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Am Scheideweg / Die Menschen in der Slowakei wollen endlich ein möglichst normales EU-Land mit regulären Verhältnissen werden. Viele hoffen auf das große Lager der Mitte-Parteien. Von Ulrich Krökel

ID: 1796664


(ots) - Nur etwa jeder hundertste EU-Bürger lebt in der Slowakei. Was
also geht uns dieses kleine Land an, in dem am Samstag ein neues Parlament
gewählt wird? Zu Zeiten von Helmut Kohl und Francois Mitterand wäre eine solche
Frage kaum je gestellt worden, etwa mit Blick auf das ähnlich kleine Dänemark.
Die Staatenlenker aus den größten Ländern Europas waren sich damals bewusst,
dass ein geeinter Kontinent niemals als Dominanzprojekt funktionieren kann. Im
Gegenteil: Die Schwachen sollten überproportionalen Einfluss bekommen, um die
Einheit zu stärken. Der Gedanke war gut, ist aber in Misskredit geraten, seit
die alte EU auf mehr als 20 Staaten angewachsen ist. Aktuell gibt es 27
Mitglieder, und jedes einzelne hat in den vielen Politikbereichen, in denen das
Einstimmigkeitsprinzip gilt, sein Vetorecht. Das ermöglicht es nicht zuletzt
autoritären Regierungschefs wie dem ungarischen Premier Viktor Orban, ihre
illiberale Ideologie mitten in der EU auszuleben. In diesem Kontext nun fällt
ausgerechnet der kleinen Slowakei eine Schlüsselrolle zu. Die junge Republik
könnte beim Kampf gegen Korruption und Oligarchie, Populismus und Nationalismus
im Osten Europas eine Vorreiterrolle übernehmen. Das ist das Hauptthema vor den
Parlamentswahlen. Und genau deshalb lohnt es sich, mehr als nur einen flüchtigen
Blick auf die Politik in Bratislava zu werfen. Seit dem Mord an dem Journalisten
Jan Kuciak vor zwei Jahren ist die slowakische Gesellschaft in Aufruhr.
Auftraggeber der eiskalten Exekution war mit hoher Wahrscheinlichkeit der
Multimillionär Marian Kocner, der sich große Teile von Politik, Wirtschaft und
Justiz regelrecht unterworfen hatte. Kuciaks Recherchen störten den "Paten"
eines mafiaartigen Netzwerks. Also ließ er den Journalisten erschießen. Nicht
gerechnet hatte Kocner mit dem Aufklärungswillen der Menschen, die nach dem Mord




auf die Straße gingen und für eine freie, demokratische, gerechte und
europäische Republik demonstrierten. Bei den folgenden Präsidentschafts-,
Kommunal- und Europawahlen stimmten sie mit großer Mehrheit gegen populistische
und nationalistische Parteien. Sie wählten die Bürgerrechtlerin Zuzana Caputova
ins Präsidentenamt und straften vor allem die sozialpopulistische Smer-SD des
Regierungschefs Robert Fico ab. Der musste seinen Hut nehmen. All das waren
wichtige Zeichen der Hoffnung. Die Menschen, so schien es, wollten endlich ein
möglichst normales EU-Land mit regulären Verhältnissen werden. Eine Art Dänemark
des Ostens. Der Weg dorthin bleibt allerdings steinig. Zum einen ist das
Parteiensystem in der Slowakei derzeit so stark zersplittert, dass es nach der
Wahl schwer werden dürfte, eine stabile und handlungsfähige Regierung zu bilden.
Das große Lager der Mitte-Parteien kann zwar auf die Unterstützung von zwei
Dritteln der Bevölkerung zählen. Aber wenn man nicht zusammenfindet, dürften
davon künftig wieder die Ränder profitieren. Ein anderes Problem sind die
wirtschaftlichen Perspektiven. Derzeit läuft zwar alles rund in der Slowakei:
hohes Wachstum, geringe Arbeitslosigkeit, stabile Staatsfinanzen. Seinen
Aufstieg verdankte das Land aber vor allem den niedrigen Löhnen, die
Produktionsstätten westlicher Unternehmen anlockten. In keinem anderen Staat der
Welt werden pro Kopf so viele Autos gefertigt wie in der Slowakei. Was aber
passiert, wenn diese Industrien in Schwierigkeiten geraten oder deutlich weniger
Arbeitskräfte benötigen, weil etwa E-Autos leichter zu bauen sind? Dafür werden
die zukunftszugewandten Parteien in der Slowakei bald Lösungen brauchen.
Schaffen sie es nicht, stehen schon ultranationalistische Rattenfänger bereit,
die von einem Dänemark des Ostens nichts wissen wollen.

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