Kommentar: Kirchentickets sind eine absurde Idee
(ots) - Um sich vor der alljährlichen Überfüllung der weihnachtlichen
Gottesdienste zu schützen, setzen einige Kirchen inzwischen auf
Zulassungsbeschränkungen: Sie verteilen im Vorfeld ein knappes Kontingent an
Tickets. Wer am Heiligen Abend keins hat, muss draußen bleiben. Das ist die
kleinkarierteste Idee, die eine Kirchenverwaltung jemals geboren hat. Es mag ja
sein, dass ein großer Teil der Gäste gerade in den weihnachtlichen
Gottesdiensten weniger die Botschaft als die Atmosphäre sucht. Na und? Ist die
Bibel nicht voll von Gleichnissen, in denen Jesus eben nicht nur die Frommen,
sondern gerade auch die Zweifler umarmt? Und was, bitte, ist denn so schlimm
daran, wenn der weihnachtliche Andrang zu unbequemer Enge in der Kirche führt?
Gibt es denn ein schöneres Bild als eine zum Bersten gefüllte Kirche am
Geburtstag des Herrn? Wer im Kirchenschiff sitzt und denkt, das Boot sei zu voll
für noch mehr, mag sich an die biblische Geschichte von der Speisung der
Fünftausend erinnern: Jesus und seine Jünger hatten nur noch fünf Brote und zwei
Fische, aber Tausende Gäste. Die Jünger wollten die Gäste wegschicken, aber
Jesus befahl, die Speisen zu teilen. Am Ende blieben zwölf gefüllte Körbe übrig.
Statt peinlicher Kontingentierung könnten die Kirchen doch Videoleinwände
aufstellen, wenn sonst gar nichts mehr geht. Das funktioniert im Vatikan doch
auch. Und wer sich mit einem sicheren Ticket in der Hand auf der Kirchenbank
unwohl fühlt, weil er damit einen anderen von der Teilnahme am Gottesdienst
ausgeschlossen hat, könnte sich ja zu einer besonders selbstlosen Geste
durchringen und das Ticket an jemanden verschenken, der sonst draußen bleiben
müsste. Ach, wäre das schön. Dann wäre vielleicht wirklich Weihnachten.
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Datum: 20.12.2019 - 19:59 Uhr
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