ZDF-Programmhinweis / Mittwoch, 15. Juli 2020
(ots) -
Mittwoch, 15. Juli 2020, 22.45 Uhr
ZDFzoom Tönnies und die Werkverträge
Nach massenhaften Corona-Infektionen bei Deutschlands größtem Schlachtbetrieb Tönnies diskutiert ganz Deutschland über die Arbeits- und Lebensbedingungen von Werkvertragsmitarbeitern.
Die deutsche Fleischindustrie ist zum Brennglas für prekäre Arbeitsverhältnisse, gierige Unternehmer und machtlose Gewerkschaften geworden. Ist der deutsche Arbeitsmarkt ein moderner Sklavenmarkt? "ZDFzoom" beleuchtet die Hintergründe.
Die Tönnies Holding ist Deutschlands größter Schlachtbetrieb. Rund 25 000 Schweine werden täglich im Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück getötet und verarbeitet. Die überwiegende Zahl der Produktionsmitarbeiter kommt aus Osteuropa und ist mit Werkverträgen beschäftigt. Sie sind oft bei Subunternehmen angestellt, die ihre Mitarbeiter häufig in ausbeuterische Arbeitsverhältnisse drängen.
Werkverträge sind nicht nur in der Fleischindustrie üblich, sondern auch zum Beispiel im Bausektor, der Logistikbranche, bei Gebäudereinigern oder in der Automobilindustrie - also überall dort, wo Arbeitgeber ihre Beschäftigten nicht fest anstellen wollen, um hohe Lohnkosten zu vermeiden. Das kritisiert Prof. Dr. Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung scharf. Inflationsbereinigt seien die Unternehmensgewinne in den vergangenen 30 Jahren um fast 80 Prozent gestiegen, die Reallöhne dagegen nur um rund 15 Prozent. Das verursache ein gefährliches Schrumpfen der Mittelschicht.
Deutschland hat heute den größten Niedriglohnsektor in ganz Europa. Ursache dafür ist die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes unter Gerhard Schröder im Rahmen der Agenda 2010. Heute versucht die SPD unter Arbeitsminister Hubertus Heil gegenzusteuern, doch in den Augen vieler Experten, wie zum Beispiel Prof. Stefan Sell, Direktor des Instituts für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung der Hochschule Koblenz, greifen Heils Reformvorschläge nicht weit genug.
Dass es auch anders geht, zeigt ein Besuch in Dänemark, ebenfalls einer der ganz großen Schweinefleischproduzenten in Europa. Trotzdem gibt es in der dänischen Fleischindustrie keine vergleichbaren Corona-Ausbrüche wie beim deutschen Marktführer Tönnies. Ein Grund dafür: Werkverträge mit Subunternehmern gebe es nicht, alle Mitarbeiter sind beim Unternehmen fest angestellt und in der Regel gewerkschaftlich organisiert. "In Dänemark muss kein Mitarbeiter befürchten, wegen Krankschreibung seinen Job zu verlieren", so Jensen von der dänischen Lebensmittel-Gewerkschaft, das sei in Deutschland anders.
Die Autoren der Dokumentation sprechen mit Werkverträglern, Gewerkschaftsvertretern, Wissenschaftlern, Aktivisten und Politikern. Sie gehen dabei der Frage nach, ob die prekären ausbeuterischen Beschäftigungsverhältnisse den Sozialstaat aushöhlen und zur Gewinnmaximierung der Unternehmen im großen Stil missbraucht werden.
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Datum: 10.07.2020 - 15:18 Uhr
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