Kommentar von Ekkehard Rüger zur Irland-Wahl: Der Wandel der Sinn Fein
(ots) - Wie lange und wie schwer trägt eine Partei an ihrer
Geschichte? Diese Frage stellt sich nicht nur in Deutschland bei der Linken, der
insbesondere CDU und FDP auch 30 Jahre nach der Wende noch ihre DDR- und
SED-Vergangenheit vorhalten. Die Frage stellt sich ganz aktuell auch in Irland,
wo Sinn Fein zur eigenen Überraschung zu einem gleichgewichtigen Akteur neben
den beiden etablierten bürgerlichen Kräften aufgestiegen ist.
Sinn Fein ist für viele noch immer untrennbar mit dem Terror der nordirischen
IRA verbunden. Im In- und Ausland galt die Partei über Jahrzehnte als deren
politischer Arm. Erst 2018 ist mit Gerry Adams ihr Vorsitzender abgetreten, der
die Geschicke von Sinn Fein mehr als 30 Jahre geprägt hatte.
Nun hat es seine Nachfolgerin Mary Lou McDonald binnen nur zwei Jahren
geschafft, Sinn Fein in der Wählergunst auf Augenhöhe mit der
liberal-konservativen Regierungspartei Fine Gael und der links-liberalen
Oppositionspartei Fianna Fail zu katapultieren. McDonald gelang es, der jungen
Generation innerhalb und außerhalb der Partei neue Themen zu bieten und die
alten Wunden von Bürgerkrieg und Terror in den Hintergrund zu drängen. Aber um
aus diesem Erfolg auch Regierungsverantwortung entwickeln zu können, muss sie
zudem die politischen Kontrahenten von der Glaubwürdigkeit und Nachhaltigkeit
des Wandels von Sinn Fein überzeugen. Das wird ihre noch weitaus schwierigere
Herausforderung.
Zumal der Erfolg der einzigen Partei, die in beiden Teilen Irlands aktiv ist,
auch London ein Dorn im Auge ist. Mit einem wachsenden Einfluss der Sinn Fein in
der Republik Irland käme auch die Vereinigung mit Nordirland wieder auf die
Tagesordnung. Großbritanniens Premier Boris Johnson hat aber genug mit den
Unabhängigkeitsbestrebungen der Schotten zu tun. An zusätzlichen Problemen auf
der irischen Insel hat er nicht das geringste Interesse.
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Datum: 09.02.2020 - 19:26 Uhr
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