EU-Türkei-Deal-"Erfinder" zu Flüchtlings-Drama in Griechenland: "Fünf nach zwölf"
(ots) - Der Migrationsfachmann und Chef der Europäischen
Stabilitätsinitiative (ESI), Gerald Knaus, hat wegen der dramatischen Lage in
Griechenland und der unklaren weiteren Finanzierung vor einem Zusammenbruch des
Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei gewarnt: Er verwies auf die
Zustände auf den Inseln Ende 2018: "Damals war es fünf vor zwölf. Heute ist es
fünf nach zwölf, die Situation noch um vieles schlimmer. So wie die EU und
griechische Behörden dort seit Jahren agieren, wird alles in naher Zukunft
zusammenbrechen", sagte Knaus in einem Interview mit dem "Tagesspiegel
(Sonntagsausgabe). Knaus gilt als ein Ideengeber des Abkommens, mit dem die
Türkei syrische Flüchtlinge zurücknimmt und gegen Milliardenzahlungen der EU
diese in der Türkei versorgt werden. "Griechenland erlebte gerade ein 2015, und
es wird 2020 wohl noch schlimmer, wenn nichts passiert", betonte Knaus. Um die
Verfahren auf den griechischen Inseln zu beschleunigen, schlägt Knaus einen
Einsatz des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) dort vor. "Das BAMF
ist die größte Asylbehörde der Welt, hat in den letzten Jahren sein Personal
vervielfacht, auch sehr viel in Qualitätssicherung investiert. Natürlich könnte
es helfen, wenn sich Berlin und Athen einig darüber werden, wie. Auch andere
Asylbehörden aus der EU könnten mitmachen." Neben dem Konflikt um die
Migrationspolitik sieht Knaus nicht den Brexit als größte Herausforderung für
die kommende deutsche EU-Ratspräsidentschaft, sondern die drohende Eskalation
mit Polen. "Wir steuern in Polen auf die schwerste Verfassungskrise in der
Geschichte der EU zu." Die Regierung bereite sich auf einen Machtkampf vor, in
dem man den Europäischen Gerichtshof, den Wächter der Rechtsstaatlichkeit in
Europa, herausfordere und seine Urteile nicht mehr akzeptieren werde. "Das wird
in Kürze passieren und ganz Europa erschüttern", betonte Knaus. Denn eines der
Grundprinzipien sei, dass höchstrichterliche Urteile von den EU-Staaten auch
befolgt würden.
https://www.tagesspiegel.de/politik/eu-migrationspolitik-und-europas-stillstand-
in-vier-monaten-haben-wir-die-naechste-grosse-krise/25498616.html
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