Würdigung durch Bischof Dr. Franz-Josef Bode aus Anlass der Verabschiedung von Kardinal Reinhard Marx aus dem Amt des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz
(ots) - Lieber Reinhard!
In der Werbung gibt es einen schönen Satz, zu dem eine Person von Welt gezeigt
wird, wie sie nahezu gleichzeitig an drei Orten der Welt aus dem Flugzeug
steigt. Der Slogan heißt: "Berlin, London, New York - und die Frisur sitzt".
Diesen Satz kann man - beim Aufzählen der Orte - in gleicher, wenn auch nicht
auf die Haartracht ausgerichteter Weise auf Dich anwenden, er würde heißen:
"München, Berlin, Rom - der Kardinal ist da".
Nach sechs Jahren Amtszeit im Dienst als Vorsitzender der Deutschen
Bischofskonferenz gilt es, Dir Dank zu sagen. Ich nenne das ganz bewusst
"Dienst", denn die Aufgabe des Vorsitzenden ist vielleicht vordergründig ein
gewähltes Amt, aber im tiefsten Inneren ist es ein Dienst an unserer
Gemeinschaft der Bischöfe. Der Vorsitzende, im Rampenlicht, im Kreuzfeuer, in
der ständigen Rolle des Moderators, trägt viel für uns aus, und zwar zum Guten.
In dieser Stunde des Rückblicks dürfen wir Dir von Herzen dankbar sein, lieber
Reinhard, für das, was Du für uns ausgetragen hast. Besonders im öffentlichen
Leben: wo Du eingegriffen hast, um Schaden für die Kirche, aber Schaden auch für
konkrete Menschen zu verhindern.
Wir wissen nicht, wie viele zehntausend Kilometer Du in diesen sechs Jahren
durch Deutschland gefahren bist. Wir wissen nicht, wie viele Kilogramm Akten Du
in diesen sechs Jahren lesen musstest. Wir wissen nicht, wie viele Stunden Du am
Telefon warst, um Gesprächspartner und Ansprechpartner, Ratgeber und Entscheider
zu sein. Aber eines wissen wir ganz genau: Alles hast Du mit Herz gemacht! Und
ich füge hinzu: Alles hast Du mit großem Engagement gemacht!
Manchmal mag man sich an Dir gerieben haben, das kommt bei allen
Führungspersönlichkeiten vor. Aber im Tiefsten unseres Herzens dürfen wir doch
sagen, wie dankbar wir sind, dass Du Dich sechs Jahre in diese aufregende,
zeitfordernde und alles Private ausblendende Aufgabe begeben hast - für die
Bischofskonferenz und für die Kirche in Deutschland. Dein engagierter Dienst,
Dein unermüdlicher Einsatz, Deine Ideen, Deine Zusammenarbeit mit dem
Sekretariat, Deine Freude an der Kommunikation, vor allem aber Deine
überzeugende Aussagekraft in der Theologie und in der Sozialethik, ja Dein
Priester- und Bischofssein waren für uns alle eine Bereicherung. Und mit Blick
auf die vielen Gottesdienste, die wir zusammen gefeiert haben und in denen Du
gepredigt hast, möchte ich festhalten: Es war immer erfrischend, Deinen
Predigten zuzuhören. Von denen konnten wir etwas mitnehmen für unser Leben und
unser Arbeiten.
Lieber Reinhard, wenn ich sage, dass Du die Aufgabe als Vorsitzender stets als
Dienst und letztlich Herzensangelegenheit verstanden hast, dann fällt es schwer,
all die Dinge aufzuzählen, die in Deine Amtszeit gefallen sind. Lass mich -
stellvertretend - fünf nennen:
Wir danken Dir für die innerkirchlichen und theologischen Impulse, die Du der
Bischofskonferenz gegeben hast, um die Kirche in Deutschland im Lichte des
Evangeliums und der Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils nach vorne zu
bringen - nicht in blindem Reformeifer, sondern in einem aufmerksamen Zuhören
und Abwägen, was in dieser Zeitenstunde der Kirche wichtig und notwendig ist.
Den Synodalen Weg haben wir gemeinsam beschlossen, Du hast ihn auf den Weg
gebracht. Für dieses mutige und für die Glaubwürdigkeit der Kirche in
Deutschland so wichtige Unterfangen danken wir Dir.
Wir danken Dir für die ökumenischen Impulse, die Du auf verschiedensten Ebenen
eingebracht hast. Das Reformationsgedenken fiel in Deine Amtszeit, die "Ökumene
der kurzen Wege" mit dem Ratsvorsitzenden der EKD in München war ein Segen für
uns, damit die Christen in unserem Land spüren, es geht weiter. Du bist der
Garant dafür, dass wir an der Überzeugung gearbeitet haben, den ökumenischen Weg
weiterzugehen. Der Buß- und Versöhnungsgottesdienst am 10. März 2017 ist dabei
eines der schönsten Zeichen gewesen.
Wir danken Dir für den Einsatz in den drängenden und bedrückenden Fragen beim
Thema sexueller Missbrauch, denen Du nicht ausgewichen bist. In den
verschiedenen Debatten, die auch diese Vollversammlung prägen werden, war es Dir
ein Anliegen, die MHG-Studie zu einem Abschluss zu bringen und ehrlich und
schonungslos die für uns bedeutsamen Konsequenzen zu analysieren und beim Namen
zu nennen.
Wir danken Dir für Deine politischen Wortmeldungen, exemplarisch greife ich hier
die Flüchtlingskrise in Europa heraus. Es war gut und richtig, schon früh der
Bundesregierung in deren Handeln den Rücken zu stärken. Unmissverständlich hast
Du die Integration von Flüchtlingen und den Abbau von Ängsten angemahnt und Dich
gegen dumpfe Parolen, die mit neuen Nationalismen in unserer Gesellschaft Raum
greifen, gewehrt.
Wir danken Dir für Deinen unermüdlichen Brückenbau nach Rom. Wie kein anderer
hast Du die dort Dir angetragenen Aufgaben und Verantwortungen ernst genommen
und warst immer (und bist es hoffentlich auch künftig) Türöffner, Vermittler und
Erklärer dessen, was in Deutschland passiert und in Rom nicht immer verstanden
wird. Ich denke dabei auch an die von Dir mitgestalteten Synoden in Rom und
nicht zuletzt Dein engagiertes Auftreten beim Kinderschutzgipfel in diesen Tagen
vor einem Jahr.
Lieber Reinhard! Ich bin fest überzeugt, dass auch ohne das Amt des Vorsitzenden
für Dich die Trias "München, Berlin, Rom" weiter gelten wird, jetzt vielleicht
ein wenig entspannter und nicht immer unter dem Druck, unter dem ein
Vorsitzender steht. Deine Mitbrüder und ich laden Dich ein, Dir nach diesen
aufreibenden sechs Jahren eine Auszeit zu nehmen. Die notwendige Grundlage dazu
überreiche ich Dir gleich als Geschenk.
Abschließend bleibt mir zu sagen, ohne dass Dein Wirken in vollständige Worte
gefasst werden könnte: Danke für Deinen Dienst! Danke für Dein Arbeiten mit
Herz! Danke für Deine Mitbrüderlichkeit! Danke für Dein vorbildliches Menschsein
und Priestersein! Du hast uns viel gegeben.
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Datum: 02.03.2020 - 17:49 Uhr
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