PIRATEN: Saarland muss Bundesratsinitiative zur Identifizierungspflicht stoppen
(ots) - Der Bundesrat soll am 14. Februar 2020 über eine
Gesetzesinitiative des niedersächsischen Ministers für Inneres und Sport, Boris
Pistorius, abstimmen. Demnach soll in das Netzwerkdurchsetzungsgesetz eine
Identifizierungspflicht für Nutzer von Social-Media-Plattformen wie Facebook,
Instagram usw. aufgenommen werden. Klaus Schummer, Landesvorsitzender der
PIRATEN, sieht hierbei die Gefahr einer nahezu unkontrollierbaren, zusätzlichen
Datenbank mit gespeicherten persönlichen Daten aller Nutzer, welche zu eigenen
Vermarktungszwecken missbraucht werden können, sowie weitere Probleme bei der
Vereinbarkeit einer solchen nationalen Pflicht mit höherrangigem europäischem
Recht. Private Unternehmen dürften auch nicht zum "verlängerten Arm" der
zuständigen deutschen Strafverfolgungsbehörden werden. Er möchte, dass die
Gesetzesinitiative im Bundesrat gestoppt wird:
"Ein politischer Freibrief für Social-Media-Anbieter wie Facebook und Co., deren
Geschäftsmodell auf dem Verkauf von Daten basiert, personenbezogene Daten etwa
bei der Registrierung abfragen und speichern zu dürfen, indem man sie gesetzlich
dazu ermächtigt und sogar rechtlich verpflichtet Ausweisdaten zu erheben und auf
deren Servern zu speichern, ist brandgefährlich. Wenn Social-Media-Plattformen
die von Nutzern angegebenen Daten dann noch anhand bei ihnen einzureichender
Ausweiskopien auf deren Richtigkeit überprüfen sollen, bekommen die Unternehmen
auch noch zusätzlich biometrische Passfotos und Adressdaten als Grundlage für
völlig neue Analyse- und Verwertungsmethoden frei Haus geliefert. Damit würde
der kühnste Traum aller großen Datenunternehmen, immer mehr Daten zu sammeln,
diese miteinander zu Benutzerprofilen zu verknüpfen und möglichst gewinnbringend
zu verkaufen auf Grundlage einer Identifizierungspflicht immer mehr zur
erschreckenden Realität. Der Staat sichert quasi deren Geschäftsmodell per
Gesetz ab.
Und wer sorgt für die Sicherheit dieser hochsensiblen Personendaten? Private
Unternehmen, deren Datenverarbeitung nicht einmal im europäischen Rechtsraum
erfolgt, sondern überwiegend auf US-amerikanischen Servern, werden sich darauf
berufen, dass sie im Hinblick auf den Datenschutz nicht den strengen Vorgaben
der europäischen Datenschutzgrundverordnung unterliegen. Vielmehr gelten für sie
amerikanische Gesetze wie der sogenannte "Patriot Act". Der "Patriot Act"
erweitert die Überwachungsbefugnisse der US-Regierung, sodass US-amerikanische
Unternehmen verpflichtet sind, gespeicherte Personendaten ohne jede richterliche
Zustimmung quasi auf Zuruf von US-Behörden offenzulegen und zur Verfügung zu
stellen, auch wenn nicht einmal genügend Beweise für eine Straftat vorliegen.
Und wie soll ein Nutzer das Recht auf Löschung seiner gespeicherten Daten
durchsetzen? Im Geltungsbereich der europäischen Datenschutzgrundverordnung ist
die Erhebung persönlicher Daten gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DSGVO nur
zulässig, wenn diese zur Wahrung eines berechtigten Interesses des
Verantwortlichen, also in diesem Fall des Social-Media-Anbieters, erforderlich
sind und Interessen oder Grundrechte sowie Grundfreiheiten der betroffenen
Personen nicht überwiegen. Somit dürfte die angestrebte Identifizierungspflicht
auch im Hinblick auf höherrangiges Europarecht, das Anwendungsvorrang vor
nationalem Recht genießt, alles andere als unproblematisch sein. Für die
Verarbeitung personenbezogener Daten zu Strafverfolgungszwecken müssen hohe
gesetzliche Anforderungen gelten und eingefordert werden.
Eine Identifizierungspflicht, die primär nur den Social-Media-Plattformen und
deren Geschäftsmodellen dienen wird, indem sie ihnen noch mehr persönliche Daten
kostenlos verschafft, welche diese für eigene Zwecke quasi unkontrolliert nutzen
können, muss zum Schutze aller Bürgerinnen und Bürger verhindert werden. Wir
fordern daher die Vertreter der saarländischen Landesregierung dazu auf, im
Bundesrat gegen die Initiative Niedersachsens zur Einführung einer
Identifizierungspflicht zu stimmen und die Privatsphäre ihrer Bürger zu
schützen."
Quelle:
TOP 58 der Tagesordnung der 985. Sitzung des Bundesrates
14.02.2020, Beginn: 9:30 Uhr:
https://www.bundesrat.de/SharedDocs/TO/985/to-node.html
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Datum: 13.02.2020 - 14:22 Uhr
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