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Einfach mal Kasse machen/Nicht nur die SPD hatÄrger mit ihren Altvorderen, die auf lukrative Posten wechseln. Das kann den Frust über Politiker gewaltig schüren. Von Reinhard Zweigler

ID: 1787742


(ots) - Es ist richtig, der einstige Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar
Gabriel verstößt mit seinem Eintritt in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank
nicht gegen das Gesetz. Der Niedersachse, der vielleicht der letzte
Parteivorsitzende von Format der vergangenen Jahre war, hat sich an die
vorgeschriebene Karenzzeit gehalten, bevor er demnächst auf den lukrativen
Posten wechseln wird. Doch politisch wie moralisch ist Gabriels Seitenwechsel
ziemlich verheerend. Denn er bedient in beinahe exemplarischer Weise das
Vorurteil von den Raffkes in der Politik, die nach der Karriere endlich mal
Kasse machen wollen. Gabriel, der auch ohne den Bankposten nicht zum Sozialfall
werden würde, hat seiner Partei und dem Ansehen der politischen Klasse insgesamt
einen schlechten Dienst erwiesen. Natürlich denkt in diesem Zusammenhang jeder
sofort an Gerhard Schröder. Der Ex-Kanzler bessert seine nicht unbeachtlichen
Altersbezüge als Regierungschef durch satte Zuwendungen der russischen
Gasindustrie auf. Allerdings auch Schröders Wechsel in die Gasindustrie war
seinerzeit legal. Ein Gesetz, dass einem solchen Übergang in die Wirtschaft
strengeren Regeln unterwarf, etwa eine Art Abkling- oder Karenzzeit, gab es
damals noch nicht. Doch bei aller berechtigter Entrüstung sollte man nicht
vergessen, auch Politiker und Politikerinnen sind keine barmherzigen,
altruistischen Samariter. Statt den letzten Mantel zu teilen, ergreifen sie
häufig die Gelegenheit beim Schopfe, wenn irgendwo so richtig viel Geld verdient
werden kann. Darin unterscheiden sie sich freilich kaum von Managern,
Fußballprofis, Anwälten - nun ja, von ganz normalen Menschen. Verzicht und
Askese sind nicht jedermanns Sache. Vor allem dann nicht, wenn, wie viele
glauben, von der Höhe des Bankkontos die Wertschätzung des jeweiligen Menschen
abhinge, was falsch ist. Der unter dem neuen Führungsduo Walter-Borjans/Esken




weit nach links gerückten SPD fallen Wechsel von Altvorderen auf lukrative
Posten in der Wirtschaft jedenfalls besonders auf die Füße. Noch dazu klebt
ihnen der selbsternannte Islam-Kritiker Thilo Sarrazin wie Kaugummi unter den
Schuhsohlen. Doch selbst wenn die Fälle Schröder, Gabriel, aber auch andere
Wechsel von SPD-Größen aus der Politik in andere Bereiche wie ein Problem der
gebeutelten Sozialdemokraten erscheinen, ist dieses Phänomen nicht auf diese
Partei beschränkt. Die ehemalige CDU-Staatsministerin im Kanzleramt Hildegard
Müller wird bald Präsidentin des mächtigen Automobilverbandes. An der Spitze der
Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände steht Ex-Finanzstaatssekretär Steffen
Kampeter, ebenfalls CDU. Der frühere Außenminister Joschka Fischer berät seit
Jahren den Autobauer BMW. Überhaupt werden Grünen-Politiker, die offenbar vom
derzeitigen Aufwind ihrer Partei und der Erwartung profitieren, sie würden in
absehbarer Zeit in die Regierung kommen, von Wirtschaft und Verbänden gesucht,
teilweise sogar hofiert. Dabei gehen Grüne nicht nur, wie man vermuten könnte,
in Verbände und Unternehmen, die für Umweltschutz, für Ökoenergie - wie die
Ex-Parteichefin Simone Peter - eintreten. Erst jüngst hat der Postdienstleister
DHL mit dem grünen Staatssekretär Volker Ratzmann aus Baden-Württemberg einen
neuen Cheflobbyisten angeheuert. Nicht überraschend sind dagegen Abgeordnete von
der FDP und erst Recht von Linken und von der AfD kaum oder gar nicht für
Lobbyposten gefragt. Wechsel in die Wirtschaft haben also immer zwei Seiten. Es
muss auch ein Bedarf bei Unternehmen und Verbänden bestehen, solche bestens
vernetzten Leute auf die Gehaltsliste zu nehmen.

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Datum: 24.01.2020 - 18:36 Uhr
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