Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Iran
(ots) - Am Ende blieb der iranischen Staatsführung samt
Revolutionsführer Ajatollah Ali Khamenei wohl keine andere Wahl. Sie mussten
den Abschuss der ukrainischen Boeing gestehen, weil die Faktenlage zu
erdrückend geworden war. Dass die Mullahs Schuld einräumen, ist ungewöhnlich
genug - sind sie doch vor allem geübt darin, sich als Opfer des "Aggressors" USA
zu stilisieren. Die Art und Weise aber, in der die Regierung öffentlich um
Entschuldigung gebeten hat für den Abschuss von Flug PS752 und den Tod von 176
Menschen, lässt aufhorchen. Präsident Hassan Ruhani schreibt von einem
"schrecklichen Fehler", sein Außenminister Mohammed Dschawad Sarif drückt sein
"tiefes Bedauern gegenüber unserem Volk" aus und Amir Ali Hadschisadeh, der
Kommandeur der Luft- und Weltraumabteilung der Revolutionsgarden, sagte gar:
"Als ich davon erfahren habe, wünschte ich mir, lieber selbst tot zu sein statt
Zeuge dieses Unglücks." Natürlich ist all das kalkuliert. Die Regierenden
wissen nur zu gut, dass es im eigenen Land brodelt. Hunderte Menschen gingen
am Samstag auf die Straßen, um zu protestieren. Wenig scheint mehr übrig von
der Geschlossenheit der vergangenen Woche, als sich nach der Tötung des
Quds-Generals Ghassem Soleimani durch die USA Hunderttausende Iraner in Trauer
und Wut versammelt hatten. Jene, die nun demonstrieren, sind empört, dass die
Regierung über Tage hinweg die Verantwortung für den Absturz des
Passagierflugzeuges geleugnet hatte. Wer aber glaubt, allein dies könnte die
Stimmung grundsätzlich zugunsten der liberalen Kräfte im Land drehen, der irrt.
Es ist ein Hohn, dass US-Präsident Donald Trump Twitter-Nachrichten auf
Englisch und auf Farsi an das "tapfere, leidgeprüfte" iranische Volk schickt und
darin schreibt: "Ich stehe seit Beginn meiner Präsidentschaft an Ihrer Seite,
und meine Regierung wird Ihnen auch weiterhin zur Seite stehen. Wir verfolgen
Ihre Proteste aufmerksam und lassen uns von Ihrem Mut inspirieren." Denn es war
wesentlich der von Trump persönlich veranlasste Ausstieg der USA aus dem
Atomdeal, der die iranischen Reformer entscheidend geschwächt hat - ebenso
wie die drakonischen Sanktionen, die die Vereinigten Staaten später verhängt
haben. Das ölreiche Land geriet in eine schwere politische und
wirtschaftliche Krise, die Währung war in kürzester Zeit nur noch die Hälfte
wert. Der moderate Kurs des Präsidenten wurde verspottet. Und bei den
Parlamentswahlen in diesem Februar dürfte es die nächste Quittung geben.
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Datum: 12.01.2020 - 21:30 Uhr
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