"Luanda Leaks": Wie Afrikas reichste Frau durch Vetternwirtschaft ihr Vermögen mehrte
(ots) - Die Unternehmerin Isabel Dos Santos aus Angola, mutmaßlich
reichste Frau Afrikas, hat offenbar systematisch von Vetternwirtschaft und
Vorteilsnahme profitiert und so ihren wirtschaftlichen Aufstieg vorangetrieben.
Diesen Verdacht erhärten interne Unterlagen zu ihren Geschäften, die NDR, WDR
und "Süddeutsche Zeitung" gemeinsam mit internationalen Medienpartnern auswerten
konnten.
Die 46-jährige Unternehmerin ist die Tochter des ehemaligen angolanischen
Staatspräsidenten Jose Eduardo Dos Santos. Mit dessen Unterstützung soll sie
große Wettbewerbsvorteile erhalten haben. Auch der Verdacht der Veruntreuung von
Staatsgeldern steht im Raum. Ende Dezember hat die angolanische Justiz bekannt
gegeben, dass man Konten und Firmenanteile beschlagnahmt habe. Isabel dos Santos
bestreitet sämtliche Vorwürfe vehement. Es handle sich um eine Kampagne gegen
ihre Familie.
Die internationalen Recherchen stehen in keinem direkten Zusammenhang mit den
Ermittlungen der angolanischen Justiz, allerdings gibt es Überschneidungen.
Unter anderem hat die Justiz die Firmenanteile von Dos Santos an der
Getränke-Firma Sodiba beschlagnahmt. Die Unterlagen belegen, dass Sodiba ein
Darlehen der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erhalten hatte,
mutmaßlich ohne dass eine umfassende Prüfung des Geschäfts durch die KfW
stattgefunden hat. Mit den rund 50 Millionen Euro kaufte Dos Santos im Jahr 2015
eine Anlage zum Bierbrauen und zwei Abfüll-Linien bei der Krones AG aus der
Oberpfalz.
Problematisch macht das Engagement der KfW, dass der Aufstieg der Sodiba im
afrikanischen Getränkemarkt neben dem Geld aus Deutschland auch ein Eingriff des
Präsidenten zu verdanken war. Dos Santos'' Vater nutzte seine Macht, um das
Investitionsprojekt überhaupt erst zu genehmigen.
Außerdem sagte seine Regierung dem Unternehmen Steuererleichterungen zu.
Gleichzeitig gewährte eine Bank, die zu 75 Prozent dem angolanischen Staat
gehört, der Sodiba ein Darlehen. Weder die KfW noch der Anlagenbauer Krones
können ein Fehlverhalten an dem Geschäft erkennen.
Mehr als 400 Firmen in 41 Jurisdiktionen haben Isabel Dos Santos und ihr Umfeld
in den vergangenen Jahren gegründet, fast 100 davon in Steueroasen wie Malta,
Mauritius und Hong Kong. Immer wieder haben diese Firmen von öffentlichen
Aufträgen in Angola, von Beratertätigkeiten und von Darlehen profitiert.
Salvadore de Freire, Menschenrechtsanwalt in Luanda, sagte dem ICIJ,
Ex-Präsident "Dos Santos hat Angola wie seine persönliche Farm behandelt". Im
Herbst 2017 war Jose Eduardo Dos Santos nach 38 Jahren an der Spitze des Landes
ausgeschieden. Er reagierte auf eine Anfrage nicht.
Insgesamt geht die angolanische Justiz davon aus, dass Isabel Dos Santos sich in
Höhe von mehr als einer Milliarde US-Dollar an angolanischen Staatskonzernen
bereichert habe. Das Geld fordert die Justiz nun zurück. Seit 2016 führte Isabel
Dos Santos zum Beispiel den staatlichen Ölkonzern Sonangol. Sie wurde abberufen,
als ihr Vater aus dem Präsidentenamt ausschied. Noch am Tag ihres Ausscheidens
wurden aus dem Konzern ausweislich der Unterlagen rund 38 Millionen US-Dollar
auf ein Konto nach Dubai überwiesen.
Im Rahmen der gemeinsamen Recherche hat Isabel Dos Santos dem Nachrichtensender
BBC ein Interview gegeben: Sie bestreitet, das Geld veruntreut zu haben. Bei der
Überweisung nach Dubai handle es sich um legitime Honorare für
Beratungsleistungen.
Die rund 715.000 Dokumente aus dem Inneren der Dos-Santos-Geschäfte wurden der
afrikanischen Journalistengruppe PPLAAF zugespielt, die sie mit dem
International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) teilte. Rund 120
Journalisten aus 20 Ländern haben die Unterlagen gemeinsam ausgewertet und
veröffentlichen die Erkenntnisse unter dem Schlagwort "Luanda Leaks", benannt
nach der Hauptstadt Angolas. In Deutschland sind NDR, WDR und "Süddeutsche
Zeitung" an dem Projekt beteiligt.
Isabel Dos Santos scheint nun die Flucht nach vorne zu suchen: In demselben
Interview mit der BBC wurde sie mehrfach darauf angesprochen, ob sie sich in
Zukunft vorstellen könne, als Präsidentin zu kandidieren - Dos Santos wollte das
nicht ausschließen.
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