Kommentar: Kamp-Lintfort geht alle an
(ots) - Was in Kamp-Lintfort vor sich geht, markiert einen Tiefpunkt
des gesellschaftlichen Klimas und muss alle alarmieren, die unsere Demokratie
für eine Errungenschaft halten. Doch, so groß, so ernst ist es. Dass sich ein
Amtsträger bewaffnen will, weil er glaubt, sich und seine Familie nur so vor dem
rechten Mob schützen zu können - schlimm genug. Aus der Ferne mag das noch wie
eine Überreaktion erscheinen. Wie sollen sich die Bürger sicher fühlen, wenn
nicht mal der Bürgermeister es tut? Politisch ein schwieriges Signal, juristisch
aber leicht geklärt: Es ist das gute Recht von Christoph Landscheidt, einen
Waffenschein zu beantragen, und ein Gericht muss darüber entscheiden.
Leichtfertig handelt er sicher nicht: seit gut 20 Jahren hauptamtlicher
Bürgermeister, zuletzt gewählt mit knapp 90 Prozent der Stimmen, promovierter
Jurist, Professor. Diese Redaktion hatte zuerst über den Fall berichtet,
allerdings ohne Landscheidts Namen, Kamp-Lintfort oder den Niederrhein zu nennen
- weil berichtet werden musste. Denn es zeigt sich auch hier: Rechtsradikale
sind nicht nur in die Parlamente eingezogen, die sie verächtlich machen, sie
vergiften nicht nur die Sozialen Medien, sie reden nicht nur, sondern sie
stellen inzwischen eine bedrohliche Kraft dar, die Rücktritte erzwingt und
Amtsträger terrorisiert. Für Samstag haben die Rechten nun zu einer
Demonstration gegen Landscheidt aufgerufen. Polizei, Staatsschutz und vor allem
die Bürgerinnen und Bürger von Kamp-Lintfort müssen verhindern, dass eine
Hetzjagd daraus wird. Christoph Landscheidt muss breite Unterstützung erfahren.
Denn wenn die Angst vor Gewalt dazu führt, dass sich Menschen nicht mehr für das
Gemeinwesen engagieren, nimmt die Demokratie ernsten Schaden.
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Datum: 09.01.2020 - 19:57 Uhr
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