Über 1000 Mal Protektionismus/ Kreditversicherer Coface: Politische und ökologische Risiken größte Probleme für Unternehmen
(ots) - Das Stillhalteabkommen zwischen den USA und China wird nicht
ausreichen, um das Vertrauen der Unternehmen wiederherzustellen oder die
Industrie und den Welthandel wesentlich anzukurbeln. Davon geht
Coface-Chefökonom Julien Marcilly aus. Bei der Länderrisikokonferenz des
Kreditversicherers Coface in Paris warnte Marcilly: "Die Zunahme des
Protektionismus ist ein globaler und dauerhafter Trend, an den sich die
Unternehmen anpassen müssen. Denn nur 23 Prozent der zwischen 2017 und 2019
ergriffenen protektionistischen Maßnahmen betreffen direkt die USA und China."
Insgesamt gab es nach Angaben von Coface 2019 weltweit mehr als 1.000
protektionistische Maßnahmen.
2019 ging der Welthandel zum ersten Mal seit 10 Jahren zurück und wird 2020 nur
noch um 0,8 Prozent wachsen. Das globale Wirtschaftswachstum, das bereits im
letzten Jahr aufgrund dieser Handelsunsicherheiten um 0,75 Prozentpunkte
geschrumpft ist, wird sich in diesem Jahr voraussichtlich nicht erholen und 2,4
Prozent nach 2,5 Prozent 2019 betragen. Coface erwartet, dass die
Unternehmensinsolvenzen in 80 Prozent der Länder, für die in diesem Jahr
Prognosen veröffentlicht werden, zunehmen werden. Darunter sind die USA (+ 3
Prozent), Großbritannien, wo seit dem Referendum vom Juni 2016 die Insolvenzen
um 17 Prozent gestiegen sind (+ 3 Prozent), Deutschland (+2 Prozent) und
Frankreich (+1 Prozent). Insgesamt rechnet Coface mit einem Anstieg der
Insolvenzen weltweit um 2 Prozent, was dem Stand von 2019 entspricht.
Branchen: Metall leidet, Bau in guter Verfassung
"Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem protektionistischen Umfeld tragen auch
zur Volatilität der Rohstoffpreise bei", sagte Julien Marcilly, "insbesondere
die Preise für Landwirtschaft, Metalle und Öl." Nach den Prognosemodellen von
Coface werden die Stahlpreise in den nächsten sechs Monaten weiter sinken und
die Unternehmen des Sektors benachteiligen, zumal das Wachstum in China, das die
Hälfte der weltweiten Stahlnachfrage ausmacht, in diesem Jahr voraussichtlich
nur 5,8 Prozent erreichen wird. Daher hat Coface die Risikobewertung des
Metallsektors in 5 Ländern, darunter die USA und Italien, herabgestuft. "Darüber
hinaus wird das anhaltend niedrige Ölpreisniveau trotz geopolitischer
Unsicherheiten (durchschnittlich 60 US-Dollar pro Barrel Brent im Jahr 2020 nach
64 USD im Jahr 2019) einige verschuldete Produzenten, insbesondere in den
Vereinigten Staaten, treffen."
Auf der positiven Seite profitiert der Bausektor von einer sehr expansiven
Geldpolitik: In 4 Ländern, darunter Brasilien und die Türkei, wurde die
Bewertung nach oben korrigiert. Insgesamt stufte Coface in diesem Quartal 22
Branchenbewertungen herab und 8 nach oben, was die deutlich gestiegenen Risiken
für die Wirtschaft widerspiegelt.
Coface-Index für politische Risiken auf Allzeithoch
Ende 2019 nahmen die Krisenherde der sozialen Spannungen auf der ganzen Welt mit
unterschiedlicher Intensität zu. Dieser grundlegende Trend wurde durch den
Anfang 2019 veröffentlichten Coface-Index für politische Risiken, der ein
Allzeithoch erreichte, stark vorweggenommen. Dieser Indikator prognostiziert für
das Jahr 2020 ein hohes soziales Risiko in mehreren Ländern Afrikas, des Nahen
Ostens, Zentralasiens und sogar in Russland. Seit 2019 manifestiert sich die
soziale Unzufriedenheit auch in zunehmenden Forderungen nach Umweltschutz.
"Umweltrisiken haben vielfältige Auswirkungen auf die Kreditvergabe an
Unternehmen", erklärt Marcilly, weshalb Coface der Analyse der Umweltrisiken
große Aufmerksamkeit schenkt. Dazu zählen sowohl häufiger auftretende
Naturkatastrophen aufgrund des Klimawandels, aber auch Transformationsrisiken,
wie neue und strengere Vorschriften und veränderte Verbraucherstandards.
Schwellenländer: Staatliche Risiken wieder im Fokus
Das Wachstum in den Schwellenländern dürfte sich in diesem Jahr leicht
beschleunigen auf 3,9 Prozent gegenüber 3,5 Prozent im Jahr 2019. Die
Staatsverschuldung hat jedoch für diese Länder ein historisch hohes Niveau
erreicht und steigt in allen Regionen mit Ausnahme Mittel- und Osteuropas an. In
Lateinamerika ist die Verschuldung höher als Ende der 1990er Jahre, die durch
immer wiederkehrende Schuldenkrisen gekennzeichnet waren. In Afrika ist die
Staatsverschuldung nahe dem Niveau von vor etwa 15 Jahren: eine Periode des
Schuldenerlasses durch internationale und bilaterale Geber. Für Unternehmen in
diesen Regionen bedeutet dies, dass die Zahlungsrückstände der Regierung und
großer staatlicher Unternehmen in diesem Jahr wahrscheinlich zunehmen werden.
"Die einzige gute Nachricht ist, dass die Struktur der Staatsverschuldung der
Schwellenländer im Allgemeinen günstiger ist als vor 20 Jahren, da sie heute zu
80 Prozent auf die lokale Währung lautet", erklärt der Coface-Chefvolkswirt.
In diesem heiklen und volatilen Umfeld, in dem die Volkswirtschaften mit
Gegenwind konfrontiert sind, hat Coface 4 Länderbewertungen herabgestuft:
Kolumbien, Chile, Burkina Faso und Guinea. 6 Länderbewertungen wurden
heraufgestuft: Türkei, Senegal, Madagaskar, Nepal, Malediven und Paraguay.
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Datum: 05.02.2020 - 09:45 Uhr
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