Das Signal von New Hampshire Mit dem Sieg von Revoluzzer Bernie Sanders rücken die Demokraten klar nach links.
(ots) - Das Orakel von New Hampshire hat gesprochen. Wenn es sich
nicht zum ersten Mal in der Geschichte vertut, sagt es den Sieger der Vorwahlen
Bernie Sanders oder seinen Verfolger Pete Buttigieg als
Präsidentschaftskandidaten der Demokraten voraus. Noch nie zuvor hat die Partei
jemanden auf den Schild gehoben, der hier nicht als Erster oder Zweiter über die
Ziellinie ging. Der älteste Kandidat im Bewerberfeld ist dabei besser
positioniert als der Jüngste. Denn der demokratische Sozialist hat im Lager der
Progressiven seine Konkurrentin Elizabeth Warren klar abgehängt. Der schwule
Wunderjunge aus dem Mittleren Westen geht im Lager der Moderaten dagegen einer
ungewissen Zukunft entgegen. Der Senator aus Vermont spürte zwar den Atem des
Bürgermeisters aus South Bend im Nacken, doch der schaffte es nicht, an ihm
vorbeizuziehen. Er konnte nicht in der Weise von dem Absturz Joe Bidens
profitieren, wie er erhofft hatte. Den älteren Biden-Fans war Buttigieg zu jung
oder zu schwul. Die Kirchgänger unter ihnen fühlten sich wohler mit jemanden wie
Amy Klobuschar. Die Senatorin aus Minnesota empfahl sich den Wählern als besser
in der Partei etablierte und weniger riskante Herausforderin Donald Trumps. Dank
ihrer starken Debatte vergangenen Freitag schlüpfte sie in die Rolle des "Dark
Horse", also der Überraschungs-Kandidatin. Im großen Lauf der Geschichte wird
ihr dritter Platz in New Hampshire nicht viel mehr als eine Fußnote sein.
Klobuchar hat weder genügend Geld noch Organisatoren vor Ort, um bis zum
Super-Dienstag am 3. März in den 15 Bundesstaaten - darunter Kalifornien und
Texas - ernsthaft konkurrieren zu können. Der von ihrem Team als "Klomentum"
beschworene Rückenwind, dürfte sich schon bald als laues Lüftchen erweisen. Aber
sie bremst Buttigiegs Fahrt an die Spitze der Moderaten effektiv aus. Seinen
Beitrag dazu leistet auch Vizepräsident Biden, der nach seinem enttäuschenden
vierten und fünften Platz in Iowa und New Hampshire die Chance verpasste, das
Richtige für seine Partei zu tun. "Onkel Joe" müsste jetzt mit großer Geste
zurücktreten, sein politisches Gewicht zum jungen Buttigieg in die Schale werfen
und sich als Mentor anbieten. Doch in der Wahlnacht wirkte Biden eher wie ein
tragischer alter Mann, dem jemand sagen müsste, dass es vorbei ist. Die
Vorwahlen in South Carolina werden ihn nicht retten. Der Enthusiasmus der
afroamerikanischen Wähler reicht nicht so weit, einen Verlierer um jeden Preis
zu retten. Bei den Demokraten zeichnet sich nun dieselbe Dynamik wie bei den
Republikanern vor vier Jahren ab. Der radikalste Kandidat profitiert dabei von
dem Ego und der Uneinigkeit im Lager der Moderaten. Die "Niemals-Trump-Bewegung"
hat es nur in der Fantasie der Kolumnisten, aber niemals in der Wirklichkeit der
Vorwahlen gegeben. Fast spiegelbildlich lässt sich der politische
"Fantasie-Fußball" nun bei den Demokraten verfolgen. Es grenzt an "magisches
Denken", zu glauben, am Super-Dienstag werde der Milliardär Michael Bloomberg
zum Retter der Demokraten aufsteigen. Der einzige Gewinner der Wahlnacht von New
Hampshire heißt Bernie Sanders. Er führt unbestritten den progressiven Flügel
der Partei, während die Moderaten vielleicht noch über Monate um die Führung
streiten. Seine Chancen, Herausforderer Trumps zu werden, sind dramatisch
gestiegen. Die Aussichten, diesen schlagen zu können, nicht unbedingt. Der
Präsident wird mit seiner Propagandamaschine nun alles tun, um den
demokratischen Sozialisten Sanders zu einer Karikatur seiner selbst zu machen.
Es wäre ein Fehler, zu glauben, anderen Herausforderern bliebe dies erspart. Der
einzige Weg, den Bully im Weißen Haus zu stoppen, besteht darin, die Partei
schnell hinter einem Kandidaten zu einen.
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Datum: 12.02.2020 - 22:30 Uhr
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