International Business Report 1/2020: Wenig Optimismus im globalen Mittelstand
(ots) -
- Globaler Rückgang des Optimismus-Index - Deutsche und EU-Mittelständler erwarten Umsatzeinbußen - Covid-19-Krise hat Folgen für Mitarbeitende und die unternehmerische Ausrichtung
Der deutsche Mittelstand blickt verhalten in die nahe Zukunft. Nur noch 31 Prozent der Unternehmen sehen optimistisch in die nächsten zwölf Monate. Im zweiten Halbjahr 2019 waren es noch 45 Prozent und 2017 waren es durchschnittlich sogar 78 Prozent. Handfeste Indikatoren für diesen Rückgang sind rapide sinkende Erwartungen an Umsatz, Export und Profitabilität. Wirtschaftliche Unsicherheiten durch die Covid-19-Krise wirken als zusätzliche Verstärker dieser Entwicklung.
Das ist ein Ergebnis des aktuellen Grant Thornton International Business Reports (IBR), einer halbjährlichen Umfrage unter rund 5.000 Führungskräften mittelständischer Unternehmen in 29 Ländern.
Globaler Rückgang des Optimismus-Faktors
Die deutschen Mittelständler sind mit dieser Sorge nicht allein. Die Zahlen des EU-Mittelstands sind nahezu identisch: Nur 29 Prozent sehen die unternehmerische Zukunft positiv. Wie in Deutschland waren hier 2019 noch 45 Prozent optimistisch hinsichtlich einer guten Entwicklung.
Global sieht es bei ebenfalls deutlich sinkendem Optimismus etwas positiver aus: Weltweit blicken im Durchschnitt 43 Prozent der mittelständischen Unternehmer optimistisch auf die nächsten zwölf Monate. Auch hier ist allerdings ein Rückgang von 16 Prozentpunkten im Vergleich zum letzten Halbjahr zu verzeichnen.
Im weltweiten Vergleich liegt der deutsche Mittelstand mit seinem Optimismus im unteren Drittel - ist also deutlich pessimistischer.
International gibt es aber vor dem Hintergrund der Pandemie überraschend positive Ausnahmen. Besonders optimistisch hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Entwicklung zeigen sich die Vereinigten Arabischen Emirate mit 69 Prozent, Vietnam mit 65 Prozent und China mit 65 Prozent, Indien mit 63 Prozent und Nigeria mit 64 Prozent.
Generell gilt, dass die etablierten Industrienationen deutlich negativer in die wirtschaftliche Zukunft blicken als viele Länder in den sogenannten Emerging Markets.
Deutsche und EU-Mittelständler erwarten Umsatzeinbußen
Ihren fehlenden Optimismus machen die mittelständischen Unternehmen in Deutschland unter anderem an zu erwarteten Umsatzentwicklungen fest. So glauben lediglich 26 Prozent an weiteres Wachstum; fast die Hälfte der Befragten geht dagegen mit 41 Prozent von Umsatzeinbußen aus. Ein interessanter Aspekt dabei: Lediglich 25 Prozent der Befragten machen dafür die Covid-19-Pandemie verantwortlich.
Deutschland liegt auch hier im EU-Durchschnitt, nach dem nur 27 Prozent der befragten Unternehmen mit einer Umsatzsteigerung rechnen, gegenüber ganzen 42 Prozent, die mit einem Rückgang in den nächsten zwölf Monaten rechnen. Auch EU-weit ist der Anteil der Unternehmen, die Covid-19 als Ursache für diesen Rückgang sehen, mit 28 Prozent überraschend gering.
"Die Studie zeigt, dass der Mittelstand vor großen strukturellen Herausforderungen steht", resümiert Michael Häger, Vorstandsvorsitzender von Warth & Klein Grant Thornton. "Die Pandemie kann offensichtlich nicht alleine für negative Entwicklungen beim deutschen Mittelstand verantwortlich gemacht werden, aber sie zeigt sehr deutlich, ob Unternehmen sich zukunftsfähig aufgestellt haben."
Global halten 34 Prozent der mittelständischen Unternehmen eine Umsatzsteigerung und 37 Prozent einen -rückgang für möglich. Weitere 28 Prozent erwarten einen gleichbleibenden Umsatz.
