PwC-Analyse: CO2-Grenzwerte sind für deutsche Automobilhersteller erreichbar
(ots) - PwC-Analyse: CO2-Strafzahlungen in der Europäischen Union sind für deutsche Hersteller eher unwahrscheinlich / Corona-Krise wirkt sich dabei günstig aus / PwC-Experten rechnen beim Konjunkturprogramm mit eher geringen Effekte / Ausbau der Ladeinfrastruktur muss jetzt forciert werden
Seit dem laufenden Jahr 2020 gelten die strengen, von der Europäischen Union festgelegten CO2-Grenzwerte für neue Fahrzeuge. Ihnen zufolge dürfen neu zugelassene Fahrzeuge im Durchschnitt nur noch 95 Gramm CO2 pro gefahrenem Kilometer ausstoßen. In bisherigen Analysen gehen Branchenexperten zumeist davon aus, dass viele europäische Automobilhersteller die Klimaziele verfehlen werden. Deshalb, so die verbreitete Meinung, drohen ihnen drastische Strafzahlungen.
Zu einem anderen Ergebnis kommen die Automobilexperten der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), Felix Kuhnert und Stefan Ritter, Senior Manager im Bereich Energy & Utilities und Mitgründer des eMobility & Ladeinfrastruktur-Pioniers "The Mobility House".
"Die EU-Flottenziele sind unseren Berechnungen nach durchaus erreichbar, wobei sich die Corona-Krise paradoxerweise für die Fahrzeughersteller eher günstig auswirkt", so Felix Kuhnert, Global Automotive Leader bei PwC. "Vom Konjunkturförderprogramm der Bundesregierung hingegen erwarten wir eher geringe Effekte auf den Absatz von E-Fahrzeugen sowie auf die Industrie insgesamt."
CO2-Grenzen können über 95 Gramm Ausstoß pro Fahrzeug liegen
Die PwC-Experten gründen ihre Einschätzungen auf detaillierte Berechnungen: Sie untersuchten, wie viele Fahrzeuge im Jahr 2020 in Deutschland neuzugelassen werden müssten, damit Hersteller Strafzahlungen vermeiden könnten. Das Ergebnis ihrer Modellrechnung lautet: in einem konkreten Beispiel müssten 11,8% der verkauften Pkw dafür entweder elektrisch oder Plug-In-Hybride sein. Außerdem setzen sie die Grenzwerte für die CO2-Emission in Relation zu den tatsächlichen Emissionen der Neuzulassungen.
Die CO2-Grenze von maximal 95 Gramm Ausstoß pro Fahrzeug und gefahrenem Kilometer ist auf Basis des bisherigen New European Drive Cycle (NEDC) festgelegt worden. Jedes Gramm CO2-Emission, das über dieser Grenze liegt, schlägt pro Fahrzeug mit 95 Euro Strafzahlung zu Buche.
Aber: Die tatsächlichen Emissionen werden heutzutage nach dem neuen Standard WLTP gemessen und können für einzelne Fahrzeuge höher liegen. Denn in die Berechnung fließen weitere Faktoren ein, unter anderem das durchschnittliche Fahrzeuggewicht und die Flottenzusammensetzung. PwC-Experte Felix Kuhnert sagt: "Beim Fahrzeuggewicht liegen deutsche Hersteller mitunter über dem europäischen Durchschnitt. Für sie gelten demnach auch etwas höhere Grenzwerte." Dabei wirke sich auch der Anteil elektrischer Fahrzeuge aus, die tendenziell schwerer sind als herkömmliche Pkw.
Außerdem senken batterieelektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride die CO2-Bilanz noch zusätzlich, denn sie werden in diesem Jahr doppelt angerechnet, 2021 mit dem Faktor 1,66 und 2022 immerhin noch mit dem Faktor 1,33. Stefan Ritter ergänzt: "Bei allen Überlegungen darf man auch nicht vergessen, dass Öko-Innovationen wie LED-Scheinwerfer oder Leichtlaufreifen zusätzlich auf die CO2-Bilanz angerechnet werden können- bis zu sieben Gramm pro Fahrzeug lassen sich dadurch kompensieren. Dies können Hersteller mit vergleichsweise geringem Aufwand strategisch und flexibel nutzen."
"Die Corona-Krise hilft praktisch, die CO2-Grenzen zu erfüllen."
Für den europäischen Automobil-Gesamtmarkt rechnen die Experten mit einem Einbruch zwischen ca. 25 und 30 Prozent für 2020 im Vergleich zum Vorjahr. Dies betreffe allerdings vorwiegend die konventionellen Fahrzeugmodelle, nicht die E-Fahrzeuge. Denn: Die E-Modelle, die in diesem Jahr auf den Markt kommen, sind zumeist schon vor der Pandemie bestellt worden, weil die Lieferzeiten aufgrund der vergleichsweise geringen Produktionskapazitäten nach wie vor lang sind.
Die Neuzulassungen der E-Fahrzeuge werden daher, so die Experten, auch im laufenden Jahr weiter stark wachsen und beispielsweise in Deutschland bei über 100.000 elektrischen Pkw liegen. "Die Corona-Krise hilft also praktisch, die CO2-Grenzwerte zu erfüllen", folgert Felix Kuhnert von PwC. Die Zulassungen von Elektrofahrzeugen waren gemäß Angaben des Branchenverbands VDA im Mai 2020 um 56 Prozent höher als im Vorjahresmonat, während der Gesamtmarkt COVID-19-bedingt um 60 Prozent einbrach. "Mit Blick auf die langfristigen CO2-Ziele könnten Hersteller sogar Überlegungen anstellen, den Anteil der E-Modelle so zu steuern, dass die Grenzwerte genau erreicht werden - die Ziele aber auch nicht übererfüllt werden."
Hinsichtlich des bis Ende 2021 geltenden Konjunkturprogramms für die Automobilindustrie - Zuschüsse von bis zu 9.000 Euro pro E-Autokauf - rechnen die Experten mit eher gemäßigten zusätzlichen Effekten auf die Industrie insgesamt und speziell auf den Absatz von E-Fahrzeugen. "Möglicherweise denken aufgrund der Förderung jetzt mehr Autokäufer über ein E-Modell nach, doch ist die Verfügbarkeit trotz aller Förderung wegen der geringen Produktionskapazitäten nach wie vor begrenzt", so Felix Kuhnert, Global Automotive Leader bei PwC. Die verstärkte Förderung der Ladeinfrastruktur hingegen setzt positive Anreize für die langfristige Entwicklung. Hier müssen nun massive Anstrengungen unternommen werden, um Ladeinfrastruktur zuhause ((at)home) und beim Arbeitgeber ((at)work) sowie im öffentlichen Raum und auf den Autobahnen schnell weiter auszubauen.
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Datum: 09.07.2020 - 10:54 Uhr
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