernt / Mieter und Vermieter brauchen Geld und keine Lippenbekenntnisse (FOTO)
(ots) - Mit einer Ergänzung im Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) soll die gesetzliche Vermutungsregel aufgestellt werden, dass im Zuge der Corona-Pandemie staatlich angeordnete Betriebsbeschränkungen eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverhältnissen im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB darstellen. Damit wird die Möglichkeit eröffnet, Miet- und Pachtverträge anzupassen oder gar zu beenden, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 313 BGB erfüllt sind. "Dieser gesetzlich angeordneten Vermutungswirkung bedarf es nicht, um in der Corona-Krise zwischen Mietern und Vermietern zu vernünftigen Verhandlungsergebnissen zu kommen", stellt Harald Ortner, Vorstand des German Council of Shopping Places, fest und erklärt: "Im Gegenteil: Sie wecken falsche Erwartungen und werden eine Fülle vermeidbarer Rechtsstreitigkeiten provozieren. Denn die Rechtsfolgen des § 313 BGB sind alles andere als eindeutig. Der Gesetzgeber sieht mit der parallel vorgeschlagenen Ergänzung der Zivilprozessordnung zur Beschleunigung entsprechender Rechtsstreitigkeiten offenbar die Klagewelle selbst bereits voraus. Schnelle Lösungen sind trotz der vermeintlichen Beschleunigung nicht zu erwarten, die Gerichte bleiben überlastet."
In der Krise braucht es keine zusätzlichen Gerichtsverfahren, sondern klare und praktikable Regelungen zur Unterstützung der betroffenen Branchen.
Die vorgesehene Regelung zu § 313 BGB hilft den durch die Corona-Pandemie gebeutelten Einzelhändlern wenig: 71 % der Mietverhältnisse verfügen schon über Nachträge zum ersten Lockdown, bei 16 % ist eine Einigung in Sicht! Nur 13 % der Mietverträge sind in Bezug auf eine Regelung noch offen, ein großer Teil davon aus nachvollziehbaren Gründen. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage unter Einzelhandels-Mietern und Handelsimmobilien-Vermietern mit rund 30.000 Mietvertragsverhältnissen vom Anfang dieser Woche. Nur 7 % der Mietverhältnisse sind streitbefangen, und hier handelt es sich auf Mieterseite vorwiegend um bestimmte Großmieter, auf Vermieterseite um einzelne, meist private Eigentümer. Beide Seiten verhandeln nicht partnerschaftlich und warten auf die Änderung des § 313 BGB, um dann die streitige Verhandlung vor die Gerichte zu tragen.
"Leider schadet die vorgesehene Ergänzung zu § 313 BGB mehr, als sie den Parteien bringt", erklärt Harald Ortner und erläutert weiter: "Denn ein Teil der Parteien, die sich vorher partnerschaftlich im Sinne des von uns entwickelten Code of Conduct zusammengesetzt haben, um sich zu einigen, warten jetzt ab und werden wahrscheinlich vor Gericht ziehen. Dass die Gerichte, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, schnell entscheiden werden, ist pure Illusion. Hinzu kommt der enorme Aufwand, den die Parteien leisten müssen, um die Gerichte in die Lage zu versetzen, eine gerechte Entscheidung zu treffen."
Zudem ist schon absehbar, dass einzelne Großmieter nach Inkrafttreten des Gesetzes umgehend aktiv werden und die Vermieter durch nicht angemessene und wenig substantiierte Mietminderungen unter Druck setzen werden, was viele Vermieter bzw. deren Objekte in die Insolvenz treiben wird, zum Schaden aller im Objekt vorhandenen Mieter und deren Mitarbeiter.
"Das Erfordernis der geplanten Gesetzesänderung wäre nicht gegeben, wenn die von der Politik zugesagten Unterstützungen auch wirklich zeitnah und in voller Höhe bei den Mietern ankommen würden", stellt Harald Ortner fest und sagt abschließend: "Doch hier ist für viele Mieter schon allein die Beantragung eine große Hürde, da selbst die von den Mietern mandatierten Steuerberater kaum die bürokratischen Hürden der dutzende Seiten umfassenden Antragsformulare überwinden. Dies dann in der Öffentlichkeit als ''Goldstandard'' zu verkaufen, ist gezielte Fehlinformation der Öffentlichkeit. Es handelt sich nämlich nur um Lippenbekenntnisse."
Es ist daher das höchste Gebot der Stunde, eine unverzügliche Auszahlung der zugesagten Unterstützungen für betroffene Unternehmen durch die Bundesregierung und Länder sicherzustellen, da nur diese Hilfen eine tatsächliche Wirkung entfaltet, wenn es zu deren Auszahlung kommt. Das Delegieren hierzu nötiger Entscheidung an die Gerichte kommt einer sehr gefährlichen Verzögerung gleich, deren Auswirkungen im schlimmsten Fall die der Finanzkrise 2008 übertreffen könnten.
Der German Council of Shopping Places ist der bundesweit einzige Interessenverband des Handels und der Handelsimmobilienwirtschaft. Er vertritt die unterschiedlichen und vielseitigen Interessen seiner Mitglieder zum Erhalt lebendiger Marktplätze. Rund 750 Mitgliedsunternehmen der Bereiche Handel, Entwicklung und Analyse, Finanzierung, Center-Management, Architektur, Handelsimmobilien, Einzelhändler und Marketing-Spezialisten sowie Städte und Kommunen bilden hier einen aktiven Interessenzusammenschluss als ideale Networkingbasis des Handels und der Handelsimmobilienakteure. Mit rund 1 Million Arbeitnehmern und direkt verbundenen Dienstleistern repräsentieren die Mitgliedsunternehmen des GCSC einen bundesweit bedeutenden Wirtschaftszweig.
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Datum: 10.12.2020 - 09:54 Uhr
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