Oberlandesgericht Brandenburg weist Berufung des Volkswagenkonzerns ab / Zusätzlich erhält der Kläger noch knapp 3.200 Euro Zinsen
(ots) - Das Oberlandesgericht Brandenburg hat mit Urteil vom 04.03.2020,
Az. 4 U 65/19, ein von der Kölner Kanzlei Rogert & Ulbrich erstrittenes Urteil
des Landgerichts Frankfurt (Oder) im Rahmen des Abgasskandals bestätigt und die
Berufung des Volkswagenkonzerns dagegen abgewiesen.
Der Kläger kann nun sein im Februar 2012 für 14.390 Euro neu gekauften Skoda
Fabia Ambiente an die VW AG zurückgeben und erhält den Kaufpreis
zurückerstattet.
Allerdings muss er sich hier eine Nutzungsentschädigung von 7.282,64 Euro für
die knapp 152.000 gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Das OLG ging hier von
einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km aus und korrigierte die erstinstanzliche
Entscheidung damit nach oben. Das Landgericht brachte hier nämlich nur 250.000
km in Ansatz. Dem Kläger wird also weniger abgezogen.
Zusätzlich darf sich der Kläger noch über knapp 3.200 Euro deliktischer Zinsen
freuen. Auch diese wurde dem Kläger in der ersten Instanz verwehrt.
Das Vorgehen des Volkswagenkonzerns stellt sich nach Auffassung des Senats in
seiner Gesamtheit als auf systematische Täuschung der mit der
Kraftfahrzeugzulassung befassten Behörden und aller potentiellen Erwerber der
Kraftfahrzeuge angelegt dar.
Die von VW selbst verharmlosend als "Umschaltlogik" bezeichnete Software habe
offenkundig einzig dem Zweck gedient und sei auch allein zu diesem Zweck
entwickelt worden, gegenüber den Behörden die Einhaltung der geltenden
Stickoxidgrenzwerte vorzuspiegeln, die im normalen Betrieb auf der Straße nicht
zu erreichen waren, und damit die behördlichen Erlaubnisse zu erlangen, um die
Pkws überhaupt in Verkehr bringen zu dürfen.
In der Gesamtwürdigung ergebe sich die Sittenwidrigkeit aus dem nach Ausmaß und
Vorgehen besonders verwerflichen Charakter der Täuschung von Behörden und
Kunden, unter Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in die Ordnungsgemäßheit des
behördlichen Zulassungsverfahrens, und unter Inkaufnahme nicht nur der
Schädigung der Käufer, sondern auch der Umwelt allein im eigensüchtigen
Profitinteresse.
Daran dass der Vorstand entgegen der von VW im Prozess vorgebrachten Äußerungen
Kenntnis von dem Vorgehen hatte, ließ das Gericht keine Zweifel.
Angesichts der Tragweite der Entscheidung, die eine ganze
Diesel-Motorengeneration betraf, welche flächendeckend konzernweit in vielen
Millionen Fahrzeugen eingesetzt werden sollte, erscheine es mehr als
fernliegend, dass die Entscheidung für eine Steuerungssoftware mit der
beschriebenen Wirkungsweise ohne Einbindung der Leitungsebene erfolgt sei und
lediglich einem "Verhaltensexzess" untergeordneter Konstrukteure zuzuschreiben
sein könnte. Es handele sich aber um eine Strategieentscheidung mit
außergewöhnlichen Risiken für den gesamten Konzern und auch massiven
persönlichen Haftungsrisiken für die entscheidenden Personen.
Dass Volkswagen das Software-Update zur Verfügung gestellt habe, ändere nichts
daran, dass der Schaden bereits im Abschluss des Kaufvertrags zu sehen sei - das
Aufspielen des Software-Updates sei für die Beurteilung unerheblich.
"Nach dem OLG Köln bestätigt auch das OLG Brandenburg die Berechtigung unserer
Zinsforderung. Das stellt eine angemessene Besserstellung der Geschädigten dar.
Wir sehen uns in unserer Rechtsauffassung bestärkt und kämpfen weiter für die
von uns vertretenen Tausenden, denen VW einen Schaden zugefügt hat," so der
Kölner Rechtsanwalt Prof. Marco Rogert aus der Kanzlei Rogert & Ulbrich.
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Datum: 12.03.2020 - 11:44 Uhr
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