Einsame feiern Weihnachten in Apostelkirche Ludwigshafen - Dekanin Barbara Kohlstruck erfreut über guten Gottesdienstbesuch

Ökumenisches Helferteam seit 16 Jahren aktiv - „Orgel-Heinrich“ darf nicht fehlen - Zahlreiche „Neuzugänge“ beim Helferkreis - Stadtteilchef Antonio Priolo: „Wer ein Anliegen hat, kann jederzeit zu mir kommen“

(IINews) - LUDWIGSHAFEN. Nach dem Weggang von Pfarrer Dr. Stefan Bauer hielt Dekanin Barbara Kohlstruck zum ersten Mal die Christvesper in der Apostelkirche, die von knapp 250 Menschen besucht wurde. Auch dieses Jahr ist wieder eine beachtliche Anzahl Wohnungsloser und einsamer Menschen unter den Gläubigen.

Während der Feier erhalten alle Besucherinnen und Besucher das „Friedenslicht aus Bethlehem“ mit auf den Weg. Gleich nach der Vesper eilt die Dekanin, die gleichzeitig auch Pfarrerin der Jona-Gemeinde ist, in den benachbarten Gemeindesaal, wo sie gemeinsam mit Obdachlosen und Menschen, die an Heiligabend nicht gerne alleine sein wollen, das Christfest feiert.

Ökumenisches Helferteam seit 16 Jahren aktiv

Mehr als 120 Frauen und Männer – über den Abend verteilt – feiern gemeinsam mit der Dekanin und einem großen Team von Ehrenamtlichen den Heiligabend. In ihrer besinnlichen Ansprache geht die Seelsorgerin auf die besondere Situation der Gäste ein und gemeinsam singen alle bekannte Weihnachtslieder. Danach servieren die Helferinnen und Helfer den Gästen das Abendessen an ihren Tischen – wie in einem Restaurant. Es gibt deftigen Fleischkäse mit schmackhaftem Kartoffelsalat von einer Ludwighafener Metzgerei sowie Grünkern-Frikadellen für Vegetarier. Auch Kaffee, Kuchen und Gebäck werden gereicht.

„Orgel-Heinrich“ darf nicht fehlen

Wie jedes Jahr dabei ist auch „Orgel-Heinrich“, alias Heinrich Cuntz aus Ruchheim. Mit seiner Drehorgel sorgt er für weihnachtliche Stimmung und begleitet den Gesang der Gäste. Seit Jahren sammelt er bei seinen Auftritten in der Region gutes Geld für die Suppenküche, wo Bedürftige täglich eine warme Mahlzeit erhalten. Auch dieses Jahr kann er der Suppenküche wieder eine beachtliche Summe überreichen. Hausmeister Hans-Joachim Schnepf gibt den Nikolaus mit Rauschebart, der am Ende alle Gäste reich beschenkt.

Ibo aus Eritrea ist das erste Mal dabei – Edin Ujkanovic durfte nie eine Ausbildung machen

Den Weg zur Apostelkirche hat auch Ibo B. (40) aus Eritrea gefunden. Er ist das erste Mal mit dabei. Erfahren hatte er davon von seinem Freund Giacomo, der wie er selbst, in der Hartmannstraße im Hemshof wohnt. „Ich habe einen guten Job bei einer Firma, die in der BASF als Fremdfirma tätig ist. Ich bin sehr froh, dass ich heute hier sein kann“. Sein Kumpel Giacomo nickt zustimmend.

Ganz anders redet Edin Ujkanovic (36), der aus Serbien stammt. „Mein Vater war als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen und hatte immer Arbeit. Ich selbst konnte leider nie eine Lehre machen, habe nur Absagen erhalten. Das habe ich irgendwie nicht verkraftet und bin frühzeitig in die Arbeitslosigkeit abgerutscht und wurde psychisch krank. Man hat mir keine echte Chance gegeben. Heute bekomme ich eine Erwerbsminderungsrente, die aber nie reicht. Ich bin dankbar, dass es die Suppenküche gibt, die ich fast täglich aufsuche“, sagt Edin mit Tränen in den Augen.

Zahlreiche „Neuzugänge“ beim Helferkreis

Auch dieses Jahr verstärken gleich mehrere „Neue“ den Helferkreis. Da sind zum einen Pensionist Herbert Göbel, der gleich noch einen Freund mitgebracht hat. Angela Cepancic, die in der Pflegedienstleitung der BG Ludwigshafen tätig ist, sagt: „Hier kann ich mich nützlich machen, hier werde ich gebraucht“. Auch die Kohlstruck-Familie packt mit an. Während die Dekanin die Gäste begrüßt und die Weihnachtslieder anstimmt, schenken an den zwei Getränkestationen ihr Mann Andreas Kohlstruck sowie die beiden Söhne Christopher und Tobias, Kaffee, Cola, Limo und Wasser aus.

Die Dekanin geht reihum, leiht den Gästen ihr Ohr und gibt Unterstützung, wo es nötig ist. Im Verlaufe des Abends kommen auch die Helferinnen und Helfer mit den Gästen ins Gespräch und lernen so die Probleme von Einsamkeit und Obdachlosigkeit aus deren Sicht kennen. „Oft sind es schlimme Schicksale, die die Obdachlosen begleiten. Es ist erstaunlich, wie schnell Menschen, die mitten im Leben stehen, durch Schicksalsschläge in die Obdachlosigkeit abgleiten können. Und das oft ohne eigene Schuld“, sagt Helferin Mechthild Merkel aus Kleinniedesheim.

Stadtteilchef Antonio Priolo: „Wer ein Anliegen hat, kann jederzeit zu mir kommen“

Seit Jahren schon begleitet Hemshof-Ortsvorsteher Antonio Priolo die Weihnachtsfeier der Einsamen und Obdachlosen. Auch dieses Mal sorgte er wieder dafür, dass die Geschenktüten für die Gäste, neben einem hochwertigen Thermobecher, Schokolade und Taschentüchern, mit einem italienischen Mini-Panettone befüllt wurden. Trotz einer schweren Erkrankung ließ es sich der Ortsvorsteher nicht nehmen, persönlich zu erscheinen und einige Worte an die Gäste zu richten: „Wir im Hemshof gelten in der Stadt Ludwigshafen als Stadtteil der Gemeinschaft und des Gemeinsinns. Ich kann alle Gäste nur ermuntern, sich mit ihren Anliegen an mich zu wenden“. Unterstützt wurde Priolo auch dieses Jahr wieder von seinem Stellvertreter Osman Gürsoy. Zum Ausklang der Feier bedankte sich die Dekanin bei den Helferinnen und Helfern für ihren Einsatz und überreichte allen eine Weihnachtskarte sowie ein kleines Dankeschön-Präsent.

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Datum: 27.12.2019 - 13:06 Uhr
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