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Zwei Päpste, ein Problem / Von Julius-Müller Meiningen

ID: 1786755


(ots) - Die katholische Kirche steckt nicht nur in einer
Glaubwürdigkeitskrise. Seit langem hat vor allem das Verhalten zahlreicher
Kleriker im Missbrauchsskandal das Vertrauen vieler Menschen geschwächt. Die
Effekte dieser Krise sind in tausenden Kirchenaustritten zu bemessen. Nun kommt
eine weitere, innere Krise hinzu. Eine Reihe derjenigen Kleriker, denen nach
eigener Darstellung an der Wahrung des Kerns der katholischen Kirche gelegen
ist, tragen nun zur Schwächung desselben bei. Die Rede ist vom Papstamt. Die
Debatte über den Zölibat, in die sich der emeritierte Papst Benedikt XVI.
eingeschaltet hat, ist der Beleg dafür. In den vergangenen Tagen erschien in
Frankreich ein Buch mit dem Titel "Aus der Tiefe unseres Herzens". Als
Co-Autoren firmierten der Chef der Gottesdienstkongregation im Vatikan, Robert
Kardinal Sarah, Wortführer der Traditionalisten und Benedikt XVI. Das Buch, das
im Februar auch auf Deutsch erscheinen soll, ist eine Kampfansage an alle
Bemühungen, den Pflichtzölibat, also das Gebot der Ehelosigkeit für katholische
Priester, zu lockern. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist nicht willkürlich.
Papst Franziskus hat mit der Einberufung der Amazonien-Synode im Oktober die
Diskussion über die Lockerung des Pflichtzölibats eröffnet. In einigen Wochen
will er seine eigenen Schlussfolgerungen veröffentlichen. Das von Ratzinger und
Sarah veröffentlichte Buch ist der Versuch, den Spielraum für Veränderungen so
weit wie möglich einzuengen. Das Wort von Benedikt XVI. hat auch nach seinem
Rücktritt im Jahr 2013 großes Gewicht in der katholischen Kirche. Unter diesem
Gesichtspunkt ist auch der Versuch der Schadensbegrenzung von Erzbischof Georg
Gänswein nichts als Kosmetik. Im Kern bleibt die Tatsache, dass der emeritierte
Amtsinhaber beim brisantesten Thema in der katholischen Kirche mitredet. Trotz
seines Versprechens beim Rücktritt, fortan "verborgen vor der Welt" zu leben,




mischt sich Benedikt XVI. immer wieder ein. Anlässlich der Familiensynode
veröffentlichte er eine Stellungnahme gegen die Zulassung wiederverheirateter
Geschiedener zur Kommunion; er äußerte sich 2018 zum Verhältnis von Christen-
und Judentum; nach dem Antimissbrauchsgipfel im vergangenen Frühjahr verfasste
der emeritierte Papst auch hierzu seine Meinung; nun folgte der
Zölibats-Aufsatz. Benedikt XVI. ist trotz schwerer körperlicher Gebrechen
geistig noch äußerst wach. Es ist nicht glaubwürdig, die fortdauernde
Überschreitung seines Schweigegelübdes der Manipulation durch sein Umfeld, also
Gänswein, anzulasten. Benedikt XVI. will sich äußern, er handelt vermutlich im
guten Glauben, seiner Kirche und ihren angeblich ewigen Wahrheiten einen
Gefallen zu tun. Das Gegenteil ist der Fall. Unter den Religionen hat die
katholische Kirche mit dem Papst, dem Nachfolger Petri, ein
Alleinstellungsmerkmal. Die Führung der Weltkirche, die dem Papst zusammen mit
den Bischöfen, den Nachfolgern der Apostel obliegt, ist die Aufgabe dieses einen
Mannes, mit allen seinen Schwächen. Der Vatikan und mit ihm die Kirche, sind
eines der letzten Beispiele absolutistischen Herrschens. Das macht die Kirche
antiquiert, aber dennoch in gewisser Weise effektiv und faszinierend. Während
andere Kirchen auf Streitigkeiten mit der Gründung neuer Glaubensgemeinschaften
reagieren, garantiert der Papst die Einheit im Katholizismus. Die Welt hört dem
Papst zu, auch wenn sie ihn nicht immer ernst nimmt. Die Voraussetzung dafür ist
die Einzigartigkeit dieser Figur. Seit März 2013 existieren zwei Päpste, ein mit
allen Vollmachten ausgestatteter Amtsinhaber und ein emeritierter. Diese gewagte
Konstellation konnte gut gehen, solange der Emeritus tatsächlich geschwiegen
hatte. Entgegen dieser Ankündigung äußert sich Benedikt XVI. kalkuliert zu jeder
großen kirchlichen Streitfrage. Wenn er damit nicht immer noch Einfluss auf den
Kurs der katholischen Kirche nehmen wollte, würde er schweigen. Er tut es nicht,
beansprucht also Mitspracherecht. Die Folgen sind fatal, für die Kirche und das
Amt des Papstes. Von Kasperltheater bis Kirchenspaltung ist alles drin.

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Mittelbayerische Zeitung
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Telefon: +49 941 / 207 6023
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Datum: 21.01.2020 - 21:15 Uhr
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