BGA: Handel skeptisch bei der Konjunkturentwicklung - Unternehmen fordern: Finger weg von Konjunkturprogrammen!
(ots) - "In einem wirtschaftlich und politisch unruhigen Jahr sind wir
konjunkturell mit einem blauen Auge davongekommen. Strukturell haben wir jedoch
weiter an Boden verloren. Dagegen hilft kein noch so großes Konjunkturprogramm.
Wir brauchen vielmehr eine verlässliche und überzeugende Wirtschaftspolitik, in
deren Mittelpunkt die Beschleunigung von Investitionen und ein attraktiver
Rahmen für unternehmerisches Handeln stehen müssen." Dies erklärt Dr. Holger
Bingmann, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel,
Dienstleistungen (BGA), zu den Ergebnissen der aktuellen Unternehmensbefragung
des Verbandes.
Großhandelsklima: Unternehmen warten ab
Die Stimmung im Großhandel hat sie sich zwar leicht gebessert, ist aber noch
lange nicht gut. Die Unternehmen bleiben skeptisch: Der
Großhandels-Klimaindikator verharrt mit 97 Punkten auf dem Niveau vom Sommer,
wobei Werte unter 100 Punkte eine negative Einschätzung zum Ausdruck bringen.
Die aktuelle Geschäftslage hat dabei um 1 Punkt nachgegeben und die Marke damit
ebenfalls unterschritten. Die Erwartungen liegen trotz leichtem Anstieg mit 94
Punkten sogar noch unter der aktuellen Lagebewertung.
Ursächlich hierfür ist, dass Umsätze und Erträge in dem wichtigen industrienahen
Teil des Großhandels schwächeln. Kapazitätsauslastung und Auftragslage
entwickeln sich ebenfalls wenig befriedigend. Dementsprechend beabsichtigen die
Großhändler, Investitionen zurückzufahren, und auch die Neigung zum
Beschäftigungsaufbau lässt nach.
Vor diesem Hintergrund erwartet der BGA im laufenden Jahr 2019 einen (nominalen)
Umsatzanstieg um 2,3 Prozent auf 1.327 Milliarden Euro, dem ein reales Plus von
1,4 Prozent, ähnlich wie im Vorjahr, zugrunde liegt. Für 2020 rechnet der BGA
mit einem etwas abgeschwächten Umsatzwachstum von nominal bis 2 Prozent und real
bis 1 Prozent. Auch der Beschäftigungsaufbau im Großhandel bremst sich weiter
ab. Nach einem Anstieg um 32.000 Beschäftigte im Vorjahr und etwa 24.000 im
laufendenden, wird im nächsten Jahr ein weiterer Anstieg erwartet, allerdings um
nur noch 18.000 auf 1,998 Millionen Beschäftigte.
Da der Großhandel ein wichtiger Frühindikator für die konjunkturelle
Entwicklung in Deutschland ist, ist dies kein gutes Zeichen. So rechnet der BGA
im kommenden Jahr mit einem realen Wirtschaftswachstum um ein halbes Prozent -
und damit mit einem ähnlichen Niveau wie in diesem Jahr.
Rahmen für Investitionen und Beschäftigung attraktiver gestalten
Es fehlt aktuell zweifelsohne an Schwung in der deutschen Wirtschaft. Die
Ursachen sind vielfältig und lassen sich daher nicht mit Strohfeuerprogrammen
beheben. Investitionsbremse Nummer Eins ist nicht das fehlende Geld, sondern
sind gähnend lange Planungs- und Genehmigungszeiträume sowie Kapazitätsengpässe.
"Ein neues milliardenschweres Konjunkturprogramm ist daher fehl am Platz", so
Bingmann, und weiter: "Wir haben aber eine Reihe ernsthafter struktureller
Herausforderungen, die vor allem aus Digitalisierung, Energiewende und der
Ressourcenschonung resultieren, auf die nicht mit verpuffenden
Konjunkturprogrammen geantwortet werden kann, sondern die gezielte, effektive
und effiziente Maßnahmen erfordern."
Solide Finanzen müssen das Fundament staatlichen Handels bleiben. Fast drei
Viertel der befragten Großhändler unterstützen die Bundesregierung, die
Haushaltskonsolidierung fortzusetzen und keine neuen Schulden aufzunehmen. Auch
mit ausgeglichenem Haushalt könne für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit
Anreize gesetzt werden, und zwar ohne die Überhitzung in einigen Bereichen durch
Konjunkturprogramme weiter zu forcieren. "Alles zusätzliche Geld treibt nur die
Preise. Wir wollen aber schließlich mehr Straßen, Schienen, Brücken - und nicht
teurere!", so der BGA-Präsident.
Von besonderer Relevanz für den Standort Deutschland sind in den Augen der
Befragten die Unternehmenssteuern. Deutschland ist inzwischen wieder ein
Hochsteuerland. Nach über zehn Jahren muss die Unternehmensbesteuerung aus dem
Jahr 2008 modernisiert und den veränderten Realitäten angepasst werden. Die
rasant voranschreitende digitale Transformation erfordert zudem verbesserte
Abschreibungen von Digitalisierungsmaßnahmen und "geistigem Eigentum". Nach
Überzeugung der Unternehmen ist aber auch eine leistungsfähige
Verkehrsinfrastruktur unverzichtbar. Trotz ausgeweiteter Investitionen kommt die
Erneuerung vielfach nur schleppend voran, mit dem Ergebnis zunehmender Staus auf
den Straßen und erheblicher Verzögerungen im Bahnverkehr, was zudem die Umwelt
belastet. Hier bedarf es einer Beschleunigung und besseren Koordinierung von
Planung und Bau. Und auch das leidige Thema Bürokratie brennt trotz dreier
Bürokratieentlastungsgesetze und der One-in-one-out-Regelung vielen Unternehmen
weiter unter den Nägeln, besonders im Mittelstand. Schließlich fordern die
Unternehmen, dass endlich der vorwiegend staatlich getriebene Anstieg der
Energiekosten aufgefangen wird.
"Über drei Viertel der befragten Unternehmer fordern die Politik auf, die Finger
von milliardenschweren Konjunkturprogrammen zu lassen und stattdessen
beispielsweise bei den Steuern zu entlasten. Der Begriff Nachhaltigkeit ist in
aller Munde, Strohfeuerprogramme sind jedoch das Gegenteil davon. Erst recht,
wenn sie durch neue Schulden finanziert werden!", so Bingmann abschließend.
44, Berlin, 16. Dezember 2019
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Datum: 16.12.2019 - 10:30 Uhr
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