Nur ein Fünftel der Deutschen erwarten Exportsteigerung
Die sinkenden Erwartungen zeigen sich vor allem auch beim Export: Beim Exportweltmeister Deutschland sind mit 21 Prozent nur noch rund ein Fünftel der Befragten zuversichtlich hinsichtlich der Steigerung ihrer Exporte. 28 Prozent gehen von einem gleichbleibenden Exportvolumen aus, weitere 28 Prozent erwarten gar einen rückläufigen Export. Wieder zeigt sich auf EU-Ebene ein entsprechendes Bild: Nur 19 Prozent glauben hier noch an ein Exportwachstum in den kommenden zwölf Monaten.
Geringfügig bessere Chancen malt sich hier der weltweite Mittelstand mit durchschnittlich 25 Prozent aus.
Deutschland und EU mit verhaltener Profitabilitätsprognose
Auch die Einschätzung der Profitabilitätsentwicklung ist ähnlich: Nur 25 Prozent der befragten mittelständischen Unternehmen in Deutschland rechnen mit einem Gewinnwachstum. Damit liegt Deutschland gleichauf mit dem EU-Durchschnitt.
Covid-19-Krise hat Folgen für Mitarbeitende und die unternehmerische Ausrichtung
Gleichwohl zeigt die Covid-19-Krise ihre Folgen. In Deutschland sehen für das nächste Jahr nur 20 Prozent der mittelständischen Unternehmen steigende Löhne oder die Einstellung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als realistisch an. Noch im vergangenen Halbjahr planten 34 Prozent der befragten deutschen Unternehmen entsprechende Investitionen ein. Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie hat die deutschen Mittelständler offenbar zu gegenteiligen Schritten veranlasst: So mussten etwa 25 Prozent der Befragten bereits Personal reduzieren, Löhne kürzen oder die Belegschaft in bezahlten oder gar unbezahlten Urlaub schicken.
Die Covid-19-Pandemie zwang fast 31 Prozent der deutschen Mittelständler ihre Unternehmensstrategie neu zu justieren. Nahezu 30 Prozent änderten ihre Arbeitsstrukturen innerhalb der Unternehmen und fast 33 Prozent implementierten Home Office oder andere flexibles Arbeitsmodelle.
Um auf zukünftige Krisen besser vorbereitet zu sein, ziehen die befragten mittelständischen Unternehmen in Deutschland auch Lehren aus der aktuellen Pandemie. So erkennen etwa 28 Prozent, dass sie ihr Krisenmanagement verbessern müssen.
Rund 27 Prozent setzen zukünftig verstärkt auf moderne Technologien und treiben die Digitalisierung in ihrem Unternehmen weiter voran. "Die Frage nach der kurzfristigen Umsetzung stellt sich für die Unternehmen nicht mehr. Wer nicht schnell handeln wollte oder konnte, ist bereits nicht mehr am Markt. Jetzt muss sich auch langfristig etwas ändern. Es liegt bei den Unternehmen selbst, die digitale Transformation umzusetzen und unternehmerische Konzepte wettbewerbsresistent anzupassen", appelliert Häger.
Über Warth & Klein Grant Thornton:
Warth & Klein Grant Thornton gehört zu den zehn größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Deutschland. Die Gesellschaft berät weltweit im Netzwerk von Grant Thornton mit über 56.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an mehr als 700 Standorten in rund 140 Ländern.
In Deutschland betreuen mittlerweile über 1.350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an zehn Standorten neben börsennotierten Unternehmen den großen Mittelstand. Traditionelle Arbeitsschwerpunkte der Gruppe sind Audit & Assurance, Tax, Legal, Private Finance, Advisory sowie Business Process Solutions.
Über den IBR:
Der "IBR-International Business Report" von Grant Thornton befragt global mehr als 10.000 mittelständische Unternehmen aus allen Branchen und Industriezweigen. Die Daten für die aktuelle Veröffentlichung basieren auf Interviews mit 5.000 Vorstandsvorsitzenden, Geschäftsführern oder anderen Führungskräften aus 29 Volkswirtschaften weltweit.
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Datum: 09.07.2020 - 09:15 Uhr
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