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Nordkorea: Zweifel an Todesfolter-These im Fall Otto Warmbier - US-Rettungsarzt und US- Gerichtsmedizinerin halten Klinik in Pjöngjang für glaubwürdig

ID: 1798991


(ots) - Der amerikanische Rettungsarzt, der den todkranken US-Studenten
Otto Warmbier 2017 aus Nordkorea in die USA überführte, nimmt rückblickend das
Krankenhaus in Pjöngjang gegen Vorwürfe in Schutz. "Ich hatte den Eindruck, dass
Warmbier dort gut behandelt wurde und mir die Ärzte nichts verschwiegen", sagt
Notarzt Mike Flueckiger in der NDR Dokumentation "Die Akte Otto Warmbier" von
Grimme-Preisträger Klaus Scherer. Das Erste zeigt den Film des früheren
ARD-Asien- und Amerika-Korrespondenten am Montag, 9. März, um 22.45 Uhr.

Otto Warmbier war Anfang 2016 aus einer Reisegruppe heraus in Pjöngjang
verhaftet und zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt worden, weil er im Hotel ein
Propagandaplakat habe entwenden wollen. Erst über ein Jahr später signalisierte
Nordkorea, dass Warmbier seit Haftantritt im Koma liege und überführt werden
könne. Vor allem dessen Eltern warfen Nordkorea vor, ihren Sohn schwer gefoltert
und medizinisch nicht versorgt zu haben. Eine Woche nach der Überführung in die
USA starb Warmbier an den Folgen schwerer Hirnschäden.

Flueckiger war gemeinsam mit einem Unterhändler des US-Außenministeriums im Juni
2017 in einer Spezialmission nach Pjöngjang geflogen, um den US-Bürger zurück in
seine Heimat zu bringen. Natürlich habe er nach Anzeichen für Folter gesucht,
aber keine Hinweise darauf gefunden, sagt Flueckiger in dem NDR Film, in dem
auch mehrere US-Unterhändler zu Wort kommen. Vielmehr sei ihm positiv
aufgefallen, dass Warmbiers Haut keinerlei Druckstellen aufgewiesen habe. "Nach
einer derart langen Liegezeit fand ich das bemerkenswert", so der US-Arzt.

Viele US-Medien hatten nach der Überführung berichtet, Nordkorea habe
fälschlicherweise Botulismus - eine Fleischvergiftung - in Verbindung mit einer
Schlaftablette als Todesursache vorgegeben. In der NDR Dokumentation stellt
Flueckiger die Angaben des Krankenhauses anders dar. Demnach nannten ihm die




Ärzte zwei getrennte mögliche Ursachen. "Die erste war, dass Warmbier zu Beginn
seiner Haft eine Mahlzeit mit verdorbenem Schweinefleisch zu sich genommen habe,
was sie aber selbst nicht hätten prüfen können. Das kann zwar Atemstillstand
auslösen, aber nicht so rasch. Ich hielt das für wenig plausibel", so
Flueckiger. "Die zweite war, dass Warmbier sehr aufgebracht gewesen sei, als er
in Haft kam, und ihm dort dann zwei Beruhigungsmittel zugeführt worden seien,
auf die er entweder überreagiert habe oder die womöglich überdosiert gewesen
seien."

Auch die zuständige Gerichtsmedizinerin in Cincinnati, Lakshmi Sammarco,
bestätigt im Interview, dass die Erklärung des Krankenhauses durchaus schlüssig
sei. Endgültig beweisen lasse sich allerdings keine Ursache mehr. Ihre
Erkenntnisse habe sie aus Rücksicht auf die Eltern zunächst zurückgehalten, sagt
sie im Film weiter. Nach ersten Äußerungen habe sie Drohmails erhalten, die sie
davor warnten, dem US-Präsidenten öffentlich zu widersprechen.

Ohne Belege dafür anzuführen, hatte US-Präsident Donald Trump im September 2017
per Twitter verbreitet, Warmbier sei "über alle Maßen gefoltert" worden.
Warmbiers Eltern, die der Obama-Regierung öffentlich Versagen vorwarfen, pries
er in seiner Rede zur Lage der Nation als Vorbilder im Kampf gegen Nordkoreas
Diktator Kim Jong Un.

Ein Washingtoner Bundesgericht, das Nordkorea Ende 2018 in Abwesenheit zu 500
Millionen Dollar Entschädigung verurteilte, führte Trumps Tweet mit als Beweis
an. Dem NDR zufolge waren in dem Verfahren weder Flueckiger noch die
Gerichtsmedizinerin als Zeugen geladen. Stattdessen warf ein Gutachter aus
Boston Nordkorea sogar vor, Warmbier "fortlaufend gefoltert" zu haben, um die
USA "von einem militärischen Angriff abzuhalten". Allerdings war Warmbiers
Gesundheitszustand Washington bis zur Überführung gar nicht bekannt. Als Trump
später den Diktator plötzlich als "Freund" in Schutz nahm, reagierten die Eltern
Warmbiers verstört. Der frühere UNO-Boschafter und US-Unterhändler Bill
Richardson sagt dazu im Interview, er hoffe sehr, dass Trump die
Warmbier-Familie "nicht benutzt" habe.

Dass der Foltervorwurf auch innerhalb der Trump-Administration umstritten war,
bestätigt in dem Film ein früherer US-Diplomat. Er habe aus dem
US-Außenministerium direkte Anweisung erhalten, im Fall Warmbier nicht
öffentlich von Folter zu sprechen. "Für''s Protokoll", habe ein hoher Beamter ihm
gegenüber insistiert, "es gab keine Folter." Laut NDR wollten dies weder das
Weiße Haus noch das US-Außenministerium auf Anfrage kommentieren.

Die NDR Dokumentation "Die Akte Otto Warmbier" steht zur Ansicht in den
digitalen Vorführräumen des Ersten und des NDR Presseportals.

Pressekontakt:

Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Iris Bents
Tel.: 040 4156-2304
Mail: i.bents(at)ndr.de
http://www.ndr.de
https://twitter.com/NDRpresse

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/69086/4540501
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Datum: 08.03.2020 - 11:00 Uhr
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